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Schweigenetz

Titel: Schweigenetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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im Anschlag.
    Michaelis und das halbe Dutzend Leibwächter bezogen im Halbkreis hinter ihren Anführern Stellung. Die Männer in den dunklen Anzügen trugen automatische Pistolen, Michaelis hatte eine kurzläufige Schrotflinte unter seinem schwarzen Mantel hervorgezogen. Er hatte jetzt nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Mann, den Carsten in Tiefental kennengelernt hatte; bewaffnet und in seinen weiten Mantel gehüllt, wirkte er wie der Held eines späten Italo-Westerns.
    Nawatzki kam gleich zum Thema. »Haben Sie die Dokumente dabei?«, fragte er. Niemand schien sich an diesem Ort besonders wohl zu fühlen, auch er nicht. Offenbar lag ihm viel daran, das Treffen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    Fenn lächelte. »Sie sind nicht so unhöflich und erklären mich für derartig dumm, oder?«
    »Wenn nicht hier, wo sind sie dann?«
    »An einem Ort, wo Sie sie niemals finden werden, Nawatzki. Bemühen Sie sich nicht.«
    »Demnach müssen wir uns wohl auf die eine oder andere Art einigen.« Er lächelte wieder wie ein steinerner Wasserspeier. »Geben Sie die Dokumente heraus, oder ich lasse Ihre beiden Freunde erschießen.« Sein Wink in Carstens und Ninas Richtung war überflüssig.
    Fenn schüttelte den Kopf. »Das sind nicht meine Freunde. Ehrlich gesagt habe ich selbst eine Weile lang darüber nachgedacht, ob es nicht besser sei, sie zu liquidieren.«
    Michaelis schaltete sich ein. »Ebenso wie Sebastian Korall?«
    Die Bemerkung diente allein dazu, seine Behauptung gegenüber Carsten zu untermauern. Carsten begriff seine Beweggründe nicht; man würde sie ohnehin erschießen.
    »Wenn Sie Wert auf Sentimentalitäten legen, gehen Sie ins Kino«, sagte Fenn abfällig. Sein Tonfall war eiskalt.
    Michaelis wollte auffahren, doch Nawatzki brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. »Wir wollen nur die Dokumente, Fenn. Danach können Sie gehen, wohin Sie wollen.«
    »Glauben Sie wirklich, es steht in Ihrer Macht, mich gehen zu lassen?«, fragte Fenn und setzte wieder sein Lächeln auf. »Ich habe Sie gebeten, mein Gast zu sein, und dementsprechend sollten Sie sich verhalten.«
    Das Gespräch geriet mehr und mehr zur Farce. Carsten war verwirrt. Was hier geschah, waren keine Verhandlungen. Hier bahnte sich ein Kräftemessen an, das nicht mit Worten entschieden werden würde.
    »Wir tappen nicht hilflos in eine Falle«, sagte Nawatzki unbeeindruckt. »Meine Leute haben das Kloster umstellt. Krümmen Sie uns ein Haar, und kein Mensch kommt mehr lebend hier heraus.«
    »Ich bin nicht so einfältig und begehe Selbstmord, Nawatzki. Wir werden nicht den Fehler wiederholen, den wir in Budapest machten.«
    Dann geschah etwas Verblüffendes. Carsten traute seinen Augen nicht. Er spürte, wie Ninas Finger sich fester um seine Hand schlossen.
    Aus dem Schatten des Kreuzgangs lösten sich zahllose Gestalten. In ihren Händen hielten sie Schnellfeuergewehre. Auch am Rande des Daches erschienen Bewaffnete. Die Männer trugen Mönchskutten.
    Nawatzkis Männer schlossen blitzschnell einen Kreis um ihre Anführer und richteten ihre Waffen beidhändig und mit ausgestreckten Armen auf die Neuankömmlinge. Michaelis sprang auf Fenn zu und riss seine Schrotflinte hoch. Der frühere Agent war schneller. Er zog eine Pistole und zielte in Michaelis' Richtung. Die beiden Männer erstarrten zu Salzsäulen, die Mündungen der Waffen auf den Gegner gerichtet.
    Der Mann und die Frau, die Carsten und Nina in Schach gehalten hatten, lösten ihre Waffen von den Schläfen ihrer Opfer und zielten ebenfalls auf die Mönche. Die Frau flüsterte ihrem Partner etwas zu. Der Mann nickte. Carsten sah Schweißperlen auf seiner Stirn.
    Nawatzki lächelte. »Entspannen Sie sich bitte, meine Herren. Beim ersten Schuss werden meine Leute das Kloster stürmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer unter uns ist, der Wert auf ein Massaker legt. Fenn, was bezwecken Sie mit dieser eindrucksvollen Darbietung?«
    Fenn löste seinen Blick nicht für einen Sekundenbruchteil von Michaelis. Er saß immer noch auf seinem Stuhl, leicht vorgebeugt, die Waffe auf Michaelis gerichtet. Dessen Schrotflinte schwebte zwei Meter vor seinem Gesicht.
    »Ich möchte, dass Sie uns begleiten, Nawatzki. Sie und Herr von Heiden«, zischte er mit blutleeren Lippen.
    »Das ist absurd, das wissen Sie«, erwiderte Nawatzki. »Ihr Vorhaben ist so naiv wie undurchführbar. Gewöhnen Sie sich daran, dass die alten Regeln nicht mehr gelten. Befehlen Sie Ihren Leuten, die Waffen

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