Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
nach Alternativen zu suchen.
Also, was für Möglichkeiten blieben ihr hier? Die Reaper wollten sie nicht umbringen – das würde eine Schreckensherrschaft über sie hereinbrechen lassen, sie hätten haufenweise Ermittler am Hals und stünden ab sofort unter ständiger Beobachtung, woran ihnen keinesfalls gelegen war. Der ganze Aufmarsch hier war vielmehr eine Botschaft, sie führten sich dabei auf wie ein Gorilla, der sich auf die Brust trommelt, um unerwünschte Konkurrenten zu vertreiben.
Aber um was wetteiferten sie mit ihr? Um Lena?
Weshalb?
Die Fußsoldaten würden ihr diese Frage nicht beantworten können. Poppy vielleicht schon. Also musste sie aus dem Wagen aussteigen.
Die Frage war nur, ob sie den Wolf im Schafspelz geben sollte oder umgekehrt. Diese Männer waren es gewohnt, Frauen wie Eigentum zu behandeln. Sollte sie sich dementsprechend duckmäuserisch und sanft geben? Gestern Abend hatte sie sich und Paul so aus einer unangenehmen Lage befreit.
Oder gab sie ihrer Wut nach und ging direkt auf sie los?
Da kam ihr eine Idee. Die Rocker spielten nach ihren eigenen Regeln – und sie erwarteten von Caitlyn dasselbe, also dass sie sich wie eine FBI -Agentin verhielt. Demnach kam Angriff nicht infrage, ihr wäre nur erlaubt sich zu verteidigen.
Während sie den Schlagstock aus der Manteltasche zog, schaute sie nacheinander in alle Spiegel, außerdem sorgte sie dafür, dass die Glock sich nicht im Mantel verfangen konnte. Das musste reibungslos ablaufen.
Ein paar Reaper stiegen von ihren Maschinen ab, darunter auch der grüne Riese, dessen liebevoll restaurierte Harley hochwertige Lackierungen zierten, inklusive einer nackten Blondine namens DeeDee.
Es wurde höchste Zeit, dass sie denen mal zeigte, wozu sie fähig war.
26
Das Büro des Sheriffs leuchtet mir ja noch ein, dachte Goose, der sich an Tierneys Subaru gehängt hatte. Aber am Morgen des Rennens zu Poppys Haus zu fahren, nachdem gerade der oberste aller Reaper eingetroffen war?
Die Frau war entweder verrückt geworden oder hatte Todessehnsucht.
Er raste die Auffahrt zu Poppys Haus hinauf und hoffte, dass er noch rechtzeitig eintreffen würde, um herauszufinden, was in sie gefahren war. Nicht, dass es ihn ernsthaft gekümmert hätte. Er musste sich auf das Geld konzentrieren. Drei Millionen in bar. Das war wirklich ein schönes Sümmchen. Da das Geld aus illegalen Drogen- und Waffengeschäften sowie aus dem Rotlichtmilieu stammte, war es so gut wie nicht nachzuverfolgen.
Neben all den Motorradrennen und Partys hatten Poppy und Caruso da ein gut geöltes Unternehmen aufgebaut. Es war fast schon schade, da Sand ins Getriebe zu streuen. Aber bei drei Millionen konnte er sich die Gelegenheit einfach nicht entgehen lassen.
Als Goose bei Poppys Haus ankam, sah er, dass auch Tierney den Betrieb heute gehörig aufmischte. Die Daytona-Reaper, die sich mit einer Nachtfahrt, bei der es hoch hergegangen war, auf den Poker Run eingestimmt hatten und gerade erst hier eingetroffen waren, hatten sie eingekreist. Er hielt sich zurück, um zu sehen, wie sie aus der Nummer wieder rauskommen wollte.
Eines musste man der FBI -Agentin lassen. Langweilig wurde es mit ihr nie.
Einer von den Daytona-Jungs, der aufgrund seines massiven muskelbepackten Körpers den Spitznamen Tiny abbekommen hatte, stieg von seiner Maschine und ging schwerfällig auf Caitlyns Wagentür zu. Tierney wartete nicht erst, bis der Reaper bei ihr war. Stattdessen stieß sie die Fahrertür auf und sprang mit einem Satz aus dem Wagen. Tiny blieb stehen und scheuchte die anderen Reaper zurück. Caitlyns gezückte Waffe machte ihm wohl kaum so viel Angst – er wollte sich lediglich etwas Spielraum verschaffen.
Caitlyn starrte ihm direkt in die Augen. Tiny lächelte nur und wiegte den Kopf hin und her, in der kalten Luft kam ihm der Atem in weißen Wolken aus dem Mund. Er sah aus wie ein Büffel, der gleich auf seinen Widersacher losgeht.
Mit einer schnellen Drehung des Handgelenks fuhr sie einen Schlagstock aus. Jetzt hatte sie eine größere Reichweite, wenngleich Tiny sie um dreißig Zentimeter überragte. Sie lächelte ebenfalls. Weshalb lächelte sie nur? Es war ein echtes Lächeln, keine gespielte Tapferkeit, wie er daran erkannte, dass sich ihre Grübchen zeigten.
Sie ließ den Knüppel wie eine Peitsche in der Luft schnalzen, dann trat sie einen Schritt nach rechts – und er hatte seine Antwort.
»Noch einen Schritt und ich puste DeeDee die Zylinderkopfdichtung weg.« Sie
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