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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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klappen, wie Sie sich das vorstellen, mein Mädchen.«
    »Weiß Amy Tucker schon Bescheid?«, frage ich.
    »Nein«, sagt er, »aber ich rufe sie morgen früh an und erzähle ihr, was ich Ihnen eben erzählt habe.«
    Aus irgendeinem irrationalen Grund hatte ich gehofft, dass er das nicht tun würde, aber das wäre wahrscheinlich wirklich zu viel verlangt gewesen.
    *
    Auf dem Weg nach Hause packt mich der schlimmste Husten aller Zeiten. Die Luft ist heute kalt und trocken, und ich schätze, das ist nicht so gut für mich. Ich halte mich an einer Hauswand fest, der Backstein ist rauh und schneidet mir in die Finger. Ich kann nicht mehr aufhören zu husten, es hört sich richtig gefährlich an. Die Leute kucken, manche bleiben sogar stehen. Eine Frau bietet mir einen Schluck von ihrem Wasser an. Danke, so weit kommt’s noch.
    Als ich mich wieder einigermaßen gefangen hab, schleppe ich mich nach Hause und hoffe, dass mich niemand beobachtet hat, den ich kenne. Oben in meiner Wohnung drehe ich die Heizung auf, und mir geht’s so dreckig, dass ich mir doch tatsächlich eine Kerze anzünde. Ich fühle mich wund und geschunden. Ich glaube, bei diesem öffentlichen Hustenanfall eben hat auch meine Seele was abgekriegt.
    Ich schaue aus meinem Wohnzimmerfenster runter auf die Straße, es dämmert schon, bald wird es dunkel. Gegenüber an dem leeren Haus trampeln sich die Plakate gegenseitig platt, man kann meistens nicht lesen, was da alles draufsteht. Aber eins muss ganz frisch sein, es ist noch sauber, ganz und leuchtet richtig. Es macht Reklame für eine Tanzveranstaltung: Ihr seid jung und habt es richtig nötig.
    Schön wär’s.
    Ich glaube, ich sollte mal ein paar Tage mit dem Rauchen aufhören.
    *
    »Mann, ist das gemütlich, Baby.«
    Klatsche sitzt auf meinem Sofa. Er hat seine Füße im Sessel geparkt und meine in seinem Schoß. Außerdem sind noch jede Menge Decken im Spiel, die Heizkörper leisten hervorragende Arbeit, die Kerzen blenden uns nicht, und wir trinken tatsächlich Tee.
    »Du solltest öfter mal krankfeiern«, sagt er.
    »Ich feiere nicht krank«, sage ich. »Ich kann nicht mehr.«
    »Spielverderber.«
    Ja, wahrscheinlich. Ich lasse mich ein bisschen tiefer ins Kissen fallen. Wenn ich könnte, würde ich da durch und dann durchs Sofa und durch alle Etagen und den Keller und ab ins Grundwasser, wo mich keiner mehr findet. So ist mir. Einerseits. Andererseits ist das auch ganz schön, was Klatsche da mit meinen Füßen macht. Und sein Gesicht ist schön. Wie lebendig es ist. Wie es glüht. Es geht ihm gut. Das ist das Schönste. Er erzählt mir von der Blauen Nacht, und wie sie da immer noch renovieren wie die Berserker, Rocco Malutki und er. Ich höre nicht genau zu, mir fehlt die Kraft dafür, aber es tut gut, dass er redet. Und dass er so einen Spaß daran hat.
    Kurz bevor ich einschlafe, fällt mir ein, dass ich den Calabretta noch anrufen muss.
    Ich weiß jetzt gar nicht mehr, ob ich das noch geschafft habe.

ZUGRIFF
    E s ist acht Uhr fünfunddreißig, und ich bin schon auf Turkey. Zittrig. Nikotinentzug ist ein erbärmlicher Zustand. Mir ist beim Kaffeemachen fast die Espressokanne aus der Hand gerutscht. Darüber, was mit der Milch passiert ist, möchte ich nicht reden. Über meine Laune auch nicht. Aber, immerhin: Meine Bronchien fühlen sich ungefähr einen Millimeter besser an.
    Ich hab seit fünfzehn Stunden keine einzige Zigarette geraucht. Das ist mir seit zwanzig Jahren nicht mehr passiert.
    Klatsche liegt noch in meinem Bett und schläft, er sah so zufrieden und weich aus, als ich aufgestanden bin, wie ein großes, flauschiges Lämmchen lag er unter der Decke, ich musste ihn schlafen lassen. An der Hauswand gegenüber haben sie letzte Nacht schon wieder frisch plakatiert: Rudeltanz!
    Ich frage mich, wie viele Tanzveranstaltungen so eine alte Wand eigentlich aushält.
    Ich rufe den Calabretta an. Die Anruflisten auf meinem Telefon haben mir verraten, dass ich das gestern wohl nicht mehr gemacht habe.
    »Moin«, sagt er, »wie war’s mit dem Faller?«
    »Der alte Superbulle hat zwei Zeugen und zwei Verdächtige«, sage ich. »Er kommt heute um zehn mit den beiden Zeugen zu Ihnen ins Präsidium.«
    »Wow«, sagt der Calabretta. »Schulle und Brückner haben auch jemanden aufgetan. Einen von den Obdachlosen, die regelmäßig im Tucker-Haus geschlafen haben. Wir versuchen, den gleich mal dazu zu bestellen, oder?«
    »Kriegen die beiden das so schnell hin?«, frage ich.
    »Der Mann schläft

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