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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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geboten. Einen prall gefüllten Kessel voller Mutmaßungen, in die sie ihre scharfen Zähne hätten schlagen können.
    Der Hauptkommissar beließ es dabei und fragte nach Elisabeths Jahren seit der Flucht. Darüber hätten sie gesprochen, bestätigte Johannes und nahm wieder Platz, blieb aber auf der Vorderkante des Sofas sitzen. Die Hände schob er unter die Oberschenkel, die nervös auf und ab wippten. Elisabeth habe an einem großen Berliner Kabarett gearbeitet. Als Chansonnière. Sie sei ausgesprochen erfolgreich gewesen, und so war ihr Traum vom Singen noch wahr geworden.
Auf, ab, auf und ab.
Ihr Mann sei Geschäftsführer einer internationalen Immobiliengesellschaft, ständig unterwegs und stinkreich. Er habe sie damals im Zug aufgegabelt, abgerissen und pleite, zunächst habe er sie nur aus Mitleid durchgefüttert, und irgendwann sei mehr daraus geworden. Sie konnte angeblich tun und lassen, was sie wollte. Er hat alles akzeptiert.
    Beyers Aussagen deckten sich mit den Erkundigungen, die Paul Freitag eingeholt hatte. Und sie passten auch zu Ehrlinspiels Eindruck, dass Elisabeth offenbar Männer bevorzugt hatte, die sich entweder nicht durchsetzen konnten oder das nicht wollten.
    »Ein Immobilienfuzzi ist eben was Besseres.« Johannes schob die Unterlippe vor. »Besser als ein Bauer.« Die Oberschenkel hielten in der Bewegung inne.
    Ehrlinspiel fixierte ihn.
    Johannes schluckte. »Sie war trotzdem eine tolle Frau, verstehen Sie mich nicht falsch.«
    »Wenn Sie sich zurückversetzen, wie haben Sie Ihre Beziehung in Erinnerung?«
    Er rieb sich die Augen unter der Brille. »Wie ein Wunder. Sie hat mich ausgewählt. Aus all den andern. Sonst hat mich nie eine angesehen. Ich konnte es nicht glauben. Ich habe alles für sie getan.«
Auf, ab, auf und ab.
    Vermutlich hat Elisabeth den Ton angegeben, dachte Ehrlinspiel, und du hast ja und amen zu allem gesagt. Ähnlich wie später ihr Ehemann. Als sie das Dorf verließ, hat es dich aus der Bahn geworfen. Hast dich gehenlassen und sitzt jetzt hier mit fettigen Haaren und muffigen Kleidern, aufgedunsen, in einem scheußlichen Wohnzimmer und mit einer Frau, die du wahrscheinlich nicht einmal liebst.
Der hat Elisabeth nie loslassen können,
hatte der Wirt es formuliert.
    Ehrlinspiel blickte auf die grobschlächtigen Hände Beyers. Hatte er sich zu lange zu viel gefallen lassen und war dann zornig geworden wie ein Kind, das nicht bekam, was es wollte? Lauerte in diesem Mann diese explosive Mischung aus Enttäuschung, jahrelanger Demütigung und unbändiger Wut?
    »Eine letzte Frage, Herr Beyer. Was meinten Sie mit dem Satz, Sie wüssten nicht, was Sie täten, wenn Elisabeth zurückkäme?«
    »Wer hat Ihnen das erzählt?« Johannes kam sofort wieder auf die Beine, und Ehrlinspiel sah, wie eine Ader an seinem Hals zu pochen begann.
    »Ein Zeuge.«
    »Das war doch garantiert Willi. Der hatte doch nie etwas anderes im Sinn, als mit Elisabeth ins Bett zu steigen. Und jetzt –«
    »Jetzt war sie plötzlich wieder da. Also, was haben Sie getan?«
    »Nichts! Okay, ich war sauer. Aber ich hätte sie nie umgebracht. Ich hab sie doch geliebt. Immer noch.« Er senkte den Kopf. »Mehr als alles auf der Welt.«
    Kein Wunder, dass seine Ehefrau eifersüchtig war. »Wer käme Ihrer Ansicht nach als Täter in Frage?«
    Johannes’ Kinnmuskeln spannten sich an. »Ich muss nach Margarete sehen. Sie kann Ihnen bestimmt auch sagen, wann ich am Mittwoch wieder zu Hause war.«
    »Sie haben jemanden in Verdacht, nicht wahr?«
    »Warum sind Sie eigentlich so gegen mich? Ich hab niemandem etwas getan.« Er ging zur Zimmertür. Sein Gang erinnerte Ehrlinspiel an einen Erpel. Wenn sie wollten, konnten die Viecher ziemlich aggressiv auf Konkurrenten einbeißen. Erst vor kurzem hatte er im Freiburger Stadtgarten gesehen, wie sich in einer stiebenden Federwolke ein Entenmann im Hals eines anderen verbissen hatte.
    »Sie haben ein Motiv, direkt vor dem Mord mit dem Opfer gestritten und kein Alibi.«
    »Ich war’s trotzdem nicht!« Johannes öffnete die Tür. Direkt davor stand seine Frau, die Hände um den Bauch gelegt.
    »Die ›Tagesschau‹ hatte schon begonnen. Du warst um sechs nach acht hier«, zischte sie.
     
    Wieder auf der Straße, holte Ehrlinspiel tief Luft. Noch immer goss es in Strömen, und die Temperaturen waren deutlich gefallen. Er dachte an sein Zimmer in der
Heugabel,
klappte den Mantelkragen hoch und ging nach Norden bis zu der Kreuzung, an der sich Johannes angeblich von Elisabeth

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