Schweinehunde / Roman
spring, spring.!
Die Rufe hallten zwischen den Blocks wider, und das Echo klang wie ein verzerrter Bass.
»Wir kommen nicht näher, wir wollen nur mit Ihnen reden.«
Der Mann reagierte nicht.
»Tun Sie das nicht, das ist es nicht wert. Die Dinge können sich ändern, und alles wird wieder gut.« Die Polizistin sprach langsam und überzeugend, aber das Urteil, das von der Straße heraufschallte, arbeitete ihren Worten entgegen, so dass sie ihren Kollegen nach unten kommandierte, um dem Geschrei ein Ende zu machen. Der Mann im Fenster sah sie flehend an, als könnte sie das Übel der Welt eliminieren, doch darin irrte er sich gewaltig, denn kaum dass sie allein war, änderte sie mit einem Mal ihr Verhalten. Als Kind war sie das süße Püppchen ihres Vaters gewesen, bis dieser sich endlich totgesoffen hatte.
Kleiner Schatz, Püppi
– in den letzten Tagen hatte sich eine Tür in ihrem Inneren geöffnet. Sie stand auf und ging zu ihm.
»Springen Sie oder kommen Sie wieder rein. Mir ist das ziemlich egal.«
Ungläubig starrte er sie eine Weile an, bis er plötzlich losließ und, begleitet vom zufriedenen Raunen der Menge, in die Tiefe stürzte.
Der Inhaber des Lebensmittelgeschäfts in Arnborg, südlich von Herning, jubelte nicht, er war vielmehr verwundert, dass drei Stammkunden, ohne zu grüßen, in seinen Laden gekommen waren. Jetzt standen sie schweigend an unterschiedlichen Stellen vor den Regalen, ohne dass sie Anstalten machten, etwas zu kaufen. Einer bei der Marmelade, der andere am Weinregal und der dritte an der Kasse. Plötzlich war das Knallen eines Marmeladenglases auf dem Steinboden zu hören.
»Uih, da habe ich aber Pech gehabt.«
Der Ladeninhaber beruhigte ihn: »Ist schon in Ordnung, Karsten, so etwas kann schon mal passieren.«
»Tja, stimmt, da ist es schon wieder passiert, und schwuppdiwupp ein drittes Mal.«
Das dumpfe Klatschen von zersplitterndem Glas begleitete seine Worte.
»Verdammt, was soll denn das?! Was macht ihr? Verschwindet!«
Der Mann am Weinregal hatte sich zwei Flaschen ausgesucht.
»Die beiden hier sehen gut aus, ich denke, die nehme ich für heute Abend mit. Oh, Gott, nein, wie dumm von mir, und was für eine Schweinerei.«
Der Kunde, der immer noch schweigend an der Kasse stand, beugte sich vor und legte einen Zettel auf die Schulter des großen, kräftigen Ladeninhabers, den er trotzdem noch überragte.
»Du hast diesen langen Lulatsch aus Sørvad angestellt, nicht wahr?«
»Nein, nicht mehr. Macht ihr deshalb meine Sachen kaputt? Ich habe ihn heute Morgen rausgeschmissen, ich wusste ja nicht, dass er ein … ja, ihr wisst schon.«
Ein Lächeln ging über die Gesichter der drei, und einer von ihnen holte seine Geldbörse heraus.
»Ach so, dann haben wir da wohl etwas Falsches gehört. Uns hat man gesagt, du wolltest ihn trotz seiner Schweinereien behalten. Das macht dann wohl fünf Gläser Marmelade, zwei Flaschen Wein und für mich noch ein Päckchen King’s. Und eine Runde Kaltgetränke aus dem Nebenraum.«
Der Ladeninhaber beruhigte sich etwas, als er das Geld sah und hörte, dass sie Bier wollten.
»Ja, gerne.«
Er rief nach hinten: »Magda, bring mal einen Wischlappen und einen Eimer Wasser und mach dich nützlich!«
Dann wandte er sich wieder den Männern zu.
»Ihr hättet wenigstens erst fragen können, ihr kennt mich doch.« Sie nickten ein bisschen betreten, denn es stimmte – sie kannten ihn.
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D ie Frau in Rot ist todsicher ein interessanter Faktor in Per Clausens Leben. Allein der Altersunterschied und der andere soziale Status zeigen, dass ihre Beziehung irgendwie besonders gewesen sein muss. Dumm ist nur, dass wir keinen vernünftigen Anhaltspunkt haben, um nach ihr zu suchen. Eine Automarke, rote Kleider und zwei Treffen in einem Geschäft – und das alles vor mehr als zwei Jahren – ist ein bisschen wenig, um damit etwas anfangen zu können.«
Konrad Simonsen brummte ungeduldig, aber Poul Troulsen blieb unbeeindruckt. Eine gute Berichterstattung brauchte Zeit.
»Kasper Planck sagt, der Kioskbetreiber Farshad Bakhtîshû und seine Söhne glauben sich inzwischen daran zu erinnern, dass die Frau in Rot das eine Bein ein bisschen nachgezogen hat.«
»Ja, das kommt vor, na und?«
»Nichts, aber es gibt noch etwas, und das betrifft den Zettel mit der Adresse der Frau, der im Kiosk hing. Einer der Söhne konnte sich an ein eigentümliches Detail erinnern. Die Adresse, die die Frau aufgeschrieben hatte, endete mit vej. Das
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