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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Sommers hing der Haussegen schief. Der Hauptkommissar nahm Beyers Personalien auf, lehnte sich dann nach vorn, die Unterarme auf die Beine gestützt, und faltete die Hände.
    »Sie waren am Mittwochabend bei Elisabeth?«
    »Ja.« Durch große Brillengläser blickte Johannes auf Ehrlinspiels Hände.
    »Sie haben gestritten. Weshalb?«
    Der Befragte biss sich auf die Unterlippe. »Ich wollte … über früher reden. Und ich wollte wissen … warum sie mich damals verlassen hat.«
    »Was hat sie geantwortet?«
    Johannes ballte die Fäuste. Schwieg.
    »Sie sind ein wichtiger Zeuge, Herr Beyer.« Ehrlinspiel sah, wie Johannes mit sich rang.
    »Sie wollte nichts dazu sagen.« Johannes verfiel erneut in Schweigen.
    Ehrlinspiel wartete. Schließlich fragte er: »Wollen Sie die Aussage verweigern? Das können Sie natürlich, wenn Sie sich damit selbst belasten würden.«
    »Nein, nein.«
    Er hakte seine Finger ineinander und begann stockend zu erzählen. Elisabeth habe ihn im Unklaren darüber gelassen, was sie einst zur Flucht veranlasst hatte, er habe gebettelt, sie möge doch endlich etwas sagen. Aber sie sei hart geblieben. Schließlich wurde er sauer, und es sei zu einem lauten Wortwechsel gekommen. Dann habe er die Frau und die Enge des Zimmers nicht mehr länger ertragen, musste an die Luft. Also war er hinausgegangen, Elisabeth hinterher, und sie waren ein paar Schritte gelaufen.
    Und dann, dachte Ehrlinspiel, hast du sie erschlagen, weil du sie noch immer begehrt hast, sie dich aber nicht rangelassen hat. »Sehe ich das richtig: Sie wollten Elisabeth nach zehn Jahren wieder zurückgewinnen?«
    Johannes nickte. Seine schmutzstarren Haare klebten wie Gips an seinem Kopf.
    »Also haben Sie ihr am Mittwochabend bei der
Heugabel
aufgelauert und gewartet, bis ihr Bruder Hermann, der sie vor Ihnen besuchte, ging?« Ehrlinspiel wusste, dass Suggestivfragen kein probates Mittel waren. Er fühlte sich plötzlich ausgelaugt. Immer konziliant bleiben, sagte er sich, stets taktisch versiert fragen.
    »Ja.«
    »Dann sind Sie mit ihr zur Rabenschlucht gelaufen und haben sie getötet.« Ehrlinspiel wollte den Tag – und den Fall gleich mit – hinter sich bringen.
    »Nein!« Johannes sprang auf. Die Naht seiner Hose löste sich am rechten Knie auf.
    »Es kann im Affekt passiert sein.« Eine klassische Verzweiflungstat. Auf Ehrlinspiels Tisch waren schon unzählige Tötungsdelikte aufgrund unerwiderter Liebe gelandet.
    »Nein!« Johannes’ Stimme wurde weinerlich. Sie erinnerte Ehrlinspiel an ein großes, trotziges Kind.
    »Wie war es dann?«
    »Wir waren nicht in der Schlucht. Nie mehr wären wir dorthin gegangen.«
    »Nie mehr? Was ist so schrecklich an der Rabenschlucht?«
    Johannes sah den Ermittler an. Seine Augen wirkten riesig hinter den dicken Gläsern. »Es ist nur … Die Schlucht bringt Unglück.«
    Ehrlinspiel kramte in seinen Gedanken. Hanna Brock hatte schon zwei Mal etwas von einer alten Gerichtsstätte gesagt. »Warum Unglück?«
    »Wegen dem Geist. Er holt sich Opfer. Sünder.«
    »Es spukt?« Ehrlinspiel verkniff sich ein Schmunzeln.
    »Ich war nicht dort!«
    »Aber Sie haben gesündigt? Und daher trauten Sie sich nicht hin?«
    »Ich habe Elisabeth nicht einmal angefasst.« Er presste eine Hand so fest um die andere, dass es knackte.
    »Weil sie schwanger war von einem andern?«
    »Ich werde doch selber bald Vater. Ich erschlage keine Schwangere.«
    »Woher wissen Sie denn, dass sie erschlagen wurde?«
    Der junge Bauer starrte Ehrlinspiel an. »Von meiner Schwester. Renate. Das mit dem Baby hat sie mir auch erzählt.«
    Ob ihm seine gepflegte Schwester auch schon einmal gesagt hatte, dass er sich öfter waschen sollte? »Wenn Sie Elisabeth nicht umgebracht haben, wann und wo haben Sie sich dann von ihr getrennt?«
    »An der Kreuzung, gleich rechts unten, wo die Pfarrgasse auf den Schwarzengrund trifft. Keine Ahnung, wann das war, aber nicht so spät, ich musste doch die Schafe noch füttern. Meine Frau kümmert sich um die Hunde, ich um die Schafe. Drei Kühe haben wir auch noch. Ich habe allen Heu in die Raufen geworfen und bin dann rein.«
    »Sie haben die Tiere versorgt und die hochschwangere Elisabeth alleine im Dunkeln zurückgehen lassen?«
    »Es waren doch nur ein paar hundert Meter!«
    Margarete war also der Grund, dachte Ehrlinspiel. Sie hatte die beiden nicht zusammen sehen sollen. Genauso wie die Dörfler in der
Heugabel
. Die Gerüchteküche hätte den Lästermäulern ein frisches Festmahl

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