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Schweig wenn du sprichst

Schweig wenn du sprichst

Titel: Schweig wenn du sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roel Verschueren
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Victor. »Allerdings sollte man doch auch erwarten, dass diese Gruppe Flamen irgendwann begriffen haben muss, dass alles nicht so kommen würde. Nach der geringen Anzahl von Deserteuren zu urteilen, waren das allerdings nicht viele.«
    »Und die sind nicht zwingend aus diesem Grund desertiert«, fügte Markus hinzu.
    »Genau. Darf ich später mal einen Blick in deine Bücher werfen?«
    »Das Brett da rechts oben und das darunter behandeln dieses Thema. Ich fürchte aber, Victor, dass du darin keine Antworten über Albert finden wirst.«
    »Trotzdem danke. Ich suche weiter.«
    »Ich hoffe, dass du dort ankommst, wo du hinmöchtest«, sagte Markus und stand auf. »Wo immer das auch sein mag. Denk auch einmal an Ergebenheit. Nur so eine Idee.« Er legte kurz seine Hand auf Victors Schulter.
    »Bis heute Abend.« Er verließ das Arbeitszimmer.

19
    22. Juli 1944
    Wir sind heute Abend in der Kaserne in Graz angekommen. Wir sind die einzigen Frauen unter Hunderten von Männern. Eine Kompanie flämischer Freiwilliger, die den großen Innenplatz überquerte, hat uns hinterhergepfiffen. Die Männer wurden laut von ihrem Kommandant angeschrien – »Ruhe! Ruhe!« –, aber sie machten einfach weiter. Es waren ein paar hübsche Jungs darunter, und Machteld stieß jedes Mal mit ihrem Ellbogen in meine Seite, wenn ihr jemand zuzwinkerte oder hinterherpfiff. Sie ist ein wildes Mädchen und meine beste Freundin. Unser Oberst hatte uns überraschend mit elf halbwegs genesenen Soldaten von der Front weggeschickt. Er sagte, dass wir alle dringend Urlaub verdienten. Ich wäre am liebsten geblieben, und Machteld auch. Morgen kommen in Breslau neue Krankenschwestern an, die unsere Arbeit für eine Woche übernehmen sollen. Für uns wird es nicht wirklich Urlaub sein, hat der Arzt gesagt. Wir begleiten unsere Männer nach Koflach. Dort können sie sich auf dem Lande ausruhen und ein bisschen das normale Leben genießen. Morgen stößt noch ein flämischer Offizier zu uns. Der kommt direkt aus dem Reservelazarett V. Wir werden unser Bestes tun, sie gut zu betreuen und aufzumuntern, bevor sie auf das Schlachtfeld zurückkehren. Ihr Mut ist grenzenlos. Es sind zwei darunter, die am liebsten sofort schon aus dem Lazarett zu ihren Kameraden an der Front zurückgekehrt wären. Es geht dort sehr schlimm zu. Die Geschichten von den Verletzten werden jeden Tag abscheulicher und es werden mehr Tote als Lebende hergebracht. Ergeben und überzeugt sind sie, unsere Jungs. Ich wünschte, ich hätte ihre Kraft. Machteld, Joanna und ich wurden in einem separaten Teil der Kaserne einquartiert und wir haben eine ganze Baracke für uns allein. Joanna kommt aus Holland und ist ein unheimlich lustiges Mädchen. Alles ist »toll« für sie. Tolle Jungs, tolles Land, tolle Stadt. Wir haben schon viel gelacht. Sie sagte, dass sie ihre Toilette machen würde, und Machteld fragte, was denn an ihrem WC kaputt wäre. Wir haben warmes Wasser und Seife, frisches Trinkwasser und gewaschene Handtücher. Die können wir gut gebrauchen. Aus vielen unserer Kleider bekommen wir das Blut und den Eiter nicht mehr heraus. Wir kochen und schrubben sie so heiß wie möglich, aber richtig sauber werden sie nicht mehr. Morgen haben wir ein paar Freistunden zum Einkaufen. Wir haben alle so unsere Wünsche, und in Graz gibt es alles. Ich brauche neue Schuhe. Ich habe diese Uniformschuhe satt. Sie sind wirklich nicht schön. Und Urlaub ist Urlaub. Mit drei Mädchen in die Stadt zu fahren, darauf freuen wir uns nach so vielen Monaten wirklich. Wir wollen in der nächsten Woche wieder etwas mehr wie Frauen statt wie Krankenschwestern aussehen. Und Spaß anstelle von Elend ist uns auch willkommen.
    Noch immer keine Neuigkeiten von zu Hause. Außer Tante Maria hat mir niemand geschrieben. Sie hat einen Zeitungsartikel geschickt. Darin stand, wie heldenhaft auch die flämischen Mädchen im Deutschen Roten Kreuz ihre Pflicht erfüllen, und es war sogar eine Geschichte über einen unserer Jungs darin, der zu schwer verletzt wurde und nach Hause zurückgekehrt war. Wir sind alle müde und erschrecken vor der Stille, die hier herrscht. Alle Geräusche sind anders, aber im Vergleich dazu, wo wir herkommen, wirkt es wie die totale Ruhe. »Lucy, sag mal was. Ich glaube, ich bin taub«, sagte Machteld.
    Wir haben uns vorgenommen, es uns gut gehen zu lassen. Ich werde Tante Maria morgen von der Stadt aus eine Karte schicken. Licht aus, ins Bett, bis später.

20
    »Wir fliegen um eins, also wenn

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