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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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er an, über ›die Weiber‹ zu schimpfen. Dass er nie Glück mit den Frauen hätte und –«
    »Hey, Willi, auf welcher Seite stehst du eigentlich?«, rief der vollbärtige Kleine plötzlich erbost herüber.
    Das Gesicht des Wirts färbte sich tiefrot. Doch es schien jetzt eher Ärger als Scham zu sein, denn er gab mit eiserner Stimme zurück: »Tu nicht so, Walter. Ihr wollt doch auch wissen, wer der Mörder ist.«
    »Willst du etwa sagen, dass es einer von uns ist?«
    Ehrlinspiel registrierte, dass die Männer sich gegenseitig misstrauisch beäugten. Doch nach wenigen Sekunden hatten sie den laut ausgesprochenen Verdacht offenbar schon wieder verdrängt. »Oder warst du’s vielleicht selbst?«, blökte der Tischnachbar, der vorhin mit Herbert angesprochen worden war, und fügte besänftigend hinzu: »War nur ’n Witz, Alter.«
    »Halt’s Maul«, schoss Willi zurück.
    Harscher Umgang mit zahlenden Gästen, dachte Ehrlinspiel. Doch der Wirt hat keine Konkurrenz im Dorf. Die Leute müssen in der
Heugabel
trinken – oder zu Hause. Der Blick des Hauptkommissars streifte Anton, der als Einziger unbeteiligt vor sich hin grummelte und wie in Trance das Weizenglas um die eigene Achse drehte. Sein Gesicht erinnerte Ehrlinspiel an den Faltenwurf einer grauen Mönchskutte.
    »Also«, sagte er zu Willi. »Johannes hatte kein Glück mit den Frauen. Und …?« Offenbar gab es doch Leute, bei denen der Wirt es mit dem Anschwärzen nicht so genau nahm.
    Willi zögerte und sah sich im Gastraum um. Die Männer schielten über ihre Spielkarten hinweg.
    Der Wirt senkte erneut die Stimme. »Ich weiß das noch wie heute. Er war betrunken, ja, aber dann sagte er: ›Zum Teufel mit den Schlampen. Wenn jetzt noch die Elisabeth zurückkommen würde, … dann … dann wüsste ich nicht, was ich machen würde.‹«

[home]
8
    E hrlinspiel zog instinktiv seine Hand zurück. Die drei zotteligen Hunde hoben die Lefzen und knurrten.
    »Die tun nichts, die passen nur auf meine Schafe auf. Sie sind ganz sanft.« Der Mann kraulte eines der Tiere hinter dem schwarzbraunen Ohr.
    So sanft wie ihr Herrchen?, fragte sich Ehrlinspiel und sah den korpulenten Mann in den Filzpantoffeln an. Aufgerichtet war er exakt so groß wie der Hauptkommissar, aber mindestens zwanzig Kilogramm schwerer. Nicht nur Sina hat sich seit damals verändert, dachte Ehrlinspiel. Auf dem Jugendfoto zeigte sich Johannes Beyer schlanker und wesentlich gepflegter. »Drei schöne Kerle.«
    »Hütehunde. Aus den Pyrenäen.«
    Sie standen in einem Wohnzimmer, auf dessen Tapete sich dunkelbraune und olivfarbene Ovale ineinander verschlangen und die mit zwei grasgrünen Polstersofas um den besten Platz bei »Retro, misslungen« wetteiferte. In der Ecke eines Sofas saß, ein Kissen im Rücken, eine blonde Frau mit kugelrundem Bauch und starrte in einen Röhrenfernseher. Zwei Frauen in Hochzeitskleidern flimmerten über die Mattscheibe und versuchten, sich gegenseitig den Brautschmuck vom Kopf zu reißen. Auf dem niedrigen Rauchglastisch standen ein leerer Brotkorb und zwei Brettchen mit Krümeln und buttrigen Messern. Daneben lag ein halber Ring Fleischwurst.
    »Wann ist es denn so weit?« Ehrlinspiel suchte nach einem lockeren Einstieg in die Befragung, um eine verbindliche Atmosphäre herzustellen und Johannes’ Gesprächsbereitschaft zu erhöhen. Verdächtige gaben in der Regel nur selten von alleine etwas preis.
    »In fünf Wochen«, antwortete die Frau.
    »Ein Christkind! Ich gratuliere!« Er machte eine kurze Pause. »Darf ich mit Ihrem Mann einen Moment über Elisabeth Kühn sprechen?«
    »Bitte sehr. Das wird er sicher leidenschaftlich gern tun.« Ihr Blick klebte am Monitor. Die eine Braut hatte sich in den Haaren der anderen verfangen.
    »Unter vier Augen.«
    Sie reagierte nicht.
    »Margarete«, mischte Johannes sich ein, »du musst die Hunde noch füttern.«
    Sie erhob sich stöhnend, eine Hand in den Rücken gestemmt, und schaltete den Fernseher aus. »Wie du meinst. Ich bin ja offenbar unerwünscht.«
    »Blödsinn. Du bekommst ein Kind! Eine tote Schwangere wäre doch kein Thema für dich.«
    »
Wir
bekommen ein Kind. Nicht ich. Kommt, Jungs.« Margarete Beyer ging hinaus, die Hunde sprangen ihr freudig hinterher.
    Johannes sank auf ein Sofa. Ehrlinspiel setzte sich über Eck auf das zweite. Es war weich und die Sitzfläche ungleichmäßig gepolstert. Der Landwirt roch nach Schafen. Er ist froh, dass seine Frau nicht mithört, dachte Ehrlinspiel. Nicht nur bei

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