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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Abwesenheit.
    »Das war nicht geplant«, raunte ich ihnen zu. »Ich werde mich bessern.«
    »Ich komme noch mit hinein«, sagte Keller. Er starrte angespannt die Auffahrt entlang, während ich die Außenbeleuchtung einschaltete.
    »Suchen Sie Spuren?«, fragte ich anzüglich, während ich aufschloss. Carlos hatte die Tür nur ins Schloss gezogen und nicht abgesperrt, als er die Handwerker verabschiedet hatte. Es klickte leise und die Tür ging auf. So ein Ärger! Aber besser, ich sagte nichts. Immerhin hatte er sich um die Handwerker gekümmert.
    In der Küche machte ich Licht. Keller stand dicht hinter mir.
    »Wow, Ihr Fenster ist repariert.«
    »Hat Carlo veranlasst. Herr Schöll, wie Sie ihn nennen.« Jetzt konnte ich auftrumpfen. Carlo war doch zuverlässig.
    Keller hob die Brauen. »Sieh einer an.«
    »Kaffee? Tee?«
    »Nein. Ich wollte nur sichergehen, dass alles in Ordnung ist. Dann fahre ich in meine alte Wohnung und packe meine restlichen Sachen zusammen.«
    »Sollten Sie nicht irgendwelche Möbelpacker erwarten?«
    Er grinste. »Kleine Ausrede vor Tiziana. Sie ist eine liebe alte Freundin, aber manchmal …«
    »… zu fürsorglich«, half ich aus und ging ins Arbeitszimmer. Mein Schrei durchbohrte grell meine Ohren. Ich presste die Hände an meinen Kopf. Der schneidende Klang meiner eigenen Stimme tat mir weh. Aber ich konnte nicht aufhören zu schreien.
    »Um Gottes willen!« Keller stand schon neben mir.
    Ich trommelte mit den Fäusten gegen die Wand. Das Zimmer war vollkommen verwüstet. Schubladen herausgerissen, die Schreibtischplatte zersplittert. Sogar das Parkett war aufgerissen. In meinem Kopf glühte etwas. Ein Feuerwerkskörper, der jede Sekunde explodieren und mich entzweireißen würde.
    »Ist ja gut, Frau Laverde.«
    Kellers behutsame Stimme drang durch das Getöse. Ich schluckte und keuchte. Schnell, panisch. Aber der Krach verebbte. Meine Schreie hatten mich betäubt. Nun schmiegte sich meine Nase an etwas Feuchtes, Raues, das nach Kneipe und Rauch roch. Keller hielt mich fest, redete auf mich ein. Ich spürte, dass er keine Antworten erwartete. Er stellte keine Polizistenfragen vom Typ wann, wer, wo. Ich wollte es nicht, aber seine Arme taten mir gut. Ich mochte die Art, wie sie mich umfassten. Nicht besitzergreifend, nicht gleichgültig. Auf sympathische Weise scheu.
    Nach einer Weile ließ Keller mich los, zog seinen Mantel aus und warf ihn mir in die Arme. »Könnten Sie den irgendwo aufhängen?«
    Ich ging in die Küche zurück. Nun sah ich, dass auch hier sich jemand zu schaffen gemacht hatte. Ich legte Kellers Mantel über einen Barhocker und zeigte stumm auf die halb offen stehenden Schrankfächer. Keller nickte. Er ging in mein Schlafzimmer. Ich hörte ihn stöhnen und kam hinterher. Sämtliche Schränke waren ausgeräumt, Klamotten, Schuhe, Schmuck, Wäsche bildeten eine Schicht aus Chaos auf dem Boden. Nur meine Haiku-Wäscheleine baumelte noch friedlich über dem Bett. Bevor ich erneut zusammenbrechen konnte, nahm Keller mich am Arm und führte mich in die Küche. Er drückte mich auf das Sofa, breitete eine Decke über meine Knie, kramte sein Handy hervor und telefonierte. Ich hörte nicht zu. Ich wusste nur, dass ich verloren hatte. Müller war mächtiger als ich und hatte meine kleine Parzelle der Sicherheit geentert. Ich hatte die Gefahr ignoriert, die Augen fest verschlossen in der Hoffnung, die Monster blieben Hirngespinste, solange ich sie nicht sah. Der Selbstbetrug war aufgeflogen.
    Keller hatte kaum aufgelegt, als sein Handy schrillte. Das neue Gespräch dauerte nur eine Minute. Er steckte den Apparat weg und sah mich an.
    »Frau Laverde, Peter Jassmund kommt mit den Kollegen und schaut sich bei Ihnen um. Wenn es sein muss, stellen wir Sie unter Polizeischutz.«
    »Den kriegen Sie so schnell doch gar nicht genehmigt.«
    Er seufzte. »Vermutlich nicht. Das Problem ist nur: Mein neuer Chef hat mich mit sofortiger Wirkung zum Team beordert.«
    »LKA?«
    »Der Terror hier und der Mord in Bogenhausen gehören zusammen!«
    »Ach nee.«
    Er setzte sich neben mich. »So gefallen Sie mir schon besser.«
    »Tut mir leid wegen eben«, murmelte ich. »Das war nicht eingeplant.« Meine Menschenkenntnis, mein Urvertrauen hatten mich verlassen. Ich war in die Falle getappt, die mein eigener Widerspruchsgeist bereitgestellt hatte. Trotz Kellers Hinweisen hatte ich an Carlos Freundschaft und Vertrauenswürdigkeit geglaubt. Ich musste bescheuert gewesen sein.
    »Kann ich mir denken«,

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