Schweinehunde / Roman
einmal mir, nur noch Kasper Planck. Das ist total paranoid. Der Fall lässt ihn noch zusammenbrechen. Die Stimmung im HS ist am Boden.«
Voller Ironie kam ihm in den Sinn, wie nah an der Wahrheit seine Worte waren.
»Fünftausend ist eine hohe Summe.«
»Mag sein, aber was ich Ihnen jetzt sage, ist noch viel mehr Geld wert. Fünf Ferienreisen nach Thailand à vierundzwanzigtausend Kronen, plus jeweils etwa zwanzigtausend Taschengeld, zusammen macht das knapp zweihundertfünfzigtausend. Dazu kommen drei Kreditkarten, deren PIN-Nummern ihre früheren Besitzer nur zu gerne bekanntgaben, als die Motorsäge angeworfen wurde, Resultat: weitere hundertzehntausend Kronen. Desweiteren ist Frank Ditlevsens Konto in Zürich um ungefähr zwei Millionen erleichtert worden. Summa summarum macht das 2,3 Millionen, und das ist nur der bisherige Betrag, denn es tauchen immer neue Beträge auf. Ich habe die Kontoauszüge von zweien der Opfer dabei, über die letzten drei Wochen, damit Sie sich selbst ein Bild machen können. Denken Sie aber daran, dass die Männer vor vierzehn Tagen ermordet worden sind, und achten Sie auf die Daten der letzten Abhebungen. Ich brauche die Unterlagen jedoch gleich wieder zurück. Wenn Sie die in der Zeitung abdrucken, bin ich schneller draußen, als ich piep sagen kann.«
Anni Staal sah sich die Kontoauszüge genau an.
»Und was hat das zu bedeuten?«, fragte sie.
»Es war Raubmord.«
»Was? Was faseln Sie da? Raubmord?«
»Vergessen Sie all das geschwollene Gerede über Rache, all die Beweihräucherungen und Sackgassen, das Motiv war pure Geldgier.«
»Aber, das ist ja schrecklich! Sind Sie sicher?«
»Nein, nur zu achtzig Prozent, aber das habe ich doch gesagt. Sie müssen versuchen, dass Konrad Ihnen das bestätigt. Ich kann Ihnen aber noch etwas sagen, und das ist gratis. Er wird in ein Interview mit Ihnen einwilligen. Das hat er mir eben erst gesagt.«
»Das hat er bereits getan. Ich werde ihn morgen Vormittag treffen.«
»Wenn Sie das wissen, wissen Sie ja bestimmt auch schon, dass er am Wochenende nach Riga fährt? Die Hintermänner gehören der baltischen Mafia an, sie haben mit dem Imbissbudenbesitzer zusammengearbeitet, vermutlich hat der versucht, sie auszutricksen. Die Polizei in Lettland hat gestern einen von ihnen geschnappt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er bald den Mund aufmachen wird. Da drüben sind die Polizeimethoden schließlich etwas handfester als hier bei uns.«
Anni Staal zog die Augenbrauen zusammen. Sie war weiß Gott nicht dumm.
»Warum wird das geheim gehalten?«
»Konrad sammelt still und leise Beweise, während alle anderen glauben, das Motiv sei … nun, nennen wir es sexualpolitisch. Nicht einmal Helmer Hammer hat eine Ahnung davon, das weiß ich aus erster Hand. Ich glaube, Konrad will der Bevölkerung eine Lehre erteilen. Nicht mehr und nicht weniger. Er will diese Schweinehunde in ihrem eigenen Fett grillen. Letzteres ist im Übrigen ein Zitat. Das hat er gestern Kasper Planck gesagt, aber da habe ich es noch nicht verstanden. Jetzt sehe ich aber klarer. Und außerdem will er sich wohl zu hundert Prozent sicher sein, bevor er an die Öffentlichkeit geht. Unsere Glaubwürdigkeit liegt am Boden, die Hälfte der Bevölkerung ist der Meinung, dass wir Ermittlungsergebnisse zurückgehalten haben, aus denen hervorgeht, dass die Opfer pädophil waren.«
»Aber, aber … es gibt doch so viele Dinge … Per Clausen, wie passt der denn dann ins Bild?«
Auf diese Frage hatte Arne Pedersen erwartet. Er antwortete ruhig: »Er war der nützliche Idiot, aber auch ihm ist die Wahrheit irgendwann bewusst geworden. Nur dass es da zu spät war. Da lagen die Leichen auf den Obduktionstischen, und die Hintermänner waren über alle Berge. Warum, glauben Sie, hat er Selbstmord begangen?«
Anni Staal nickte widerstrebend.
»Und was ist mit diesem Imbissbudenbesitzer? Hat der seinen eigenen Bruder umgebracht?«
»Sie haben einander von ganzem Herzen gehasst und waren beide gleich abgestumpft.«
»Aber was war mit dem Mord an dem Imbissbudenbesitzer? Ich meine, warum dieser ganze Aufwand mit dem Baum, für was sollte das gut sein?«
Er lächelte hintersinnig und dachte intensiv nach, das war ein Argument.
»Sie scheinen sich nicht sonderlich mit lettischen Sprichwörtern auszukennen, doch alle, die das tun, verstehen die Botschaft.
Die Blumen den Treuen, die Äste den Hinterhältigen.
Dieses Sprichwort stammt aus der russisch-orthodoxen Theologie, aber
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