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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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Herbsttag verdüstert sich für die Schloßbewohner Schwarzwaldau's.
    Wunder genug, daß der Friede zwischen ihnen fast zehn Monate hindurch gedauert! – Bei diesem Zündstoff, diesem Kriegsvorrath auf beiden Seiten! – Nur Emil's feige Gewandtheit vermochte so lange den Ausbruch hinzuhalten.
    Caroline ist so ganz und gar der lebendige Gegensatz von der verstorbenen Agnes. Wo diese nichts von ihrem Gemal begehrte, als ungestörte Ruhe und Selbstständigkeit, begehrt Caroline eben nur Gattin, Eheweib, Besitzerin ihres Mannes zu sein. Wo Agnes in jungfräulicher Kälte nichts zu entbehren schien, was ihr versagt wurde, da fordert Caroline und macht ihre Rechte so lebhaft geltend, daß Emil, der ›das Joch der Liebe‹ freundlich zu tragen strebt, im Stillen doch nicht selten die Heirath verflucht. Freilich aber genügt ein Rückblick auf seine schwarze That, ihn mit neuer Geduld auszurüsten und er seufzt in (oftmals schwererrungener) Einsamkeit: »Besser noch, ich beuge den Nacken unter's Joch, als über den Henkerblock.«
    Deßhalb kommt es auch dießmal zu keiner Widersetzlichkeit; er fügt sich bescheiden; gesteht in Demuth sein Unrecht ein; und erkauft, theuer genug, durch erzwungene Zärtlichkeiten seiner Gemalin huldreiches Versprechen: sie werde mit Papa reden, um zu sehen, was sich thun lasse? Auch gelobt er heilig, Alles aufzubieten, daß ein zweites Gesuch glücklicher wirke und vielleicht doch das Adelsdiplom noch errungen werde?
    Als er sich aus den Armen der endlich versöhnten Frau gewunden, begab er sich an den Schreibtisch, wo er Briefe über Briefe aufsetzte, die zu diesem Zwecke für die Residenz bestimmt waren. Wobei er in kaum verhaltener Wuth murmelte: »Welch' ein alter Esel, mein Schwiegervater! Wie dumm, ein neugebackner Edelmann werden zu wollen, ohne den einzigen Entschuldigungsgrund, daß er etwa einem Sohne mit vielem Gelde zugleich einen Schatten von Rang hinterlassen möchte! Mit ihm sterben, wenn wir ihn dazu machen, die Thalwiese's aus! Er soll sich vorsehen! Er soll mich nicht auf's Aeußerste bringen, durch seine Zähigkeit, der alte Filz! die letzten Thalwiese sind nicht sicher vor mir. Sein Vorgänger starb von meinem Dolche; . . . ich muß wider Willen fortwährend an Franz denken, und an seine Hamburger Abhandlung über meinen Schauder vor Blut; wie er von dem Tode durch Gift redete . . . . Heiliger Gott, wohin gerath' ich?« –
    Und er warf sich vor dem Schreibtisch wie vor einem Altar auf die Kniee und betete: »Vergieb mir die Sünde, barmherziger Schöpfer!«
    Aber die Gedanken an Franz wollten nicht von ihm weichen. Seitdem er den gefährlichen Vertrauten vor einem Jahre zum Hafen geleitet, hatte er ihn nicht mehr so lebendig im Sinne gehabt, hatten sich ihm die gefürchteten Züge des Frechen nicht so aufdringlich vor die Seele gestellt, als an diesem Abend. Den unwillkommenen Gast seiner Phantasie zu verscheuchen, begab er sich vom Schreibetische nach dem Gartensaale, wo sie den Sommer über, bei offnen Flügelthüren, Thee getrunken, wo es Carolinen besser gefiel als sonst im ganzen Schlosse, von wo der Herbst sie noch nicht vertrieben, ja wo sie sich am Liebsten auch über Winter eingerichtet haben würde, hätten die Ofensetzer nicht erklärt, daß sie den großen Raum zu durchwärmen sich nicht anmaßten. Es war ein großes Gefilde, dieser Saal, hineingebaut in den Park, mit Glasthüren versehen, die eigentlich nur Fenster waren und mit Fenstern, die man Glasthüren nennen durfte, denn es wäre ein Leichtes gewesen durch sie geraden Schrittes in's Grüne zu gelangen. Caroline hatte die Leere des öden Raumes, der dunkeln glatten Marmorwände mit Wäldern von Blumen und Gesträuchen füllen und bedecken lassen, die in blendend weißen Geschirren auf hohen Gestellen hübsch gruppirt günstigen Eindruck und den ursprünglich für ausgebreitetes Familienleben angelegten Aufenthalt auch für ein kinderloses Paar behaglich machten. Dort in der Dunkelstunde sie zu finden, darauf durfte der von bösen Gedanken und schwarzen Bildern Beängstigte sich verlassen. Und fürwahr: seine Gedanken mußten recht schlimm und die Bilder sehr schwarz sein, sollten sie ihn wiederum zurückscheuchen an die Seite Derjenigen, an die er sich, – was er vor wenigen Stunden erst so bitter empfunden! – an die er sich verkauft hatte, ohne doch durch den Handel sich aus allen Bedrängnissen befreit zu sehen. Zu seinem Troste fand er sie dießmal wenig geneigt, ihn entgelten zu lassen,

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