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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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sich selbst erschrocken, sie zu besänftigen.
    Ehrlinspiel eilte zur Straße. Den Kerl würde er sich noch heute ein zweites Mal vorknöpfen.
    Am Ende des Schwarzengrunds schob Bertha Weber gerade das Fahrrad auf ihn zu.
    Johannes sah wahrhaft nicht aus wie ein Dorfcasanova. Doch er verheimlichte etwas. War außerdem brutal. Auch plante er irgendetwas – und hatte einen Mitwisser. Bestand Fluchtgefahr? Verdunklungsgefahr? Konnte er eine vorläufige Festnahme rechtfertigen, um ihn in der Polizeidirektion auseinanderzunehmen?
    »Der Herr Stadtpolizist.«
    »So, fast zu Hause?« Ehrlinspiel rügte sich im Stillen für seinen Tonfall. Warum sprach man mit Alten oft wie mit kleinen Kindern?
    »Sie sollten das schleunigst in Ordnung bringen.«
    »Hm?«
    »Das waren doch Sie, oder nicht?«
    Ehrlinspiel kramte in seinem Gedächtnis, fand aber nichts, was er falsch gemacht hatte.
    »Jemand hat Brunos Gewächshaus betreten. Seine Welt hat einen Riss bekommen.«
    Sein kleiner nächtlicher Ausflug in die Tropen?
    »Gehen Sie zu ihm. Die Zeit wartet nicht auf Sie.«

[home]
12
    E r brüllte wie ein verwundetes Tier. Mit einem Spaten hieb er auf den Boden ein, stampfte, schlug mit dem Spatenblatt gegen die Hauswand, bis der Putz in großen Brocken herabfiel, trat gegen eine Gießkanne, stach in die Luft, focht wie ein einsamer Krieger gegen ein unsichtbares Heer.
    Von der Hausecke aus beobachtete sie das seltsame Schauspiel. Unbändiger Zorn schien den Mann erfasst zu haben. Doch Hanna Brock sah nichts, was seine Wut ausgelöst haben mochte.
    »Hallo?«, fragte sie vorsichtig.
    Mit der Spatenblattkante hackte der Mann nun auf die Gießkanne ein. Sein Brüllen ging in ein durchdringendes Wimmern über.
    »Hallo, ist alles in Ordnung?«, rief sie lauter und dachte: blöde Frage.
    Das grüne Plastik zersprang, der Spaten krachte erneut gegen die Hauswand. »Schnipp!«, schrie der Mann. »Schnapp!« Schließlich brach das Blatt mit einem hölzernen Krachen vom Stiel. »Ab, ab!« Er schleuderte das runde Holz brüllend am Gewächshaus vorbei, dessen Tür offen stand und wohin er jetzt starrte.
    Hanna wagte sich aus ihrer sicheren Distanz. »Hallo?« Das musste der verrückte Bruder des Opfers sein, den Willi beim Frühstück erwähnt hatte. Bruno.
    Er riss den Kopf herum, blickte sie mit großen Augen kurz an und rannte mit fast hüpfendem Gang in das Gewächshaus.
    Hanna lauschte. Kein Ton war mehr zu hören. Nur zwitschernde Vögel, die sich wie sie über die paar Sonnenstrahlen freuten. Langsam näherte sie sich dem Gewächshaus und spähte in sein Inneres. Fasziniert blieb sie in der Tür stehen.
    Eine exotische Insel, ein Meer von Farben und Düften breitete sich vor ihr aus. Sie schnupperte und fühlte sich wie eingehüllt in eine Wolke teurer Parfüms.
    »Herrlich«, murmelte sie und betrachtete die prächtigen Blütenkreise. Jeder Ring hatte eine andere Farbe, und alle waren aufeinander abgestimmt: Orange wechselte mit Goldgelb, Rot mit Violett. Dazwischen schmiegten sich zarte weiße Blüten mit riesigen Stempeln. Die Formen reichten von langen Kelchen über Blüten mit Fransenrändern bis hin zu dicht gefüllten Kugeln. Direkt neben dem Eingang hingen Zweige mit traubenartigen Blüten herab, von denen sich einer auf Hannas Schulter gelegt hatte.
    »Was willst du denn hier?«, sagte sie und staunte über das kleine Wunder. Jede Blüte breitete fünf sternförmige Blätter aus, leuchtend gelb in der Sonne und mit purpurnen Sprenkeln darin. Ein sechstes Blütenblatt hing wie eine Zunge nach unten, war zur Mitte hin dunkelviolett und lief am Rand weiß aus.
    Mit zwei Fingern hob Hanna den Zweig von ihrer Jacke. »Du schaust mich ja fast schon an«, dachte sie, und als sich hinter großen Kübeln etwas regte, merkte sie, dass sie laut gesprochen hatte. Augenblicklich schämte sie sich. Sie musste ja wie eine vereinsamte alte Jungfer wirken, die Selbstgespräche führt.
    »Miltonia clowesii«, kam es schnell und abgehackt hinter großen Stauden hervor.
    »Was sagten Sie?« Hanna trat auf den inneren Plattenweg.
    Augenblicklich stieß der Mann, den sie nun hinter den Kübeln kauernd erkannte, spitze Schreie aus.
    Erschrocken wich sie zurück. »Keine Angst, ich mache nichts kaputt. Ich bewundere nur Ihr botanisches Meisterwerk.« Falls der Mann überhaupt dessen Schöpfer war.
    Wieder wurde es still.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Die Sonne verschwand hinter aufziehenden Wolken.
    »Haben Sie sich diese wunderschönen

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