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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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herabgesetzt, weil ich Ihrer vermeinten kalten Selbstsucht nicht zutraute, daß Sie mich verstehen würden, wenn ich von einer höheren, reinen, mich läuternden Liebe zu Ihnen spräche! Nur Dieser gilt, was ich von Hoffnungen sprach . . . Jetzt darf ich es Ihnen sagen, ohne Furcht verlacht zu werden; jetzt, nachdem Sie mich gewürdiget, vor mir von Ihrer Gemalin zu reden, wie Sie geredet haben. Dank, tausendfältigen Dank dafür. Sie erwiesen mir eine große Wohlthat. Ich gehe minder unglücklich von diesem öden Raume fort; ich nehme eine Tröstung mit mir, die ich nicht schildern, nicht nachweisen kann, die ich darum doch nicht weniger preise. Ja, ich gehe besser fort: Neid, Groll, Haß, Trotz, verbissene Wuth gegen mich und Andere scheinen sich beschwichtigen zu wollen, – seitdem ich weiß, wie Sie von ihr denken.«
    Emil sah ihm fest in die Augen: nein, Du heuchelst nicht! Du giebst Dich, wie Du bist und wenn Du bist, wie Du mir jetzt erscheinst, wirst Du bald das Rechte herausfinden! wirst mir die Möglichkeit gestatten, Dich um mich zu behalten; mich Deiner Gegenwart zu erfreuen; Dir hilfreich und förderlich zu sein auf jede Weise. Vielleicht war es gerade das, was mir fehlte? Vielleicht entbehrte meine für Menschenwohl und brüderliche Freundschaft empfängliche Seele zunächst einen Gegenstand, auf den sie ihre Theilnahme, ihre Fürsorge richte, für den sie thätig wirken, und in dieser Thätigkeit Befriedigung gewinnen, mit dieser Befriedigung eine Leere ausfüllen kann, die müßiger Ueberfluß häufig hervorbringt? Vielleicht segnen wir Beide dereinst diese Stunde? Vielleicht . . . . . ?«
    Und sie gingen schweigend neben einander her, in ernstes Nachsinnen vertieft.

Viertes Capitel.
    Frau von Schwarzwaldau stand an einem Fenster ihres Wohnzimmers, aus welchem die Dorfgasse, wo sie in die Schloßgasse einbiegt, zu erblicken ist; richtete ihre Augen jetzt auf den Weg, jetzt wieder auf eine Seite in Carolinens Briefe, die sie zum hundertstenmale las: ›Deßhalb, meine süße Agnes, rechne bald auf mich! Papa brummt und knurrt zwar noch immer, daß ein verlassenes, hilfloses Kind von schier zweiundzwanzig Sommern, (unter uns gesprochen; vor der Welt gesteh' ich die Zwei nicht ein) allein, ganz allein von Rumburg, oder eigentlich von Schandau, denn bis dahin will er mit Mutter mich geleiten, nach Schwarzwaldau unter keiner anderen Schutzwache, als der ihres Lohnkutschers (aus Pirna) reisen soll! Doch sein Brummen gleicht dem Donner eines jenseits der Hügel vorbeiziehenden Gewitters: man hört ihn noch grollen und rollen, – geht aber ungehindert spazieren. Vielleicht treff' ich zugleich mit meinem Briefe, vielleicht vor ihm ein? vielleicht auch einige Tage danach? Je nachdem nun Post-Beamte und Boten wollen! Oder vielmehr, je nachdem die Pferde des Pirnaischen Lohnkutschers gesonnen sind, der einen Handelsreisenden hierherbrachte und dessen Erscheinen Mutter und ich die Kühnheit verdanken, mit plötzlichem Entschlusse des Vaters Einwilligung erlangt zu haben. – Wie ich mich freue, Dich wiederzusehen! Ausführlich, tagelang mit Dir zu plaudern! alle Details Deiner Ehe zu erforschen, über welche Deine Briefe mich im Unklaren ließen! Wie ich mich freue, Dich, meine liebste und geliebteste Mitschülerin als hohe Schloßfrau zu begrüßen! – Du hattest schon als kleines Backfischchen eine gewisse vornehme Haltung und wußtest vor dem wilden ungebärdigen Mädelvolk Deine Würde trefflich zu bewahren. Einige Besorgniß freilich läuft wie düst'rer Wolkenschatten durch den hellen Sonnentag dieser meiner Freude: ich fürchte mich vor Deinem Herrn Gemal! Dem Bilde gemäß, welches ich mir, – nicht durch das, was Du schriftlich über ihn sagst , sondern vielmehr verschweigst , – von ihm entworfen habe, sieht er nicht danach aus, als würde er mich mit offenen Armen empfangen? Soll ich recht aufrichtig reden, so muß ich dieß bekennen: ich stelle mir unter ihm eine Art von Waldbär vor! – Sollte dieß Gleichniß Dich beleidigen, lies:
loup-garou
; das klingt gleich vornehmer. Kurz: Bär oder Wolf , ich fürchte mich ein Bißchen, daß er die Vertraute seiner Gemalin manchmal hart anlassen könne? Vorzüglich an Tagen, wo Seine Hochundwohlgeboren vielleicht ein schlechtes Gewissen haben. Denn, welcher Ehemann hätte das nicht zu Zeiten? Aber ich habe mir vorgesetzt, muck-mäuschenstill dabei zu bleiben und wenn er mich nur nicht geradezu zerreißt, auf einen Schlag mit der Tatze, auf

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