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Schweigenetz

Titel: Schweigenetz
Autoren: Kai Meyer
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leisten konnte. Martin hatte recht gehabt: Sie wollten ihn wirklich.
    »Ich würde Ihr Angebot gerne annehmen.«
    Von Heidens Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. »Das freut mich sehr. Tiefental hat Ihnen also gefallen?«
    »Ein nettes Städtchen. Sehr freundliche Kollegen. Ich könnte mir vorstellen, mich dort wohl zu fühlen.«
    »Wunderbar. Ich bin sicher, dass sich diese Einstellung positiv auf die Qualität unserer Zeitung auswirken wird. Mir fällt ein ziemlicher Stein vom Herzen.«
    Carsten lächelte höflich.
    »Und nun sind Sie sicherlich hier, um unsere Vereinbarungen festzumachen.« Von Heiden beugte sich vor und drückte den Knopf seiner Sprechanlage. »Yvonne, bringen Sie uns bitte den Vertrag für Herrn Worthmann herein.«
    Kurz darauf legte die Sekretärin das Dokument in dreifacher Ausfertigung vor von Heiden auf den Tisch. Der reichte einen der Stapel zu Carsten hinüber.
    Unter dem Gehaltsparagrafen prangte eine wunderbare, herrliche Zehntausend. Außerdem verpflichtete sich der Verlag, Wohnung und Dienstwagen zu stellen und alle eventuellen Umzugskosten zu tragen. Zu seiner Überraschung wurde auch ein Heimflug pro Monat gestellt; Carsten bezweifelte, dass er ihn regelmäßig in Anspruch nehmen würde.
    »Es gibt noch ein kleines Problem«, sagte von Heiden.
    Carsten sah auf.
    Der Verlagsleiter bemerkte seinen Blick und lachte. »Keine Sorge. Es geht um die Wohnung.«
    »Ja?«
    »Würde es Ihnen viel ausmachen, für eine Weile weiterhin mit der Unterkunft vorliebzunehmen, in der Sie auch die vergangenen Tage verbracht haben? Natürlich werden wir für eine komplette Renovierung sorgen, gleich nächste Woche, wenn Sie es wünschen.«
    Carsten dachte einen Moment nach. Er hätte von Heidens Bitte ablehnen und eine andere Wohnung verlangen können.
    »Die Immobilienlage im Osten ist katastrophal«, fuhr von Heiden fort. »Dr. Nawatzki bemüht sich bereits, weitere Objekte für uns zu übernehmen, doch momentan scheint das aussichtslos zu sein. Natürlich stellen wir Ihnen frei, während der kommenden Monate eine eigene Wohnung zu finden, für die wir genauso gerne aufkommen werden.«
    Das war fair. »Einverstanden«, sagte Carsten.
    »Darf ich fragen, welchen Wagen wir Ihnen zur Verfügung stellen dürfen?«
    Er hatte sich bereits auf dem Rückflug Gedanken über diese Frage gemacht und sich kurz vor der Landung für einen Golf entschieden.
    Von Heiden lächelte. »Sollen Sie haben. Ich werde dafür sorgen, dass er bei Ihrer Ankunft bereitsteht.« Er überlegte einen Moment, dann fragte er: »Würde es Ihnen passen, gleich am Montag anzufangen?«
    Carsten war erstaunt. »Mitten im Monat?«
    »Wir zahlen natürlich für den ganzen April. Fakt ist, wir brauchen Sie dort so schnell wie möglich. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass es um die Qualitäten einiger Kollegen nicht allzu gut steht.« Die Frage, die sich Carsten aufdrängte, schien er ihm von den Lippen zu lesen. »Nein, niemand wird Ihretwegen entlassen. Kein böses Blut unter den Kollegen. Wir haben für Sie eine zusätzliche Stelle eingeplant.«
    Das erleichterte ihn. Es gab wenig, das ihn hier in Frankfurt hielt. Grundsätzlich sprach nichts dagegen, gleich am Montag zu beginnen. Wenn der Verlag darauf bestand, ihm die ersten zweieinhalb Wochen des Monats auszuzahlen – sicher, warum nicht?
    »Dann fange ich nächste Woche an«, sagte er.
    »Sehr gut. Gibt es von Ihrer Seite noch Fragen?«
    Carsten nickte. »Im Vertrag steht etwas von Umzugskosten. Das ist nicht nötig. Ich fliege nur mit einigen Koffern. Meine Möbel bleiben in Frankfurt.« Das war nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich besaß er kaum welche; seine derzeitige Einrichtung gehörte zum größten Teil Elisabeth.
    »Umso besser«, erwiderte von Heiden. »Yvonne wird Ihnen das Ticket besorgen.«
    Er schraubte einen Füllfederhalter auf und reichte ihn Carsten. Er unterschrieb alle drei Verträge, gleich neben der Zeile, wo von Heiden bereits im Voraus unterzeichnet hatte. Dann steckte er einen ein und schob die beiden anderen zum Verlagsleiter hinüber.
    Von Heiden stand auf und trat um den Schreibtisch herum. »Dann also ein herzliches Willkommen.« Sie reichten sich die Hände, als gelte es, einen Pakt zu besiegeln.
    Nawatzki sah von einem Stapel Unterlagen auf, als von Heiden in sein Büro trat. Es unterschied sich nicht wesentlich von dem des Verlagsleiters, war lediglich ein wenig kleiner, mit kürzerem Konferenztisch. An den Wänden hing ein halbes Dutzend
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