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Schweigenetz

Titel: Schweigenetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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es uns nicht leisten, jemandem zu vertrauen, über den wir beide nichts wissen.«
    Carsten nickte, war aber nicht überzeugt. »Er kennt Sandra.«
    Nina zog ihre Hand zurück und rollte mit den Augen. Ihre Stimme klang mit einem Mal sehr scharf. »Das also ist es! Verdammt, Carsten, du klammerst dich an eine Wunschvorstellung und setzt dafür unser Leben aufs Spiel. Vielleicht lebt Sandra, vielleicht ist sie auch tot. Du hast sie nicht gesehen, er hat dir keinen Beweis gezeigt. Und selbst wenn sie lebt und auf seiner Seite steht – was hat das zu bedeuten? Du hast sie zum letzten Mal vor zwölf Jahren gesehen! Menschen ändern sich. Vor allem, wenn sie einer Organisation wie dem Mfs angehören.« Vor Wut traten ihr Tränen in die Augen.
    Carsten schwieg. Was sie sagte, klang einleuchtend. Aber es stimmte: Er kannte Fenn nicht. Und er kannte auch Sandra nicht mehr. Selbst wenn sie noch lebte und mit Fenn zusammenarbeitete, musste das für sie beide nichts bedeuten. Für Nina noch viel weniger als für ihn selbst. Wenn auch nur ein Teil von dem, was Fenn ihm gesagt hatte, der Wahrheit entsprach, dann waren hier Mechanismen am Werk, auf die emotionale Bindungen und Begriffe wie Freundschaft keinen Einfluss hatten.
    »Und was schlägst du vor, sollen wir tun?«, fragte er.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen? Wir können nicht zur Polizei. Wahrscheinlich hat es auch keinen Sinn, einfach davonzulaufen.«
    Er nickte. »Dann spielen wir das Spiel mit. Irgendwann wird Fenn sich wieder melden. So wie es aussieht, können wir erst dann entscheiden, was wir tun.« Als ob sie noch in der Position für eigene Entscheidungen wären. Er wünschte sich verzweifelt, an seine eigenen Lügen glauben zu können.
    »Und bis dahin?«, fragte sie.
    »Wir warten ab. Oder hast du einen besseren Vorschlag?«
    Sie schüttelte langsam den Kopf. Ihre Angst und ihre Traurigkeit taten ihm weh. Er griff wieder nach ihrer Hand, zog sie sanft zu sich herüber und küsste sie. Es war kein gespielter Kuss, wie sie seit gestern in der Redaktion austauschten, sondern einer, den er ernst meinte. Sie erwiderte ihn mit der gleichen Intensität, lang und zärtlich und voller Wärme, die Augen geschlossen und seine Hand umklammert, als hinge ihrer beider Leben davon ab. Einen Augenblick lang dachte er nicht mehr an Sandra, an Fenn oder das Schweigenetz.
    »Glaubst du, sie lassen unsere Wohnungen überwachen?«, flüsterte sie nach einer Weile.
    Er nickte. »Wahrscheinlich.«
    Sie standen auf, verließen den Club und sahen sich nach Beobachtern um. Es war niemand zu sehen, trotzdem waren beide sicher, dass es welche gab. In der nächstbesten Pension mieteten sie ein Zimmer für die Nacht und sperrten die Tür ab.
    Sie legte ihm die Arme um den Hals, küsste ihn erneut, jetzt noch leidenschaftlicher, und führte ihn zum Bett. Ihre Hände zogen sein T-Shirt aus dem Gürtel und kletterten geschwind wie junge Kätzchen an seinem Rücken empor. Er hob ihr langes Sweatshirt, ganz langsam, Zentimeter für Zentimeter, bis er ihren flachen Bauch sehen konnte, ließ sich rückwärts auf die Bettkante sinken, glitt mit der Zunge über ihre weiche, warme Haut und küsste ihren Bauchnabel. Sie zog ihm das T-Shirt über den Kopf, schloss ihre Hände um seine Schultern, presste seinen Oberkörper zurück aufs Bett und machte sich an seinem Gürtel zu schaffen. Er bewunderte jede ihrer Bewegungen, das sanfte Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie seine Jeans herunterstreifte. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann war sie selbst nackt, kuschelte sich an ihn und rieb ihre kleinen Brüste an seinem Oberkörper. Ihre Küsse wurden schwerer, heftiger, der Raum um sie herum verschwand hinter einem trüben Vorhang aus Nichts, er spürte nur noch ihre bloße Haut auf seiner eigenen, sah, wie sie neben ihm in die Knie ging, ein Bein über seinen Oberkörper schwang und sich auf ihm niederließ. Ihr Atem wurde unruhiger und unregelmäßiger, als sie mit den weichen Spitzen ihrer Schamhaare über sein Glied strich. Er schloss die Augen, spürte die plötzliche Hitze in seinem Unterleib, als sie ihn in sich einließ. Weiche Wärme umfing ihn.
    Und dann war es vorbei, ganz plötzlich. Er wusste nicht warum, aber mit einem Mal war da etwas, dass sich zwischen ihre Körper schob und sie auseinandertrieb. Etwas, das er nicht sehen, nur fühlen konnte. Ihre Blicke trafen sich, und da war immer noch dasselbe Gefühl in ihnen wie vorhin, doch trotzdem sperrte sich etwas in

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