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Schweig wenn du sprichst

Schweig wenn du sprichst

Titel: Schweig wenn du sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roel Verschueren
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wie viel Zeit sie miteinander verbrachten, und er hat dazu nie etwas gesagt. Ein Jahr nach der Befreiung haben sie geheiratet.«
    Maaike legte das Foto auf den Tisch und wandte sich an Victor: »Aber erzähl mir lieber, wie es bei dir läuft!«
    »Bei mir ist alles okay «, sagte er. »Aber meine Mutter hat mir erzählt, dass du gesundheitliche Probleme hast.«
    »Ach, Martha. Sie übertreibt immer. Sie macht aus allem und nichts ein Drama«, schob sie die Bemerkung beiseite. »Ich bin alt und verbraucht, das sieht ein Blinder, und ich bin sehr schlecht zu Fuß, aber ich liege noch nicht unter dem Rasen.«
    »Ich wusste nicht, dass du noch so viel Kontakt zu meiner Mutter hast«, sagte Victor.
    »Viel Kontakt, viel Kontakt. Es ist unmöglich, mit Martha viel Kontakt zu haben. Seit dein Vater gestorben ist, kann man nichts mehr mit ihr anfangen. Sie hat sich eingeschlossen in ihrer ›Festung‹ und tut so, als sei der Rest nichts wert. Ich höre nichts von ihr. Monatelang. Und dann auf einmal ein Anruf, als sei sie gestern noch bei mir gewesen. Nein, Junge, Martha und ich waren nie gute Freundinnen. Das war schon schwierig, als sie noch auf dem Bauernhof wohnte.«
    »Meine Mutter hat auf dem Bauernhof gewohnt?«, fragte Victor erstaunt.
    »Als dein Vater weggegangen ist, kreuzte sie hier weinend mit ihren Koffern auf und wir sind sie nicht mehr losgeworden, bis er zurück war. Es wurde schlimmer, nachdem sie verheiratet waren. Albert arbeitete hart, war erfolgreich, verdiente sehr viel Geld. Wenn sie zu uns zu Besuch kamen, war es, als ob der König und die Königin vorbeikommen. Alles musste picobello in Ordnung sein. Wir haben unsere besten Sachen getragen und mein Vater hat mir erzählt, dass Albert immer mit Geschenken und Umschlägen für seine Eltern, seine Brüder und Schwestern kam. In diesen Umschlägen steckte sehr viel Geld. Und Martha verteilte sie sehr gerne.«
    »Ich habe gestern bei ihr zu Hause einen Teil eines Briefes von jemandem gefunden, der von seinem Aufbruch schreibt. Der Brief ist vom März 1942. Ich habe Vaters Handschrift erkannt, aber meine Mutter behauptet, der Brief sei von ihrem Bruder. Weißt du mehr darüber?«
    »Ich weiß, dass einer ihrer Brüder am Beginn des Krieges nach Frankreich geflohen ist. Ging es darum?«, fragte Maaike.
    »Nein, er handelte von jemandem, der nach Österreich gegangen ist.«
    »Dein Vater ist nach Österreich gegangen. Ich glaube nach Wien. Ich habe Charles noch gesagt, dass die Welt doch seltsam ist. Du wohnst ja jetzt auch in Wien.«
    »Kann es Graz gewesen sein?«
    »Das weiß ich nicht, Junge. Und was er dort gemacht hat, weiß ich auch nicht. Ich war damals noch so jung.«
    »Wie alt warst du denn?«, fragte Victor.
    »Nun, dein Vater war der Älteste zu Hause und ich war die Jüngste und wir waren zu neunt, also kann man sich ausrechnen, wie alt ich war, denn etwa alle zwei Jahre kam ein Kind auf die Welt.«
    »Wieso wart ihr zu neunt? Es waren doch nur acht Kinder?«
    »Ja, eins ist bei der Geburt gestorben, und unsere Mutter hat es trotzdem immer mitgezählt. Das ist auch einer von uns, hat sie gesagt. Für sie waren es also neun und wir haben das immer so von ihr übernommen.«
    »Dann warst du gerade mal acht, als er wegging. Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht an besonders viel erinnern aus der Zeit, als ich acht war.«
    »Ich schon, aber was ich gerade erzähle, habe ich eigentlich immer von unserem Vater gehört, wenn wir ihn danach gefragt haben. Und das ist so ungefähr alles, was ich darüber weiß, Junge.«
    »Hast du noch Fotos von meinem Vater von damals?«
    »Als dein Großvater gestorben ist, haben wir beschlossen, alles zu sammeln und einem der Kinder zur Aufbewahrung zu geben. Die Sachen liegen bei der Tochter von Tante Filomeen, aber die wohnt jetzt in Deutschland. Vielleicht solltest du sie einmal besuchen, das ist für dich näher.«
    »Ich wollte vor allem dich sehen, bevor ich wieder wegfahre«, sagte Victor. »Und dir ein paar Fotos von Lilly und Moira zeigen. Aber es stimmt, ich sollte mal bei ihr vorbeifahren. Ich werde ihr schreiben.«
    »Bist du glücklich, Junge?«
    »Ich bin glücklich, Tante. Mit diesen beiden Frauen geht das doch gar nicht anders«, sagte Victor und zeigte auf das Foto, das Maaike in der Hand hielt.
    Maaike legte das Foto hin und sagte plötzlich: »Mein Gedächtnis lässt mich immer mehr im Stich, aber warum Albert weg wollte, weiß ich noch gut. Er wollte weg vom Bauernhof. Es war ihm alles zu

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