Schwarzwaldau
und Thalwiese ein Besitzthum!« –
Am Sylvesterabend verlobten sie sich, zum Entzücken der Eltern.
Am Neujahrstage brachte ihm ein Bote, den, wie er mündlich berichtete: ›das Mamsellchen vom Schloße heimlich abgeschickt,« einen Brief.
Caroline hielt sich verpflichtet ihm zu bekennen, daß Gustav nicht mehr ihr Bräutigam, daß sie sein Weib gewesen, daß sie seine Witwe sei; daß sie dieß nicht verschweigen dürfe, und ihrem zweiten Verlobten das Recht des Rücktrittes einräume, wofern er über dieses Verhältniß im Irrthum geblieben und ihre bisherige Offenheit ihn nicht schon vorher aufgeklärt habe.
Emil erwiderte ihr sogleich: ›Für zwei Menschen, die mit einander ein neues Dasein beginnen, giebt es keine Vergangenheit mehr. Beide haben nur eine Zukunft. Für uns gilt das entschieden. Was geschehen, ist vergessen. Wir haben Schiffbruch gelitten; wir sahen in den Grund des Meeres versinken, was uns trug. Wir finden uns auf ödem Eiland. Dürfen wir fragen: wo ist geblieben, was Du einst besessen? Wir haben nur zu fragen: was haben wir uns noch zu geben? Was können wir uns sein? Meine Antwort bleibt unveränderlich: Nimm mich, wie ich bin! ‹
In Thalwiese wurden sie getraut und Emil von Schwarzwaldau führte seine Frau gleich nach der Hochzeit in das Schloß, welches sie seit der Trennung von Agnesen nicht mehr betreten.
Da seine Dienerschaft die Hochzeitsfeierlichkeit in der Kirche mit angesehen und fest überzeugt, es werde derselben ein Mal folgen, sich mit der Rückkehr nicht übereilt hatte, so trafen die Neuvermählten vor Jenen ein und wurden von niemand empfangen.
Nur Hanns der Storch stand auf der Freitreppe des Portales und klapperte.
Neunundzwanzigstes Capitel.
Es ist noch kein volles Jahr vergangen. Der mildeste, reinste Herbst schmückt Wald und Flur mit bunten Blättern, Früchten, Beeren. Herr und Frau von Schwarzwaldau gehen im Park umher, heute, seit ihrer Verbindung zum Erstenmale in ehelichem Zwiste begriffen, der aber nicht von ihnen ausgeht, sondern von Thalwiese herübergedrungen ist und sie, ohne ihr Zuthun, ergriffen hat.
Die Erwartung, daß der reiche Schwiegervater mit vollen Händen einschreiten werde, Emil's verworrene und seit seiner langen Abwesenheit nicht mehr in's Geleise gebrachte Geldverhältnisse zu ordnen; – eine Erwartung, die, wie wir nicht verschwiegen, auch ihren Antheil am Abschluß der Heirath mit Carolinen hatte, – ist noch nicht in Erfüllung gegangen. Wäre bald nach der Hochzeit ehrlich darüber gesprochen worden, oder noch besser: kurz vorher, gewiß hätte nicht die geringste Weigerung von Seiten Reichenborn's Statt gefunden. Doch das ist unterblieben; Emil hat von Woche zu Woche das peinliche Gespräch hinausgeschoben; und seitdem hat der sonst angebetete Eidam die Gunst des alten Herrn verscherzt. Denn ach, das Gesuch um Verleihung des Adels, von Emil aufgesetzt, durch seine Freunde in der Residenz befördert, durch alte Gönner und Jugendgenossen seines verstorbenen Vaters bevorwortend eingereicht, ist abschlägig beschieden worden; und in einem so determinirten, dabei fast spöttelnden Style, daß jede Hoffnung für Gelingen eines zweiten Anlaufes abgeschnitten bleibt. Je sicherer Reichenborn sich auf des Schwiegersohnes Einfluß verlassen hat, um desto verdrüßlicher macht ihn dieser niederschlagende Ausgang und er hat mit der gekränkten Eitelkeit eines alten Mannes zu verstehen gegeben: wahrscheinlich wären die Anstalten zur Erfüllung seines sehnsüchtigsten Wunsches absichtlich vergriffen worden, weil man ihm den Adel nicht gönne! Ueber diese alberne Aeußerung hat Emil nicht ohne Bitterkeit gescherzt; Caroline hat solche Scherze, in des Vaters Seele hinein, übel genommen und es sind bei dieser Gelegenheit die garstigen Geldfragen im Allgemeinen zur Sprache gekommen. Caroline sieht ein, daß Emil sie und die Eltern über seine Vermögensumstände getäuscht habe. Er kann seine Verlegenheiten nicht mehr verheimlichen. Sie macht ihm Vorwürfe wegen seines Mangels an Vertrauen; er entgegnet: »Wenn man die einzige Tochter eines anerkannt so reichen Mannes heirathe, verstehe sich die Hilfe durch den Schwiegervater von selbst und es sei nicht nöthig vor der Hochzeit diplomatische Verhandlungen darüber zu pflegen.« Sie leitet aus dieser Behauptung die Möglichkeit her, Emil habe wohl gar die Ehe nur jener unentbehrlichen Hilfe halber geschlossen? Darüber spielt er den Beleidigten, oder ist er es in der That? Und der schöne
Weitere Kostenlose Bücher