Schwarzwaldstrand
ja ân ganz nettes Lokal, aber et stinkt ân biscken hier«, sprach Harald derweil an dem mit einem rot-weià karierten Tuch bedeckten Tisch das aus, was alle anderen dachten.
»Ich wollte ja gar nicht hierher«, gab Dietmar zurück. »Venedig ist nun mal eine Lagune. Wennâs im Sommer heià ist, dann riecht das stehende Wasser halt mal. Wennâs dir stinkt, können wir ja reingehen. Oder zu McDonaldâs.«
Dietmar hatte heute einen schlechten Tag â nach dem schiefgelaufenen Verkaufsgespräch mit Bäuerle und der Tatsache, dass er schon mehrere Stunden dem Mann aus dem Ruhrpott ausgesetzt war â¦
»Ich sach ja nur. Nix gegen dich, Dietmar. Hand aufs Herz. Wirklich nich.« Harald schien entgegen seiner Art um Diplomatie bemüht. »Wir ham uns ja nun schon paarmal hier auf Camping getroffen. Bis ân dufter Kerl â Versicherungen hin oder her.«
»Also«, setzte Harald dann von Neuem an, »ich muss euch unbedingt noch watt erzählen.«
Es folgte eine bedeutungsschwangere Pause, in der Harald, der sich als Einziger ein Bier bestellt hatte, die Flasche leerte â als müsse er sich Mut antrinken.
»Und zwar über die tote Frau vom Strand. Da is mir noch watt ganz Wichtiges aufgefallen.«
Wenn Harald auch kein Gespür für Diplomatie hatte, für Dramaturgie hatte er eines. Die anderen am Tisch starrten ihn gespannt an.
Der Wirt brachte eine neue Runde Getränke, was das Ganze weiter verzögerte.
Dann blickte Harald sich geheimnisvoll um, als hätten die Wände Ohren. »Ich kenne die Tote!«, gestand er schlieÃlich.
37. Ertappt
Klaus Riesle konnte sich kaum noch bewegen, streng genommen sogar nicht einmal mehr richtig atmen.
Ein Wohnwagen an sich bot ohnehin schon wenig Platz. Unter einem Bett in einem solchen Wagen war das Platzangebot dann in etwa so gering wie in einem Sarg. Und so fühlte sich Riesle nun auch.
Paradox, dass die eigentliche Leiche, die weiterhin im hinteren Bereich des Wohnwagens unter der Bettdecke lag, den weitaus bequemeren Platz hatte. Vermutlich wäre es besser gewesen, die Frau gleich mit zu verstecken. Aber dafür hatte die Zeit nun wirklich nicht mehr gereicht.
Gerade rechtzeitig, bevor sich die Wohnwagentür öffnete, hatte es der Journalist geschafft, die Zwischentür zu Martinas Separee zuzuschieben und sich unter das Bettsofa im vorderen Bereich, wo normalerweise Hubertus, Elke und der Enkel Maximilian nächtigten, zu quetschen.
Zwei Personen setzten sich nun auf das Polster über Riesle und sorgten damit für zusätzliche Atemnot. Das Bett bog sich nach unten durch.
»Isch abbe etwas für disch, amore. Eine Ring. Eine Ring aus Gold, so wie deine Erz. Von mir, für disch. Eschte Gold.«
Es folgten ausgiebige Schmatzgeräusche.
»Amooore«, stöhnte diesmal nicht Marco, sondern Martina.
»Siii?«, kam es zurück. Es folgte eine heftige Kussattacke.
Und dann: »Voglio fare lâamore con te. Liebe macken.«
»Siii«, antwortete diesmal Martina, allerdings ohne Fragezeichen.
Klaus spürte eine Entlastung für seinen Brustkorb. Die beiden waren aufgestanden. Er hörte Schritte, dann ein schleifendes Geräusch. Die Schiebetür!
»Aiii!«, schrie Marco, und seine Stimme schrillte dabei in die Höhe.
»O Gott!«, lautete der nicht weniger entsetzte Kommentar von Martina.
Sie hatten die Leiche entdeckt!
Für Riesle schien das der gebotene Moment, aus seinem Versteck zu kriechen. Sogleich ging er in die Offensive: »Aha! Was macht ihr beiden Hübschen denn hier?«
Das Pärchen antwortete mit einem abermaligen Schreckensschrei.
»Aiiii!«
Vor der Wohnwagentür rumpelte es.
Dann stellte Martina die Gegenfrage: »Was machst DU hier, Klaus? Ich dachte, du wärst mit nach Venedig gefahren?«
»Ich war müde und hab mich etwas hingelegt.«
»Mit der da?« Martina zeigte auf die Frauenleiche. »Klaus, du bist doch nicht etwa ⦠pervers?«
»Jetzt dreh mal nicht gleich durch, ja? Das, was ich mache, ist sicher nicht perverser, als dass du deinen Mann hier mit diesem ⦠diesem â¦Â«
Er zeigte auf Marco, dessen Gesichtszüge nach wie vor entglitten waren.
»Klaus, was macht die tote Frau hier in MEINEM BETT ?«, wiederholte Martina mit weit aufgerissenen Augen.
Sie war mit den Nerven am Ende.
Marco erwachte allmählich
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