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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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kenne niemand hier. Ach Gott! wenn ich in Nordstetten wäre – –
    Verzeihet mein schlechtes Schreiben. Ach Gott! wenn ich bei Euch wäre! Es liegt mir noch vieles auf dem Herzen, ich will aber jetzt schließen, es läutet zum Schlafengehen. Denket auch recht oft an mich!«
    Dieser Brief machte einen gewaltigen Eindruck im elterlichen Hause, die Mutter steckte ihn in ihre Tasche und las ihn so oft, bis er in Stücke zerfiel; immer aber, wenn sie an Worte kam, wie: »ich dachte, ich that, ich konnte,« schaute sie ein wenig vom Blatte auf, ihr Kind war ihr hierin so fremd, dann aber besann sie sich wieder, daß der Brief eben von einem »G'studierten« sei, und daß der Pfarrer in der Predigt ja auch so spreche. Ein besonderes Kreuz waren dann noch die vielen Gedankenstriche, die konnten so gar vieles enthalten.
    Der Nazi erbot sich alsbald, eine ganze Nacht hindurch nach Ehingen zu laufen, und dem Ivo die gewünschten Sachen und Nachricht zu bringen.
    Das Walpurgle, die schöne Näherin, wurde nun in's Haus genommen, die Mutter gab ihr das Beste zu essen und zu trinken; es war ihr, als ob das dem Wämschen zu gut käme, und dann sagte sie oft: »spar nur nichts, es ist für meinen Ivo.«
    Weihnachten war nicht fern, und so wurde für Ivo Hutzelbrod gebacken, das mit Kirschwasser geknetet und mit Hutzeln 4 und Nüssen angefüllt war; dieses, nebst vielem Obst, einigem Geld und andern Sachen wurde in einen Sack gepackt, und spät am Abend ging Nazi damit durch das Dorf hinaus.
    Ivo wollte seinen Augen kaum trauen, als er auf dem Mittagsspaziergange den Nazi mit einem Zwerchsacke daher kommen sah; als aber Nazi winkte, sprang er ihm entgegen und fiel ihm um den Hals. Viele Knaben kam herbei und standen verwundert umher.
    »Bock,« fragte einer, »ist das dein Bruder?«
    Ivo nickte, er wollte nicht sagen, daß der Nazi nur Knecht sei.
    »Da muß dein Vater ein steinalter Bock sein,« sagte ein anderer Knabe. Alle lachten. Der Clemens Bauer aber, ein Knabe aus dem Hohenlohischen, sagte: »Pfui, schämt euch, ihr Neidhammel; ihr solltet euch mit freuen, daß er so eine Freud' hat.« Er lief nun schnell zu dem Repetenten, der als Aufseher mitging, und Ivo erhielt durch ihn die Erlaubnis, allein mit Nazi heimzukehren.
    Ein seliges Entzücken leuchtete aus dem Antlitze unseres Ivo, das war ein rechtschaffener Bub; der Gedanke dämmerte durch seine Seele, daß er durch seinen Nazi auch zu einem Freunde kommen werde.
    An der Hand des alten Freundes ging er nun zurück, seines Redens und seiner Freude war kein Ende. Als nun gar noch die Sachen ausgepackt wurden, jauchzte er hoch auf. Er legte sogleich etwas zurück für den guten Clemens, aber auch einem jeden seiner Stubenkameraden theilte er bei ihrer Rückkehr etwas mit.
    Nazi hatte auch einen Brief an des Schneider Christle's Gregor mitgebracht, Ivo trug ihn sogleich hin, und Gregor bat ihn, öfter zu kommen und ihm alle seine Anliegen mitzutheilen.
    Abends durfte Ivo zu Nazi in's Wirthshaus, sie konnten gar nicht fertig werden mit Reden und Fragen. Als es zum Gebet läutete, ging Nazi noch mit bis an das Kloster.
    Wie von einer freundlichen Hand getragen, fast schwebend ging Ivo die Klostertreppe hinauf, er fühlte sich jetzt weit mehr hier zu Hause, da sein ganzes Nordstetten zu ihm hergekommen war, indem es ihm seinen liebsten Gesandten geschickt hatte; auch hatte er jetzt einen Gönner und einen Freund, Alles das durch den lieben, guten Nazi.
    Von nun an war das Leben unsers Ivo durch Fleiß, Heiterkeit und Freundschaft gehoben. Seine Mutter ließ, wie man sagt, keinen Vogel vorbeifliegen, ohne ihm etwas an ihren Sohn mitzugeben. Und wie es diesem in seinem Schranke fast nie an etwas Besonderem fehlte, so hatte er auch stets in seinem Herzensschreine irgend eine heimliche Freude. Alles um ihn her gewann ein schöneres Leben, wozu vornehmlich auch die Ermunterung des Clemens beitrug. Dennoch schlossen sich die beiden nicht so rasch aneinander an, wie man hätte vermuthen sollen; es bedurfte hierzu eines außerordentlichen Ereignisses. Die andern Knaben aber, als sie sahen, daß Ivo bei dem Repetenten Haible, so hieß Gregor, viel galt, ließen ihn fortan ungekränkt und bewarben sich sogar um seine Gunst.
    Eine besondere Freude gewann auch Ivo durch Erlernung der Musik.
    Man richtete ein möglichst vollständiges Orchester für die Kirchenfeierlichkeiten ein, Ivo wählte das Waldhorn und gelangte bald zu einer ziemlichen Fertigkeit.
    Der Direktor wollte einst den

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