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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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sagte Keller.
    Er saß so nah neben mir, dass mein Körper Meldung machte. Die untrüglichen Signale boxten sich in mein Bewusstsein, Gegenwehr zwecklos. Mein Atem beschleunigte. Die Luft zwischen uns knisterte.
    »Ich könnte bei Juliane übernachten.«
    »Gute Idee. Rufen Sie sie an?«
    Er warf mir sein Handy zu und stand auf. Ich hatte keine Ahnung, worauf er aus war, als er das Haus Zimmer für Zimmer noch einmal abging.
    »Juliane? Hier ist Kea. Kann ich bei dir übernachten? Es ist wichtig. Danke. Ich komme mit dem Auto. Dauert noch ein bisschen.«
    »Und?«, fragte Keller, während er zurückkam.
    »Ist in Ordnung. Ich kann bei ihr schlafen. Aber ich brauche ein paar frische Sachen zum Anziehen. Meine Zahnbürste. So was.«
    »Warten Sie, bis die Kollegen hier waren. Es dauert nicht mehr lange.«
    Resigniert sank ich auf das Sofa. Carlo … Er hatte die Handwerker gestern ins Haus gelassen. Er wusste, wo der Schlüssel versteckt war. Nur er und Juliane waren eingeweiht. Und Janne hatte einen Zweitschlüssel. Aber Janne war weit weg. Viel zu weit. Ich vermisste meinen Bruder und verwünschte gleichzeitig meine irrationale Denkweise. Warum besaß Janne den Zweitschlüssel, nicht Juliane? Aus alter Anhänglichkeit? Alle meine Entscheidungen schienen auf kurzfristigen Intuitionen zu beruhen.
    Hauptkommissar Jassmund tauchte mit einem Team auf, das die Spuren sichern sollte. Keller verabschiedete sich. Mein Herz machte einen kleinen, traurigen Satz. Hundemüde kuschelte ich mich auf meinem Sofa unter die Decke und schlummerte ein.

57.
    »Frau Laverde?«
    Jassmunds betroffenes Gesicht tauchte über mir auf.
    »Sorry. Ich bin eingeschlafen.«
    »Schon gut. Nero sagte, Sie wollten ein paar Sachen zusammenpacken. Das können Sie jetzt tun.«
    Ich rappelte mich auf.
    »Wir haben keine Einbruchspuren gefunden«, fügte Jassmund hinzu und strich sich über den Bart. »Hat außer Ihnen selbst jemand einen Hausschlüssel?«
    Ich hätte ›Ja‹ sagen und Carlos Namen nennen sollen. Ich tat es nicht. Ich sagte, nur mein Bruder Janne habe einen, aber der lebe in Ingolstadt und sei bei dem Wetter ganz bestimmt nicht unterwegs gewesen, um bei mir einzusteigen und die Einrichtung zu demolieren. Jassmund nickte nur, während die Techniker sich verzogen. Ich kannte sie noch von ihrem letzten Einsatz bei mir. Ich sicherte sozusagen ihre Arbeitsplätze.
    »Ich begleite Sie zu Ihrer Freundin«, sagte Jassmund.
    »Nicht nötig«, murmelte ich.
    »Mein Sohn freut sich, wenn ich später komme. Er hat eine ganze Serie CSI: Miami aufgenommen. Die zieht er sich jetzt rein.«
    Mit einem flauen Gefühl im Magen schaufelte ich Loo und Litz Futter hin, bevor ich aus dem Chaos im Schlafzimmer Wäsche zum Wechseln hervorsuchte, frische Jeans, einen warmen Pullover. Ich packte alles in meine Reisetasche und tappte ins Bad. Der Speicherstift, den ich in die Aspirinschachtel gesteckt hatte, war noch da. Ich warf die Packung in mein Necessaire und schaltete das Licht aus. Um alles in der Welt hoffte ich, dass Müller und seine Kampfgenossen mein Zimmer in der Hohenzollernstraße nicht kannten. Bitte nicht. Um alles in der Welt? Ich besah mein Gesicht im Spiegel und errötete. Hier hatte ich mit Nero gestanden und Jod auf meine Wange geträufelt.
    Entschlossen ging ich zu Jassmund zurück und schulterte meine Notebook-Tasche. Er nahm mir die Reisetasche ab und trug sie zu meinem Wagen.
    »Zu dumm, das mit dem Schnee. Falls es hier draußen Spuren gegeben hat, sind sie unauffindbar geblieben.« Er hievte das Gepäck auf meine Rückbank.
    »Gucken Sie auch CSI?«
    »Ist ein rechter Schmarrn.«
    »Sie und Nero Keller sind befreundet, oder?«
    Jassmund zögerte.
    »Wir kennen uns schon lange. Und seit Leonors Tod … es war so schrecklich. Sie wurde erschossen. Vor Neros Augen.«
    Ich starrte Jassmund an.
    »Es gab einen Raubüberfall im Supermarkt. Wer denkt an so etwas, wenn er einkaufen geht! Nero konnte nichts für sie tun. Er ist beinahe daran zerbrochen, gibt sich immer noch die Schuld. Ich würde ihm wünschen … ach, fahren wir.«

58.
    »Sie sehen in der Geschäftsbeziehung«, Woncka betonte ›Geschäft‹, »zwischen diesem Steinfelder und seiner Ghostwriterin das Bindeglied für unseren Fall?«
    Nero warf einen Blick auf die Uhr: 21.09. Er legte die Fingerspitzen zusammen. »Zuerst müssen wir feststellen, wem die Wohnung in Thalkirchen gehört oder wer sie gemietet hat. Frau Laverde hat dort einen Mann, der Johannes Lehr gewesen sein

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