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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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hinzu, fragte den Knecht, ob der Stromel gut sei, und freute sich seines Lobes; das Thier aber schien ihn nicht mehr zu kennen, es beugte seinen Kopf unter dem Joch erdenwärts. Gern hätte ihm Ivo etwas gegeben, und er war nahe daran, ihm eine Brezel vor das Maul zu halten, aber er schämte sich und ging fürbaß.
    An der Ziegelhütte begegnete ihm des Hansjörgs Peter, der Einäugige, der reichte ihm traurig die Hand und sagte: »Der Constantin ist schon gestern kommen.«
    Von allen Leuten bewillkommt, ging Ivo weiter. Alles heimelte ihn an, was da lebte und was in stiller Ruhe stand, jeder Zaun, jede Holzbeige schaute ihn traulich an und erzählte ihm vergangene Geschichten; als er seinem elterlichen Hauses ansichtig wurde, zitterte es vor ihm, denn die Freudenthränen standen ihm im Auge.
    Die Emmerenz saß mit des Schullehrers Kind unter dem Nußbaume. Als sie den Kommenden erblickte, ging sie ihm nicht entgegen, sondern sprang in das Haus und rief laut: »Der Ivo kommt, der Ivo kommt!«
    Die Mutter stand am Waschzuber, sie eilte schnell die Treppe hinab, trocknete ihre Hände an der Schürze und umarmte ihren lieben Sohn. Auch der Vater, das Gretle, die Brüder, alle kamen fröhlich herbei, und die Mutter hielt ihren Arm um den Nacken ihres Sohnes und trug ihn fast in's Haus.
    Nun kam auch die Emmerenz herbei und sagte: »Ich hab's gewußt, daß du heut kommst, der Constantin ist ja schon gestern kommen; geltet, Bas, ich hab' ihn doch zuerst gesehen?« setzte sie vergnügt, zu der Mutter gewandt, hinzu.
    Nun kam auch endlich der Nazi, und nach herzlichem »Grüß Gott« zog er Ivo die Schuhe aus und brachte ihm ein Paar Pantoffeln.
    Unserm Fremden kam die elterliche Stube so nieder vor, er war an die hohen Klosterzimmer gewöhnt, sich gewaltig reckend, wollte er mit seinen Armen nach der Decke hinaufgreifen, das war doch noch zu viel, obgleich er erstaunlich gewachsen war.
    Die Mutter bereitete nun schnell für Ivo eine Suppe und einen Pfarrersbraten; so nennt man nämlich einen Pfannkuchen, weil dieß die gewöhnliche Kost ist, die man den Gästen in den Pfarrhäusern schnell vorsetzt.
    Ivo gab seiner Mutter die Brezel und ging dann zu Nazi in den Stall. Die Thiere erkannten ihn wieder, besonders die Allgäuerin drehte ihm die Stirne zu und ließ sich gar gern von ihm zwischen den Hörnern krauen.
    »Hast mir denn gar nichts krohmt 4 ?« fragte Nazi lächelnd. Ivo langte in die Tasche und gab ihm still die noch übrige Brezel. Er ward hierdurch auch von dem Zweifel befreit, ob er nicht unrecht thäte, wenn er der Emmerenz etwas mitbringe; als er aber wieder in die Küche zurückkam, hörte er, wie die Emmerenz sagte:
    »Nu, Bas, was krieg' i denn für e Bäckebrod 5 ?«
    »Nimm die Brezel, die er mitgebracht hat, du wirst nichts dagegen haben, Ivo, ich nehm's für genossen an, aber ich kann's nimmer gut beißen.«
    Gern willigte Ivo ein, die Emmerenz hatte nun doch was von ihm; es verdroß ihn aber sehr, daß sie alsbald dem schreienden Kinde die Hälfte davon abgeben mußte. Ueberhaupt nahm er viel Aergernis an dem Kinde, das schon so groß war und das Emmerenz noch immer herumschleppen mußte, so daß es oft aussah, als müßte sie das Uebergewicht erhalten und umstürzen. Er sagte daher mit bedeutungsvollem Ernst:
    »Du thust eine Sünd', Emmerenz, an dir und an dem Kleinen, wenn du's auf den Arm nimmst; das Kind hat starke Füß', es kann laufen und muß es lernen, und du schleppst dich krumm.«
    Emmerenz setzte sogleich das Kind nieder und nahm es, trotz des Schreiens, nicht mehr auf den Arm; der Ivo war ja jetzt ein junger Pfarrer, und er hatte ja gesagt, es sei eine Sünd'.
    Diese Zurechtweisung im Dienstverhältniß war fast die einzige Theilnahme, die Ivo während der ganzen Vacanz an Emmerenz bezeigte; er glaubte, sie vor seinem Gewissen wohl verantworten zu können, mehr aber nicht. Das Mädchen sah ihn oft fragend an, wenn er sich so gar nicht um sie kümmerte. Nur einmal in einer guten Stunde fragte er noch:
    »Wo hast denn dein' Katz'?«
    »Denk nur, der Pfannenflicker, der Hundskaspar, der hat sie gestohlen, hat ihr die schöne schwarze Haut abgezogen und das gut Miezchen gefressen.«
    Nachmittags genoß Ivo die volle Ehre des Willkommens bei einem großen Teile im Dorfe. Er hielt sich bei allen Leuten gern auf, es that ihm wohl, daß er nun ein so weit gereister Mensch war, daß alle auf ihn zukamen, ihm die Hand gaben und sein gutes Aussehen bewunderten. Aber nicht bloß Eitelkeit verklärte

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