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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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irgendwann Frauen. Jungs bleiben immer Jungs.
    »Die kommen hier bestimmt noch mal vorbei«, sage ich. »Sehen Sie da drüben den Fahrradladen? Das ist das emotionale und technische Zentrum der Bewegung.«
    Ich stecke mir meine Zigarette zwischen die Lippen, ziehe meine Mütze ein bisschen tiefer in die Stirn und muss grinsen. Ich kann den Calabretta gut verstehen. Ich bin ja auch ein großer Fan der Fahrradpunks. Brettstarke Typen.
    »Wollen wir hier warten?«, frage ich.
    »Auf jeden Fall, egal, was passiert«, sagt der Calabretta.
    Er nimmt einen großen Schluck Bier, wischt sich den Mund ab und stellt sich kerzengerade hin.
    Das hier ist vielleicht nicht der Giro d’Italia, aber mit Sicherheit eines der härtesten Radrennen der Welt.

DER ALTE MANN UND DER ALTE HAIFISCH UND DER ALTE KIEZ
    D ie Haifischbar ist vom Scheitel bis zur Sohle so unglaublich vollgestopft mit allem, also wirklich einfach allem, was man sich vorstellen kann, dass ich hier immer Angst habe, mein Gehirn könnte platzen, wenn ich versuche, die Sachen im Kopf zu ordnen. Buddelschiffe, Modellschiffe, Gespensterschiffe, ausgestopfte Fische, Rettungsringe, Schiffsglocken, Wimpel, Flaggen, Netze, Bilder von Hans Albers und Bilder von Freddy Quinn und Bilder von Heidi Kabel. Schrumpfköpfe sind, glaub ich, nicht dabei, aber ich würde meine Hand jetzt nicht dafür ins Feuer legen.
    Der Faller liebt den Laden. Er sitzt schon an einem der Ecktische, unter einer roten Laterne und einer alten Schwarzweißfotografie von einem Ozeanriesen. Auf dem dunklen Holztisch steht ein Aschenbecher in Form eines Leuchtturms.
    »Ich hab Haifischsteak bestellt«, sagt er und freut sich. »Möchten Sie auch eins, mein Mädchen?«
    Im Leben nicht, denke ich.
    »Vielleicht später«, sage ich und bestelle mir erst mal einen Kaffee.
    Der Faller kuckt mich an. Er sieht beruhigt aus und irgendwie erleichtert.
    »Schön, dass Sie da sind«, sagt er.
    Ich sage »jaja«, sein gefühliger Blick ist mir ein bisschen unangenehm, auch wenn mir im Grunde jedes Mal das Herz hüpft, wenn ich ihn sehe, und vor allem, wenn er mich so ankuckt. Der alte Daddy.
    »Was gibt’s denn so Wichtiges? Sie haben mich doch nicht wegen Haifischsteak hierherbestellt, oder?«
    »Ich kann so nicht arbeiten«, sagt er.
    »Wie?«
    »So an Ihnen und dem Calabretta vorbei«, sagt er, »das geht nicht. Ich fühl mich beschissen.«
    Ich habe für einen kurzen Moment Angst, dass er zurück in die Mordkommission will und ich ihm jetzt sagen muss, dass seinen Job inzwischen ein anderer macht.
    »Keine Sorge«, sagt er, »ich will nicht zurück zur Polizei.«
    Der Faller kann offensichtlich immer noch in meinem Gesicht lesen.
    »Und ich bin sehr froh darüber, dass die Kollegen endlich Unterstützung haben. Wie finden Sie diesen Bülent Inceman?«, fragt er.
    »Wer hat Ihnen denn erzählt, dass Ihre Stelle wieder besetzt worden ist?«
    »Sie ja leider nicht«, sagt er.
    »Ich konnte nicht«, sage ich.
    »Und ich hab meine Quellen«, sagt er. »Los, wie finden Sie den neuen Bullen?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Weiß nicht.«
    Der Faller grinst sich einen, ich glaube, er weiß besser als ich, wie ich den Inceman finde. Dann kommt sein Fisch, und er fängt an zu essen.
    »Wie meinen Sie das«, sage ich, »Sie können so nicht arbeiten?«
    »Ein ordentlicher Privatdetektiv teilt seinen Ermittlungsstand ja nicht mit der Polizei«, sagt er.
    »Wahrscheinlich nicht«, sage ich.
    »Sehen Sie. Und ich bin dann wohl kein ordentlicher Privatdetektiv«, sagt er und kaut sehr lange auf einem Stück Haifischfleisch herum.
    »Was wissen Sie, Faller?«
    Der Faller isst betont langsam weiter, als müsse er sich an jedem Stück dieses drögen Fischs festhalten bei dem, was jetzt kommt. Aber das ist in Ordnung. Für einen, der viel auf seine Ehre hält, ist Reden manchmal gar nicht so einfach. Schweigen ist ja grundsätzlich immer ehrenvoller und leichter zu bewerkstelligen als Reden. Deshalb halten der Faller und ich auch so gerne die Backen, wenn wir uns sehen. Das ist unsere Art, es uns gemütlich zu machen.
    »Also«, sagt er.
    Räuspert sich.
    »Also, ich war in den letzten Tagen quasi rund um die Uhr in Wilhelmsburg unterwegs.«
    »Respekt.«
    Er lächelt mich kurz an.
    »Ich bin da durch die Straßen marschiert, bis mir die Füße weh getan haben. Ich hab mit jedem geredet, der mit mir reden wollte, und auch die, die nicht mit mir reden wollten, haben mir irgendwann geantwortet, wahrscheinlich nur, damit ich

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