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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Tun Sie einfach, was ich Ihnen gesagt habe«, befahl er und ging zielstrebig zum Stall.
    Die Männer drehten sich zu ihm. Im Hintergrund telefonierte Evers.
    »Wo ist das Schwein?«, fragte ein Wieselgesicht unter seiner Kapuze. In der Hand hielt der Mann eine Mistgabel. Taschenlampen erhellten die Szene.
    Im Dorf, dem Kessel, braute sich gewaltig etwas zusammen. »Sie meinen Herrn Beyer?«
    »Seine Kuh kalbt. Sie lassen
uns
deswegen holen. Der Dicke hat sich doch verpisst. Oder wo ist er?«
    »Mörder!«, geiferte ein Älterer. »Den holen wir uns.«
    Selbstjustiz,
schoss ihm Evers’ Bemerkung durch den Kopf. »Das sollten Sie besser der Polizei überlassen. Wir haben bereits alle Maßnahmen getroffen.«
    Das Wieselgesicht reckte angriffslustig das Kinn vor. »So? Wo denn? Sie hängen tagelang bei uns herum, und nichts passiert. Tun Sie endlich was. Wir zahlen schließlich Steuern für Ihr Gehalt.«
    Im Stall klapperte es laut.
    »Maßnahmen! Pah!« Ein Mann mit riesiger Nase stieß mit einem Rechen auf den Boden. »Wir nehmen das selbst in die Hand. Mach hin, Walter!«, brüllte er in den Stall.
    »Keine Panik, Geier!«, kam es von innen zurück. Aus dem Augenwinkel sah Ehrlinspiel zur vorderen Box. Auf dem Boden lag ein schwarz-weißes Kalb. Ein Mann, der Walter sein musste, wischte ihm Schleimreste von der Schnauze und machte sich am Nabel zu schaffen. Das Muttertier lag müde auf der Seite, während das Kalb den Kopf hob, die Beine unter den Leib zog und erste Aufstehversuche unternahm. »Wir können gleich«, sagte Walter und füllte einen Eimer Wasser für die Kuh. Er trat zu der Gruppe heraus und wischte sich die Hände an der Hose ab.
    »Los!« Das Wieselgesicht schwenkte auffordernd die Mistgabel.
    »Einen Moment!« Ehrlinspiel stellte sich vor die Gruppe, genau in die Mitte des kurzen Feldwegs, der den Hof der Beyers mit dem Schwarzenbruch verband. Taschenlampen richteten sich auf ihn, und er blinzelte. »Wir haben spezielle Suchtrupps angefordert. Wenn Sie Johannes Beyer suchen wollen, kann ich Sie nicht daran hindern. Aber wenn Sie ihm auch nur ein Haar krümmen, werde ich jeden Einzelnen von Ihnen durch die Mühlen der Justiz drehen.«
    »Hört an«, lachte der Geier sarkastisch.
    Die anderen schwiegen.
    »Und wer von Ihnen«, setzte Ehrlinspiel nach, »ist sich denn sicher, dass Beyer der Mörder ist?« Evers stand nun hinter den Männern, und er verließ sich auf ihre Hilfe – notfalls auch auf die ihrer beider Dienstwaffen. »Wer weiß, ob der Täter nicht mitten unter uns ist? Und Beyer vielleicht ein neues Opfer?« Die Männer sahen sich gegenseitig an, und Ehrlinspiel überlegte, ob er, der Fremde, nun einer Bewährungsprobe unterzogen wurde. Ob sie abwogen. Ihn dann entweder lynchen oder akzeptieren würden.
    »Lass uns in Frieden, Bulle«, krakeelte der Geier.
    »Von uns war’s keiner«, sagte das Wieselgesicht rauh, doch seine zusammengezogenen Brauen, unter denen sein misstrauischer Blick über die Runde huschte, strafte seine Selbstsicherheit Lügen. Hinter ihm registrierte Ehrlinspiel das Kalb, das nun neben der Mutter stand. Auch sie hatte sich erhoben und bugsierte das Neugeborene sanft zu ihrem Euter.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Ehrlinspiel. »Wir suchen jetzt gemeinsam die Umgebung ab. Jeden Winkel. Sie kennen sich aus. Das hilft uns Bullen enorm.« Ein scheinbares Verbünden war sicher keine schlechte Taktik. Bloß nicht vom Mob provozieren lassen. »Sollten wir ihn finden, überlassen Sie ihn mir. Er wird seiner Strafe nicht entgehen, wenn er schuldig ist, glauben Sie mir. Falls wir vergeblich suchen, durchkämmt unsere Verstärkung morgen früh alles noch einmal. So lange, bis wir ihn haben.«
    Der Regen prasselte auf das Ölzeug der Männer. Sekundenlang regte sich keiner.
    Dann schloss Walter der Bärtige wortlos die Stalltür und stapfte an der Gruppe vorbei. Einer nach dem anderen setzte sich nach ihm in Bewegung. Am Ende des Trupps gingen Ehrlinspiel und Evers. Auf dem Schwarzenbruch angekommen, zog der Geier die Kapuze tiefer in die Stirn. »Verräter«, zischte er zu seinen Genossen und verließ die Gruppe. Der Rest besprach sich, wer wo anfangen sollte. »Gut«, schloss Ehrlinspiel den skurrilen Kriegsrat. »Dann lassen Sie uns losgehen. Und keinerlei Waffen!«
    Er konnte sich Angenehmeres vorstellen, als mit einem Pulk rachsüchtiger Bauern eine Nacht im Regen und Matsch herumzustiefeln. Aber es war besser, als tatenlos auf die Suchtrupps zu

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