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Schweigenetz

Titel: Schweigenetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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seinen Namen nicht genannt. Aber er meinte, es sei wichtig, weil es um irgendeine dringende Buchlieferung ginge.«
    Niklas erstarrte. »Was für eine Buchlieferung?«
    »Irgendein Buch, das du bestellt hättest. Er müsste dringend wissen, ob es schon bei dir angekommen sei.«
    Niklas saß da, als habe man ihn in Eis gegossen. Irgendwo in seinem Hinterkopf regte sich etwas. Erinnerungen griffen wie Zahnräder ineinander. »Welcher Titel?«
    »Irgendwas Englisches. Der Mann hat so schnell gesprochen, deshalb hab ich's nicht verstanden.«
    Ganz ruhig bleiben. Ganz, ganz ruhig. »Alles in Ordnung«, sagte er. »Du hattest recht, es war wichtig. Danke, dass du angerufen hast.«
    »Papa?«
    »Ja?«
    »Ist dieses blöde Buch denn nun gekommen? Falls er nochmal anruft.«
    »Ich komme gleich nach Hause«, sagte Niklas. »Falls er sich in der Zwischenzeit meldet, kannst du ihm sagen, das Buch sei da.«
    »Mach ich, alles klar.«
    »Gut. Bis gleich.«
    »Bis gleich, Papa.«
    Er legte auf, lehnte sich für einen Moment zurück und dachte nach. Sehr schnell, sehr konzentriert. Sehr professionell.
    Schließlich stand er auf und erklärte seiner Sekretärin, er fühle sich nicht wohl. Er würde lieber einen Arzt aufsuchen und sich durchchecken lassen. Er setzte sich in seinen alten Ford und fuhr nach Hause.
    Sie hatten sich ein Bauerngut renoviert, ein riesiges Fachwerkhaus mit Ziehbrunnen im Hof und einem früheren Stall, in dem sich heute ihre Arbeitszimmer befanden. Es lag ziemlich weit draußen, am südlichen Stadtrand von Bad Godesberg, und er musste sich erst durch den Verkehr der Bonner Innenstadt quälen, ehe er endlich auf den letzten Kilometern freie Fahrt hatte. Er steuerte den Wagen durch das riesige Hoftor und trat durch die Hintertür in die Küche. Fabian saß am Tisch und aß Nutella-Brote.
    »Hi«, begrüßte er seinen Vater. »Muss ziemlich wichtig sein, was?«
    Niklas war schon an ihm vorbei und unterwegs ins Wohnzimmer. »Stimmt«, rief er über die Schulter. Er stürmte zum antiken Sekretär neben dem Kamin und öffnete das Geheimfach. Die Kinder waren schon vor Jahren dahintergekommen, wie es sich öffnen ließ, aber darin lag nichts außer einem alten Notizbuch mit unleserlichen Telefonnummern. Sie hatten das Interesse daran schnell verloren.
    Niklas nahm das Buch heraus, steckte es ein und eilte erneut durch die Küche und über den Hof. Fabian sah ihm hinterher, etwas verwundert, aber nicht wirklich besorgt. Niklas stieg die hölzerne Treppe zu seinem Arbeitszimmer hinauf, trat ein und drehte hinter sich den Schlüssel im Schloss. Er setzte sich ans Telefon, schlug das Buch auf und wählte eine Nummer in Antwerpen. Von dort aus stellte man ihn weiter zu einem Anschluss nach Bern. Zwei weitere Verbindungen später hatte er endlich den Mann am Telefon, mit dem er sprechen wollte.
    »Sie haben meine Nachricht also erhalten?«, fragte Nawatzki.
    Niklas atmete tief durch. »Ich hätte nicht gedacht, dass der alte Code noch gilt.«
    »Niemand hat sich je die Mühe gemacht, einen neuen zu erfinden. Wer sollte ihn auch verraten?« Nawatzki vertraute ihm rückhaltlos.
    »Sicher. Was wollen Sie?«
    Nawatzki schien zu schmunzeln. »Ihre Hilfe.«
    »Das hab ich mir gedacht. Konkret?«
    »Sie werden sich mit einigen Leuten treffen, an einer Raststätte nicht weit von Bad Godesberg entfernt. Sie werden in ein weißes Wohnmobil steigen und mitfahren.«
    »Wohin?«
    »Erfahren Sie, wenn es so weit ist.«
    »Für wie lange?«
    »Einige Tage. Vielleicht zwei Wochen. Höchstens drei.«
    Drei Wochen! »Das ist unmöglich«, sagte er. »Ich habe Familie, einen Beruf.«
    »Das hat Sie sonst nie aufgehalten.«
    »Sonst ging es um einzelne Tage. Aber, ich bitte Sie, drei Wochen …«
    »Wir müssen alle unsere Pflicht erfüllen. Ich werde Ihnen jetzt die genauen Koordinaten durchgeben.«
    »Warten Sie.«
    »Was ist?«
    »Was soll ich meiner Frau sagen? Und der Schule?«
    »Sie sind der Direktor, oder? Sagen Sie, was Sie immer sagen. Reservistenübung. Das können Sie auch Ihrer Frau und den Kindern erzählen, Fabian und Susi.«
    Himmel, er wusste immer noch gut Bescheid. »Trotzdem, ich …«
    »Major Reichardt, darf ich Sie daran erinnern, dass ich Ihr Vorgesetzter bin. Ich bitte Sie nicht – ich befehle es Ihnen!«
    War das nicht längst vorbei? Er wagte nicht, die Frage laut zu stellen. »Ja, natürlich.«
    »Gut.« Nawatzki nannte ihm den Namen einer Raststätte an der A 3. Außerdem die Zahlen und Buchstaben eines

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