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Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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zog überrascht die Brauen hoch. »Obwohl, jetzt wo du es sagst, macht es wohl Sinn. Wir nehmen ihn trotzdem mit, man kann schließlich nie wissen.« Zu meinem Erstaunen blickte meine Großmutter kein einziges Mal zurück, als wir zum Wagen gingen.
    »Du fährst«, sagte sie, als ich, ohne darüber nachzudenken, auf der Beifahrerseite einsteigen wollte. »Ich spiele das Navigationssystem. Es ist mir zu gefährlich, nur mit einer Hand zu fahren, und das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist ein Unfall.«
    Vor drei Monaten wäre ich noch völlig aus dem Häuschen gewesen bei der Aussicht, Loreleis Porsche fahren zu dürfen. Jetzt löste der Gedanke eher Unbehagen in mir aus. Ich war mit der Erwartung nach Hause gekommen, dass meine Großmutter mit ihrem zupackenden und gebieterischen Wesen mein Leben wieder in Ordnung bringen würde. Als sie mir jetzt aber den Schlüssel ihres geheiligten Sportwagens in die Hand drückte, vollzog sie damit einen Rollentausch, für den ich mich noch nicht wirklich bereit fühlte.
    Als Pat uns auf das Tor zurollen sah, kam er heraus und betrachtete sichtlich überrascht den vollgepackten Wagen. »Sie verreisen, Mrs Gilbert?«
    »Mein Arzt hat mir eine kleine Auszeit empfohlen«, antwortete sie. »Neuengland ist im Sommer einfach herrlich, und meine Enkelin, das gute Kind, opfert ihre Ferien, um mich zu begleiten und mir Gesellschaft zu leisten.«
    »Ich werde ein Auge auf Ihre Wohnung haben, während Sie weg sind«, versicherte Pat. »Und ich wollte Sie noch wissen lassen, dass wir die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt haben. Ich werde es mir nie verzeihen, dass ich diesen Mann zu Ihnen gelassen habe, Mrs Gilbert. Ich hätte misstrauischer sein sollen und ihn überprüfen müssen.«
    »Geben Sie nicht sich die Schuld, Pat«, entgegnete Lorelei. »Selbst wenn Sie ihn gründlich gecheckt hätten, Sie hätten bestimmt nichts Auffälliges festgestellt.«
    Pat kehrte in sein Häuschen zurück, nickte uns ein letztes Mal zu, als er das Tor öffnete, und blickte uns dann mit einem verwirrten Ausdruck hinterher.
    »Er hält uns wahrscheinlich für verrückt, weil wir so spät noch losfahren«, sagte ich, nachdem wir das Tor passiert hatten und ich auf die Straße bog.
    Lorelei zuckte mit den Achseln. »Gut möglich, aber daran können wir nichts ändern. Hauptsache er sagt, dass wir nach Neuengland gereist sind, wenn ihn jemand fragt.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Wir liegen gut in der Zeit, es ist erst halb neun. Wir sollten es heute Nacht bis nach North Carolina schaffen. Vorher müssen wir aber noch an einem Geldautomaten halten und uns mit Bargeld eindecken, weil wir unterwegs auf keinen Fall meine Kreditkarten benutzen dürfen.«
    Als ich kurz darauf im Wagen auf Lorelei wartete, die ein paar Meter weiter an einem Automaten Geld abhob, hatte ich auf einmal das Gefühl, dass uns jemand beobachtete. Ich konnte mir meine plötzliche Unruhe nicht erklären, spürte aber einen undefinierbaren Druck zwischen den Schulterblättern, als wäre ein kalter, greller Lichtstrahl darauf gerichtet. Unwillkürlich drehte ich mich um und suchte durch das Heckfenster die Umgebung ab, doch bis auf unseren Wagen war der gut beleuchtete Parkplatz vor Norwood Savings leer.
    Wahrscheinlich litt ich einfach unter Verfolgungswahn, was in Anbetracht der Umstände auch kein Wunder wäre. Meine Rückkehr hatte sich in der kurzen Zeit, in der ich hier war, unmöglich herumsprechen können, und Lorelei hatte bereits bewiesen, dass sie nichts wusste. Trotzdem war ich unglaublich erleichtert, als meine Großmutter wieder in den Wagen stieg und wir uns in den Freitagabendverkehr einfädeln und darin untertauchen konnten.
    Loreleis Vorhersage, dass wir es noch in der Nacht nach North Carolina schaffen würden, erwies sich als Wunschdenken. Wir waren ungefähr drei Stunden unterwegs, als der anstrengende Tag seinen Tribut forderte und ich mir eingestehen musste, dass ich dringend eine Pause brauchte. Wir waren immer noch in Virginia, als wir in Petersburg ein Motel anfuhren, wo ich mit Porky im Porsche wartete, während Lorelei uns anmelden ging. Der schlaftrunkene Nachtportier hinter der Rezeption blinzelte überrascht, als Lorelei das Zimmer bar bezahlte. Anschließend reichte er ihr zwei Schlüssel, worauf sie ihm einen davon wiedergab und eine Frage stellte, die er mit einem Nicken beantwortete.
    Als sie wieder neben mir saß, dirigierte sie mich auf den Parkplatz hinter dem Motel und ließ mich vor

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