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Schwein Oder Nichtschwein

Schwein Oder Nichtschwein

Titel: Schwein Oder Nichtschwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.G. Wodehouse
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Beispiel für ein solches Geschehen ist natürlich die Begebenheit, als der Geist von Banquo hereinschaute, um bei Macbeth einen Happen mitzuessen. Es jagte Macbeth einen ganz schönen Schrecken ein, und aus Sir Gregorys Verhalten wurde deutlich, daß auch er einen Schrekken bekommen hatte.
      »Was? Was? Was? Was? Was?« stieß er hervor, denn in Zeiten emotionaler Anspannung war er ein überzeugter Waswas-Sager. Maudies blaue Augen brannten mit einem gefährlichen Licht.
      »Da bist du also«, sagte sie, nachdem sie ein wenig mit den Zähnen geknirscht hatte. »Es wundert mich, daß du mir ins Gesicht blicken kannst, Tubby Parsloe.«
      Sir Gregory blinzelte.
      »Ich?«
      »Ja, du!«
      Sir Gregory hatte den Einfall, daß ein weiterer Bissen Räucherlachs dazu dienen könnte, ein Gehirn zu stärken, das sich fühlte, als wäre eine Ladung Trinitrotoluol unter ihm losgegangen. Fisch, so hatte er irgendwo gelesen oder gehört, sei gut fürs Gehirn. Er nahm also eine Gabel voll und hoffte aufs Beste, aber nichts geschah. Sein Kopf war immer noch in Aufruhr. Vermutlich war Räucherlachs nicht die richtige Sorte Fisch.
      Maudie, die ein Treffen bewerkstelligt hatte, auf das sie zehn Jahre lang gewartet hatte, verschwendete keine Zeit, indem sie etwa auf den Busch klopfte. Ohne Präambel kam sie zur Sache. »Schöne Geschichte war das, was du mir angetan hast, Tubby Parsloe«, sagte sie und hörte sich an wie die Stimme des Gewissens.
      »Was?«
      »Mich auf diese Art und Weise in der Kirche sitzenzulassen!«
      Ein weiteres Mal hatte Sir Gregory mit dem Verdacht zu kämpfen, daß sein Geist sich verdunkelte.
       »Ich habe dich in der Kirche sitzenlassen? Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst.«
      »Probier diesen Dreh nicht an mir aus. Hast du mir vor zehn Jahren einen Brief geschrieben, in dem du mir sagtest, ich solle dich am siebten Juni um Punkt zwei Uhr in der St.-SavioursKirche in Pimlico heiraten? Ja oder nein?«
      »Der wievielte Juni?«
      »Du hast es ja gehört.«
      »Ich habe nichts dergleichen getan. Du mußt verrückt sein.«
      Maudie lachte ein hartes, bitteres Lachen. Sie war auf eine Haltung wie diese vorbereitet gewesen. Typisch Tubby Parsloe, daß er sich aus allem herauszuwinden versuchte. Glücklicherweise hatte sie sich bis an die Zähne mit unbestreitbarem Beweismaterial bewaffnet, und dieses zog sie nun aus ihrer Handtasche hervor.
      »Du hast also nicht? Gut, hier ist der Brief. Ich habe ihn alle diese Jahre aufbewahrt für den Fall, daß ich dir jemals begegnen sollte. Hier ist er, überzeuge dich selbst.«
      Sir Gregory studierte benommen das Dokument.
      »Ist das deine Handschrift?«
      »Ja, das ist meine Handschrift.«
      »Lies vor, was da steht.«
      »›Meine liebste Maudie –‹«
      »Das nicht. Auf der anderen Seite.«
    Sir Gregory drehte das Blatt um.
    »Da hast du's. ›Punkt zwei Uhr, siebter Juni.‹«
    Sir Gregory stieß einen Schrei aus.
    »Du bist mit Blindheit geschlagen, altes Mädchen.«
    »Was soll das heißen, ich bin mit Blindheit geschlagen?«
    »Das ist keine Sieben.«
    »Was ist keine Sieben?«
    »Das da.«
    »Und wieso ist das keine Sieben?«
      »Weil es eine Vier ist. Vierter Juni, ganz sonnenklar. Wie man das für eine Sieben halten kann! Unmöglich! Du willst doch nicht behaupten, daß du am siebten Juni in diese Kirche gekommen bist?«
      »Natürlich bin ich am siebten Juni in die Kirche gekommen!«
      Mit einem hohlen Stöhnen nahm Sir Gregory einen weiteren Bissen Räucherlachs zu sich. Ein blendendes Licht war ihm aufgegangen, und er erkannte, wie ungerecht die bösen Gedanken gewesen waren, mit denen er diese Frau all diese Jahre bedacht hatte. Er hatte angenommen, sie habe ihn mit kalter, höhnischer Gefühllosigkeit im Stich gelassen, und diese Tatsache hatte sein Vertrauen in das weibliche Geschlecht bis in die Grundfesten erschüttert. Jetzt erkannte er, daß das, was geschehen war, eines jener unglücklichen Mißverständnisse gewesen war, die liebende Herzen nur allzu leicht trennen können, die Art von Schicksalsschlag, über die Thomas Hardy zu schreiben pfegte.
      »Ich war am vierten Juni da«, sagte er.
      »Was!«
      Sir Gregory nickte düster. Er war kein sehr sensibler Mann, aber er konnte die schreckliche Dramatik der Geschichte erkennen.
      »In einem Zylinder«, fuhr er mit zitternder Stimme fort, »mehr noch, in einem Zylinder, den ich hatte bügeln oder formen

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