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Schweig wenn du sprichst

Schweig wenn du sprichst

Titel: Schweig wenn du sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roel Verschueren
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verließ die Küche.
    »Er ist ein bisschen aus dem Konzept«, sagte Lilly. »Das war das erste Mal, dass er sich geschlagen geben musste.« Sie sammelte die Sachen von Moira zusammen.
    »So, ich bringe jetzt unsere kleine Maus hier ins Bett, und wenn ich nicht wiederkommen sollte, dann bin ich mit ihr eingeschlafen. Lass mich einfach liegen. Ich bin müde. Danke, Mama, für das Abendessen. Es war wunderbar. Gibst du Oma noch ein Küsschen?«, fragte sie Moira. Lilly gab Victor einen Kuss und ging nach oben.
    »Sie sieht gut aus«, sagte Katharina, die mit dem Abwasch anfing.
    »Ja, sie wächst schnell, spricht ihre ersten Worte und ist nicht mehr verlegen. Es ist angenehm, dass sie immer lieber auch bei anderen auf dem Arm sitzt«, sagte Victor.
    Katharina lachte laut. »Ich meinte eigentlich Lilly«, sagte sie.
    »Oh, tja … Ich hoffe, dass sie nicht mehr wächst, und sie hat sicher ihre letzten Worte noch nicht gesprochen«, lachte Victor.
    »Möchtest du Kaffee?«
    »Nein, danke. Ich trinke mein Bier aus und gehe dann auch nach oben. Ich bin müde.«
    »Was ich meine, ist, dass sie ruhiger, glücklicher und entspannter aussieht, und das hat viel mit dir und Moira zu tun.«
    »Danke. Aber ich glaube, Lilly hat nie ihr Glück bei anderen gesucht. Sie ist einfach sehr im Reinen mit sich selbst, und wir sind höchstens die Kerze auf der Torte.«
    »Wann geht ihr deine Mutter besuchen?«
    »Eigentlich ist das noch nicht geplant, aber ich weiß, dass wir nicht mehr lange warten können.«
    »Jetzt könntet ihr doch schon fliegen, oder ist das noch zu früh?«
    »Es gibt Eltern, die mit sechs Wochen alten Babys fliegen, Katharina. Daran liegt es nicht.«
    »Ihr werdet schon einen guten Grund haben.«
    Er sah an Katharinas Haltung, dass sie gespannt auf seine Reaktion wartete. Er war verwirrt und strich sich durch die Haare. Er ging zur Anrichte und nahm ein Glas Wasser. »Wenn ich jetzt darüber nachdenke«, sagte er nach einer Weile, »haben wir eigentlich eher einen schlechten Grund dafür. Meine Mutter und ich liegen in letzter Zeit etwas im Clinch. Ich weiß nicht, wie viel Lilly dir erzählt hat, aber ich bin auf der Suche nach bestimmten Informationen über meinen Vater und sie verweigert mir jegliche Auskunft. Sie möchte einfach nicht darüber sprechen.«
    »Dann wird sie wohl einen guten Grund dafür haben«, sagte sie.
    Victor dachte nach. »Oder einen schlechten«, sagte er.
    »Wie alt ist sie jetzt?«
    »Sie wird … Äh, sie wird … Nein, sie ist 84.«
    Katharina faltete das Küchenhandtuch auf. »Busse fahren nicht nach Mitternacht«, sagte sie, so als ermahne sie eines ihrer Kinder, sich zu beeilen.
    »Was sagst du?«
    »Dass du keine Zeit zu verlieren hast.«
    »Ich weiß.«
    Sie trocknete ihre Hände an der Schürze ab, knöpfte sie auf und hängte sie an den Haken an der Tür. »So, ich krieche auch unter die Decken. In der Situation mit deiner Mutter bringt die Zeit keinen Rat, Victor. Aber das weißt du wohl selbst. Schlaf gut und bis morgen.«
    »Danke für das Abendessen.«
    »Nichts zu danken.«
    Victor betrat zum ersten Mal Markus’ Arbeitszimmer. Es war ein gemütlicher Raum, mit einem Kachelofen in der Ecke, einer Sitzbank, einem Tisch mit vier Stühlen und einem kleinen Schreibtisch mit einem alten Computer unter dem Fenster. Außerdem Bücher, Bücher und noch mal Bücher.
    »Ein Mann, der pünktlich ist«, sagte Markus aus einem komfortablen Schaukelstuhl, »hat meistens eine unpünktliche Partnerin. Guten Morgen.«
    »Guten Morgen. Ich fürchte, ich muss dir recht geben«, lachte Victor.
    »Und was ist so wichtig, dass du dafür um sechs Uhr morgens aus dem Bett steigst? Setz dich.«
    »Mein Vater«, sagte Victor.
    Markus sah ihn schweigend an. »Ich stöbere in der Vergangenheit meines Vaters und finde mehr Unkraut als Blumen.«
    »Ich merke, dass der Sender sich dem Empfänger anpasst. Und woran liegt es, dass du so darüber denkst?«
    »An der Tatsache, dass niemand den Garten unterhalten möchte.«
    »Wer weigert sich zu sprechen?«
    »Meine Mutter«, antwortete Victor überrascht.
    »Mütter haben ein unbestreitbares Vorrecht«, sagte Markus.
    »Und das wäre?«
    »Das Recht, ihre Kinder vor sich selbst zu schützen. Und weil sie darin so bewandert sind, stoßen sie auf Unverständnis.«
    »Markus, mein Vater war SS -Offizier.«
    »Und?«
    »Ich habe ein Problem damit, ich kann nur nicht erklären, warum. Also suche ich und brauche keinen Schutz.«
    »Du hast ein Problem damit. Da

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