Schwarzwaldau
hab' ich nicht bemerkt; habe Dich nicht gesehen.«
»Nicht? Ei, das überrascht mich! Was hat Sie dann veranlaßt, mich aufzusuchen?«
»Meine Frau sagte mir . . .«
»Ihre Frau? Sie sind zum Zweitenmale in den Stand der heiligen Ehe getreten? das ist sonderbar! Das ist, wenn Sie erlauben wollen, unbegreiflich! Nach Ihren Erfahrungen . . . doch darf ich mir erlauben, zu fragen, wer die Glückliche ist, die . . .«
» Seine Braut. Caroline Reichenborn wurde Frau von Schwarzwaldau.«
»Ach, mein Compliment! Das ist, was der Mann meiner lieben Frau in London den großen
coup
nannte. Vorzüglich! Sie haben Fortschritte gemacht während meiner kurzen Abwesenheit. Speculationen waren sonst Ihre Stärke nicht. Im Gegentheil, bei Geldsachen pflegten Sie immer den Kürzeren zu ziehen.
Exempla sunt odiosa.
Darum hegte ich einige Besorgnisse, meinen an Sie zu richtenden Forderungen dürften sich mancherlei Hindernisse entgegenstellen, die nicht so leicht zu beseitigen wären. Diese Besorgniß schwindet nun. Reichenborn's Schwiegersohn reitet auf einem großen Goldsack und er braucht diesem seinem Roß nur in's Maul zu greifen, so hat er volle Hände und kann ausstreuen nach allen Seiten hin. Sie werden einsehen, daß ich Geld brauche – und viel! In Europa kann und will ich nicht bleiben. So groß es ist, für uns Beide ist es gewissermaßen doch zu klein; wir würden uns immer wieder begegnen; danach sehnen Sie Sich nicht und mir liegt nichts daran. Auch sind meine schriftlichen Ausweise bei der übereilten Abreise von London etwas mangelhaft geworden, so daß eigensinnige Polizeibehörden daran mäkeln könnten. Für uns Beide ist es besser, wenn ich meine Rolle als
revenant
so bald wie möglich schließe. Geben Sie mir dazu die Mittel und knickern Sie nicht. Was sind zehn- – sagen wir: fünfzehn Tausend Thaler für Reichenborn's Erben?«
»Ich gab Dir schon, über meine Kräfte. Du hast es schmählich vergeudet in wenigen Monaten. Jetzt bin ich selbst in drückenden Verlegenheiten und es ist noch gar nicht entschieden, ob Carolinens Vater sich bewegen läßt, mir beizustehen? Ich kann über solche Summen nicht gebieten. Ich habe sie nicht, – aber wenn ich sie hätte, ließe ich mir von Dir nichts mehr abtrotzen. Gehe, oder bleibe! Thu' was Du magst. Dein Kopf sitzt nicht fester, als der meinige. Ich fürchte Dich nicht!«
»Darüber läßt sich noch streiten, edler Gebieter. Wenn ich so dumm wäre, hinzugehen und bei Gericht zu deponiren: Ihr wünscht zu wissen, wer den jungen Thalwiese abgeschlachtet? Ich will's Euch entdecken: ich hielt ihn fest, mein Herr führte den Dolch und so weiter . . . nun, dann wär' ich passabel dumm, das ist klar. Denn mich würden sie gleich festhalten und dann erst auf Sie fahnden. So sehen Sie den Stand der Dinge an und deßhalb fürchten Sie mich nicht. Wie aber, wenn ich ein Briefchen einsendete, ein Briefchen erst jenseits der großen Salzpfütze geschrieben, worin ich alle nöthigen Nachweisungen ertheilte, Punct für Punct auseinandersetzte, und den Herrn Criminalisten die ganze, schöne Begebenheit, sammt ihren bisjetzt unauflöslichen Widersprüchen erklärte? Meinen Sie nicht, daß Ihnen ein solches Briefchen Unbequemlichkeiten zuziehen müßte? Sie würden anfänglich leugnen, ich geb es zu. Doch auf die Länge verwickelt man sich; die Rechtsgelehrten wissen ihre Fragen so verdammt schlau zu stellen . . . und die gute Wirthin von Neuland würde nicht zögern, sich Ihrer liebevoll zu erinnern! Und Ihr Lohnkutscher . . . und die Postillone . . . und so fort bis Hamburg . . . Sie glauben gar nicht, wie neugierig so ein Untersuchungsrichter fragt, wie unermüdlich er forscht, wie ein Amt dem andern in die Hände arbeitet, wie naiv die Zeugen antworten, ach, und welchen Kummer es mir in fernen Landen verursachen würde, müßt' ich hören, oder gar lesen: meine armselige Feder habe solchen garstigen Brei eingerührt.«
»Auf Ehre, Franz; ich habe kein Geld; weiß keines aufzutreiben; war niemals ärmer als jetzt. Ich lebe in einer Abhängigkeit . . .«
»Na, das klingt besser, wie zuvor. Sie trotzen nicht mehr; sind bereit guten Rath anzunehmen. So wollen wir denn unser gemeinschaftliches Interesse zwei vernünftigen Männern gleich wahrnehmen. Sie haben kein Geld? Ich glaub's Ihnen. Caroline wird welches haben.«
»Ich weiß es nicht!«
»Zuverlässig. Ohne Nothpfennig läßt ein Reichenborn seine einzige Tochter nicht vom Herrenschlosse in
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