Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
Vom Netzwerk:
empfinde ich für einen kurzen Moment so etwas Ähnliches wie Frieden.

SORGENBRECHER
    E s ist einer von diesen Tagen. Der Novemberhimmel ist doch tatsächlich blau. Auf den Dächern liegt die gefrorene Feuchtigkeit der Nacht und vielleicht auch noch ein bisschen was von dem kleinen Schnee von gestern Abend. Im Laufe des Tages wird eine eher rote als gelbe Sonne über dem Horizont einen flachen Halbkreis ziehen. Ich gehe zu Fuß in die Staatsanwaltschaft, atme tief ein, meine Lungen füllen sich mit Luft, das macht wach und groß, und da fällt mir auf, dass ich heute Morgen wirklich noch kein einziges Mal gehustet habe. Interessant. Ich atme noch mal tief durch. Aha. Kein Rasseln. Kein Zigarettenrauch. Nur Luft. Und die riecht heute wieder mal nach Meer. An manchen Tagen haben wir das hier, wenn der Wind günstig steht. Ich nehme meine Mütze ab und lasse den Tag an meinen Kopf. Unten am Hafen dröhnt eine dieser riesigen Schiffshupen. Wahrscheinlich nur ein hässliches, blitzblank poliertes Riesenkreuzfahrtschiff, das aussieht wie ein schwimmendes Gefängnis und in seinem Namen vermutlich das Wort Freedom hat. Aber ich sehe das Ungetüm ja nicht, und so kann ich ganz in Ruhe meine sozialromantische Vorstellung weiterfahren, dass das, was da hupt, ein rostiger alter Seelenverkäufer ist.
    Mein Telefon klingelt. Der Calabretta ist dran. Ich soll gleich ins Präsidium kommen. Es tut sich was.
    *
    »Und?«, frage ich.
    Ich werfe meinen Mantel über einen von den alten Stühlen, die hier immer rumstehen, und setze mich zum Calabretta auf den Schreibtisch. Der Calabretta nickt zum Kollegen Inceman rüber und sagt: »Wir sind mit unseren Füßen in einen hübschen kleinen Behördensumpf geraten.«
    Der Inceman hat einen Stapel Papiere und Notizen und Computerausdrucke vor sich.
    »Das hatten wir uns ja gestern Abend fast schon gedacht, oder?«, sage ich.
    »Ja«, sagt der Inceman, »aber jetzt wird’s langsam offensichtlich. Auch wenn wir da vermutlich noch lange nicht durchsteigen.«
    »Was ist passiert?«
    Ich drehe mich zu ihm und rutsche ein Stück auf seinen Tisch rüber.
    »Ich hab die Baubehörde mal hier und da ein bisschen gekitzelt«, sagt er.
    Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
    »Ich hab mich umgehört. Bei einigen, von denen ich ahnte, dass sie mir was erzählen würden. Und bei einigen anderen. Von denen ich wusste, dass sie ziemlich schnell, nachdem ich da aufgetaucht bin, zu genau den Leuten rennen würden, die überhaupt keine Lust darauf haben, dass hier irgendwer irgendwas erzählt.«
    Ich glaube, ich kucke skeptisch.
    »Solche Typen gibt’s doch in jeder Behörde«, sagt der Inceman.
    »Und woher wissen Sie, welche Typen genau das in der Baubehörde sind?«, frage ich.
    »Wer lange im Drogendezernat war, kennt sie alle«, sagt der Calabretta.
    Da hat er natürlich recht. Die Kollegen von den Drogen wühlen überall im Dreck, das bringen die Drogen so mit sich. Drogen gibt’s in allen Berufen, allen sozialen Schichten, allen Systemen. Drogen stecken in allen Ecken.
    »Und was ist da jetzt rausgekommen?«, frage ich.
    »Erstens«, sagt der Inceman, »fühlen sich in der Behörde ein paar Leute veräppelt. Es gibt eine Menge Getratsche und bösen Flurfunk. Es sieht so aus, als würden sämtliche Deals nur in einem kleinen Zirkel besprochen. Und dann auch nur da abgewickelt. Viele der Beamten fühlen sich komplett kaltgestellt. Die halten das für Mobbing. Aber denen, die da die Deals in der Hand haben, geht’s natürlich nicht um Unternehmenskultur, sondern um ihre dicken Geldbeutel. Die merken wahrscheinlich gar nicht, dass sie sich damit langsam, aber sicher ein Ei legen. Zweitens ist klar, dass ToftingInvest beim Verkauf des Tucker-Hauses bevorzugt wurde, obwohl sie nicht annähernd das beste Angebot gemacht haben. Das hat mir eine der Sekretärinnen gesteckt. Die Dänen haben offensichtlich sogar so wenig dafür bezahlt, dass noch reichlich Luft für Schmiergeld war und sie damit bestimmt immer noch gut weggekommen sind.«
    »Wie wenig?«, frage ich.
    »Man munkelt, vierzigtausend«, sagt er.
    »Das ist ja ’n Witz«, sage ich. »Dafür kriegt ein Normalsterblicher in Hamburg nicht mal einen Keller.«
    »Ein-Zimmer-Wohnung, Souterrain«, sagt der Inceman. »Ich habe das spaßeshalber mal gegengecheckt.«
    »Das ist echt übel«, sage ich.
    »Ziemlich übel«, sagt er. »Und das weiß wohl auch der Herr Senatsdirektor Oenninger.«
    »Haben Sie mit dem gesprochen?«, frage ich.
    »Er hat mit uns

Weitere Kostenlose Bücher