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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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selbst der Vater sein darf, dann soll es auch kein anderer sein. Also vernichtet er, was ihm selbst verwehrt geblieben ist, nämlich das Kind von Elisabeth.«
    »Weitere Ideen?« Sie setzten ihren Weg fort.
    »Um den Verdacht auf jemand anderen zu lenken? Auf Bruno? Der hat doch sicher Messer für die Pflanzen. Und Baumscheren. Schnipp, schnapp.« Sie sah Ehrlinspiel nachdenklich an. »Wissen Sie schon, mit was für einem Werkzeug das Baby entfernt wurde?«
    »Betriebsgeheimnis.«
    Egal, sie würde es schon herausfinden. Nur nicht gleich zu aufdringlich werden. »Ein seltsames Dorf«, zog sie sich auf einen Allgemeinplatz zurück. »Die Leute starren einen an wie eine Außerirdische.«
    Er musterte sie. »Das sind Sie für die Leute auch. Viele Dörfer sind so. Etwas engstirnig manchmal und eingeschworen. Ich bin auch zum Teil auf dem Land groß geworden.«
    »Auf einem Bauernhof?« Sie lachte. »Ich wusste als Kind nur aus Büchern, wie eine Kuh überhaupt aussieht.«
    »Nein, kein Hof. Eine normale, einfache Wohnung. Später sind wir mit einer Nachbarsfamilie in ein Haus in Freiburg gezogen. Mein Vater war schneller in der Schreinerei, die anderen Erwachsenen im Büro und der Nachbarssohn und ich in fünf Minuten im Gymnasium.«
    Sie hatten die Kreuzung erreicht und bogen links in die Kirchstraße ab. »Wohnen die Familien noch zusammen?«
    »Nein, meine Eltern leben in einer Alten- WG im Grünen.«
    »Aha.« Das wäre etwas für meinen Vater, dachte sie sarkastisch. Feindbild Anarchismus. Wohngemeinschaften. Linke Störenfriede. »Sind Sie glücklich in der Stadt?«
    »Ich bin zumindest dort geblieben.«
    Hanna schwieg einen Moment. Sie konnte sich ein Leben ohne Einkaufspassagen, Cafés und quirliges Straßenleben nicht vorstellen. Aber sie kannte es auch nicht anders. »Und der Nachbarsjunge? Ist der zu den ländlichen Wurzeln zurückgekehrt?«
    Ehrlinspiel beschleunigte seine Schritte und blickte fest auf den Weg. »So etwas Ähnliches.«
    »Besuchen Sie ihn manchmal?«
    Er hob die Schultern. »Ja.«
    »Männerfreundschaften.« Hanna lachte. »Die halten ewig, nicht wahr?«
    Der Ermittler fixierte sie mit einem unergründlichen Blick. »Ich muss mein Frühstück nachholen.«
    »Komischer Typ«, sagte Hanna vor sich, als er davonging.
    Unschlüssig, wo sie als Nächstes nach Material für die schwarze Route suchen sollte, blätterte sie in ihrem Notizbuch.
Sina
war eines der Stichwörter, die sich auf den Seiten mit den Infos des Wirts drängten. Willi war in dieser Hinsicht eine super Quelle. Sie schmunzelte zufrieden.
     
    »Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle«, sagte Sina eine Viertelstunde später und fuhr sich durch die stumpfen Locken. »Es geht mir nicht so. Sie wollen das sicher alles gar nicht hören.«
    Oh doch, und wie ich das alles hören will, dachte Hanna aufgeregt. Ihr fiel Sinas rauhe Haut auf. »Erzählen Sie, was Ihnen angenehm ist. Und so, wie es Ihnen guttut.« Das Küken würde ihr wahrscheinlich nach drei Sätzen zusammenbrechen.
    Als die Redakteurin Sina am Spätnachmittag verließ, wusste sie, wie falsch sie mit der Annahme, Sina sei zu fragil, gelegen hatte. Und frohlockte, dass ihre Theorie und Erfahrung sich abermals bewahrheitet hatten: Deprimierte Menschen vertrauten ihr Leid oft Außenstehenden an. Die waren danach wieder weg, und man lebte weiter in seinem gewohnten Umfeld, ohne dass jemand mit dem Finger auf einen deutete und sagte: Da, schau, die da …
    »Wenn Sie nicht mehr reden wollen, hören Sie einfach auf.« Hanna hatte sich neben Sina gesetzt, die auf eine Obstkiste gesunken war.
    »Okay«, hatte Sina erwidert. Dann hatte sie erzählt.

[home]
13
    F innja war wirklich ein verrücktes Huhn.
    Ehrlinspiel schloss die E-Mail, die ihm seine Zwillingsschwester aus einem Internetcafé in Aix-en-Provence geschickt hatte.
    Mutterseelenallein radelte sie durch Südfrankreich. Im Winter! Vor drei Tagen hatte sie sich männliche Begleitung angelacht – einen englischen Künstler und Aussteiger –, und wie es schien, war sie wieder einmal bis über beide Ohren verliebt. Darin war sie gut: von null auf hundert in den siebten Himmel. Und ebenso schnell wieder runter. In puncto Beziehungen schlug sie sogar ihren Bruder um Längen. Ansonsten ähnelten sich die unkonventionelle Finnja, die von Gelegenheitsjobs lebte, und Moritz nur wenig. Finnja genoss ihre Freiheit und das Umherziehen, und wenn sie zu Hause war, reparierte sie alles, was anfiel. Sie war es auch

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