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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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vertieft schien. Er kam Ehrlinspiel vage bekannt vor, und auch an das abgewetzte Jackett meinte er sich zu erinnern. Die Kartenspieler fixierten ihn mit Blicken aus schmalen Augen und maulten leise, blieben aber ruhig. Insgeheim aufatmend, suchte sich der Hauptkommissar abseits der Männer und beim Fenster einen Platz. Die Szene von gestern Abend hatte ihm genügt.
    »Zurück in der Höhle des Löwen?« Der Wirt tauchte aus der Küche auf.
    Ehrlinspiel grüßte. »Noch sehe ich kein Raubtierrudel.«
    »Warten Sie noch eine halbe Stunde. Die Meute fällt erst nach sieben ein.« Er grinste breit. »Aber jemand anderes wartet bereits auf Sie. Besuch.«
    »Besuch?«
    »’n Pils?«
    »Sie meinen die Beamten mit meinem Gepäck?«
    Der Wirt schüttelte den Kopf, und sein Kinn wabbelte. »Nein, eine Raubkatze.« Er hob eine Hand, krümmte die Finger wie Krallen und entblößte eine Reihe gelbfleckiger Zähne. »Pils?«
    Ehrlinspiel sah ihn entgeistert an. Er konnte sich keinen Reim auf die Worte machen. »Was haben Sie für Wein?«
    »Roten und weißen.«
    »Aha.« Nach Traubensorten, Herkunft und Jahrgang musste er wohl nicht weiter fragen. Er schürzte die Lippen. »Ist der rote trocken?«
    »Ist ’n Spätburgunder.«
    Immerhin. Die Chancen auf Rotefrüchteduft und ein samtiges Aroma standen damit nicht schlecht. »Okay, den nehme ich.«
    »Für mich auch ein Glas, bitte«, ertönte es im selben Moment, und noch bevor Moritz Ehrlinspiel sich nach der Stimme umdrehen konnte, stand Hanna Brock neben ihm.
    »Raubkatze«, formte der Wirt stumm mit den Lippen und verschwand.
    »Darf ich?« Sie setzte sich zum Hauptkommissar an den Tisch, ohne eine Antwort abzuwarten. Von den Bauern pfiff jemand herüber.
    Nein.
»Bitte sehr.« Ehrlinspiel sah sich einem charmanten Lächeln gegenüber. Er erkannte sie kaum wieder. Ihr Haar glänzte und war zu einem kunstvollen Knoten festgesteckt. Puder überdeckte die Kratzer in ihrem Gesicht, und um die Augen trug sie ein leichtes Make-up. Der herbe Duft eines teuren Parfüms hätte einen Hauch dezenter sein dürfen.
    »Sie sind aber schnell wieder hier, nachdem Sie es gestern so eilig hatten, wegzukommen. Haben Sie etwas vergessen?«
    »Nein. Ich wohne jetzt hier.« Ihre Stimme klang sanft wie Perlen, die der Wind über den Sand schiebt. »Und Sie offenbar auch, nachdem Sie noch da sind?«
    Ehrlinspiel stöhnte innerlich auf. Was hatte diese Frau vor? Wenn Medienmenschen die Polizei umgarnten – und dass Brock auf ihre Reize setzte, war nicht zu übersehen –, dann bedeutete das selten etwas Gutes. Und schon gar nicht, wenn die sich nahe eines Leichenfundortes einquartierten. Er ignorierte ihre Frage. »Dann haben Sie Ihre Recherchen in Freiburg wohl abgeschlossen und machen jetzt hier weiter … mit Ihrem Wanderführer?«
    »Könnte man so sagen.« Sie neigte den Kopf zur Seite und blitzte Ehrlinspiel herausfordernd an. »Ich verfolge interessante Spuren.«
    »Und welcher Art sind diese Spuren?«
    Der Wirt brachte den Wein.
    »Danke, Willi«, sagte Hanna Brock.
    Willi?
Waren die beiden schon beim Du angekommen? Der Hauptkommissar war baff.
    »Wollen Sie etwas essen? Wir haben allerdings keine Karte.«
    »Was gibt’s denn?« Ehrlinspiel wurde missmutig.
    »Heute Bohneneintopf.«
    »Thunfischsalat haben Sie nicht zufällig?«, fragte Hanna.
    Aha. Vorname und Sie. Alte Schule? Das wollte so gar nicht zu ihr passen.
    Willi wand sich. »Salat kann ich machen. Aber Thunfisch … Tut mir leid, meine Dame.«
    Ehrlinspiel blickte kurz zur Decke. Nicht aufregen! »Für mich den Eintopf, bitte.«
    »Für mich Salat.« Ihre Stimme klang honigsüß.
    Willi schlurfte davon.
    Hanna Brock legte die Hand um das Weinglas. »Tut mir leid, dass ich gestern nicht so gut in Form war. Ich stolpere nicht jeden Tag über eine Leiche.«
    »Dann geht es Ihnen ja besser heute«, stellte er das Offensichtliche fest.
    »Viel besser!«, lächelte sie.
    »Freut mich.« Er lächelte gezwungen zurück und trank.
    »Wollen wir nicht miteinander anstoßen?« Sie hob ihr Glas und strahlte Ehrlinspiel an.
    Fast verschluckte er sich. »Natürlich. Zum Wohl.«
    Neue Gäste kamen herein, schüttelten den Regen von ihrem gelben Ölzeug und polterten in schweren Stiefeln zu den drei Männern am hinteren Tisch. Im Gastraum wurde es lauter.
    »Der Bulle ist immer noch da«, sagte ein kleiner Mann mit Vollbart zu einem seiner Tischnachbarn, kaum dass sie saßen.
    Sie wollen mich provozieren, dachte Ehrlinspiel und widmete sich

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