Schwein gehabt
gewiss kein Wetter, um in der Weltgeschichte herumzukutschieren und Leuten Löcher in den Bauch zu fragen, um herauszukriegen, wer für die Löcher in Babsis Bauch zuständig war. Außerdem fiel mir niemand ein, der etwas Relevantes zu Barbaras Ableben hätte sagen können. Ich beschloss, mit der Rekapitulation der Fakten zu beginnen. Die Samstagsausgabe des Dülmener Kuriers sollte neue Aufschlüsse geben.
Laut Polizeibericht wurde die Arzttochter am Freitagabend um zwanzig Uhr dreißig plus minus fünf Minuten ermordet. Ihr Körper wies drei Messerstiche auf — zwei in der Brust und einen im Bauch. Als Todesursache wurde der hohe Blutverlust angegeben. Die Mordwaffe, laut Gerichtsmedizin ein normales Küchenmesser, wurde nicht am Tatort gefunden. Leider hatte Barbara uns auch nicht den Gefallen getan, mit ihrem Blut den Namen des Mörders zu schreiben. Obwohl die Obduktion erst am Montag stattfinden sollte, konnte ein Sexualverbrechen au sgeschlossen werden.
Bezüglich des Täters tappte die Polizei im Dunkeln, wie ich aus der Phrase »Sachdienliche Hinweise bitte den ermittelnden Behörden mitteilen« schloss. Wenn der Mörder am Tatort kein Geständnis hinterlegte, verließen sich die Bullen immer auf die Mithilfe der Bevölkerung.
Ein gewisser J. M. wurde noch erwähnt. Er hatte Barbara um Viertel vor sieben in Dülmen aus einem Bus steigen sehen. Dieser ominöse J. M. schied jedoch als Täter aus, da er stolzer Besitzer eines wasserdichten Alibis war.
In einem anderen Artikel wurde Barbaras Werdegang skizziert. Tochter eines angesehenen Ärztepaars, gute Zeugnisse, Leichtathletikpokale, der übliche Schmus. Natürlich hatte keiner damit gerechnet, dass so etwas ausgerechnet der lieben Babsi zustoßen würde. Schuldirektor und Leichtathletiktrainer durften kurze Statements zu der unbegreiflichen Tragödie abgeben. Das war alles. Ich war ungefähr so schlau wie vorher.
Wie sah es mit meinen Ermittlungen aus? Martin Zollner schied definitiv als Mörder aus. Immerhin hatten meine Befragungen zwei weitere Verdächtige ans Tageslicht gebracht.
Da war zum einen Jens Kofler. Laut seiner Aussage hatte er Barbara seit einer Woche nicht mehr gesprochen. Das konnte man glauben oder nicht. Dank meines angeborenen Taktgefühls war ich nicht mehr zur Frage nach seinem Alibi gekommen. Das Einzige, was ich im Moment gegen ihn Vorbringen konnte, war meine Antipathie. Doch Babsi war erstochen und nicht totgelabert worden.
Die zweite Verdächtige hatte ich Andreas Stegemann zu verdanken: Inge Zollner-Knittel. Das Motiv wäre das gleiche wie bei Jens Kofler: Eifersucht. Inge hatte sich zwar nicht auffällig verhalten, schien aber kein Alibi zu haben. Wenn Martin Zollners Aussage der Wahrheit entsprach und er am Mordabend beim Frauentreff angerufen hatte, ohne seine Frau erreicht zu haben, dann musste sie irgendwo anders hingefahren sein. Dass sie gefahren war, hatte ich mit eigenen Augen beobachtet. Zeitlich passte es auch.
Was war mit der Musikkassette und der Telefonnummer, die ich in Inges Wagen gefunden hatte? Ich musste das gerissene Band reparieren lassen, denn je mehr ich darüber nachdachte, desto fester war ich überzeugt, dass dieses Tape einiges offenbaren würde. Zudem war die Kassette neben der Telefonnummer die einzige Spur, die ich zurzeit hatte.
Da ich davon ausgehen konnte, dass in dieser Einöde kein Fachgeschäft für die Reparatur von Tonträgern existierte, musste ich wohl oder übel nach Essen fahren. Hannes Dregger war genau der Richtige für diesen Job. Ich kannte Hannes seit der Grundschulzeit. Schon damals hatte er sämtliche Radios in den Elternhäusern seiner Freunde auseinander geschraubt und wieder zusammengesetzt, und seine Erfolgsquote hatte bei rund fünfzig Prozent gelegen. Das bedeutete, dass nur die Hälfte der Eltern ihre vormals intakten Rundfunkgeräte wegwerfen mussten. Nach der Grundschule trennten sich unsere Wege, da Hannes zwar ein begnadeter Techniker, aber ein miserabler Schüler war und er infolgedessen die Hauptschullehrer mit seinen Audiotheorien zum Wahnsinn trieb, während ich den gymnasialen Musterschüler mimte- Trotzdem war der Kontakt nie abgebrochen und daher Wusste ich, dass Dregger als Fernsehtechniker in einem Hi-Fi-Geschäft arbeitete. In seiner Freizeit produzierte er m seinem Heimstudio Demos für Bands. Für ihn war es also eine Kleinigkeit, ein Tape vor dem Mülleimer zu retten und wieder abspielbar zu machen.
Was hatte ich noch zu bieten? Rudolph hatte
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