Schweinehunde / Roman
jetzt sagen Sie schon – das ist doch wohl fünftausend wert?«
Sie antwortete nicht unmittelbar, sondern versuchte sorgsam ihre Gedanken zu sammeln. Dann sagte sie: »Jetzt hören Sie aber auf, da werden einige Köpfe rollen, klar ist das fünftausend wert.«
Arne Pedersen lächelte still.
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64
D ie Comtesse starrte gedankenverloren auf das Whiteboard, das neben ihrem Schreibtisch hing. Sie hatte ihren Stuhl etwas nach hinten geschoben, damit sie die vier Namen betrachten konnte, die sie mit ihrer sauberen, etwas schulmädchenhaften Schrift auf der Tafel vermerkt hatte: Per Clausen, Stig Åge Thorsen, Helle Smidt Jørgensen, Erik Mørk.
»Bist du dir sicher, Comtesse?«
Sie drehte sich überrascht um. Konrad Simonsen hatte unbemerkt das Büro betreten. Er sah beunruhigend müde aus. Dass man von ihr genau das Gleiche sagen konnte, belastete sie nicht.
»Ja, ich bin mir sicher. Aus vielerlei Gründen, insbesondere aber wegen Helle Smidt Jørgensens Terminkalendern, die sie über zwanzig Jahre aufgehoben hat. Jedes Jahr den gleichen Mayland-Kalender, nur in einer anderen Farbe. Poul ist alles minutiös durchgegangen.«
»Ja, ganz schön blöd, dass sie tot ist. Und es war wirklich ein natürlicher Tod?«
»Sehr wahrscheinlich, vermutlich ein Herzinfarkt, bedingt durch Stress, Pillen und Alkohol, wir sind einfach zwei Tage zu spät gekommen. Aber dass sie mitverantwortlich für die Morde ist, steht außer Frage. Das ist auch Pouls Meinung.«
»Stimmt das, Poul ist nach Hause gegangen?«
»Gekrochen wäre zutreffender, er war wirklich vollkommen fertig. Der hätte schon gestern im Bett bleiben sollen. Und was ist mit dir? Du siehst müde aus. Achtest du auch darauf, richtig zu essen?«
Konrad Simonsen zuckte mit den Schultern. Gestern war er zum Essen bei Kasper Planck gewesen, aber zu Hause standen nur Tiefkühlpizzen auf dem Speiseplan, die er häufig im Ofen vergaß, so dass sie wie Käsekekse schmeckten. Er zeigte auf die Namen.
»Könntest du mir bitte nur kurz deine Schlussfolgerung mitteilen? Ich habe in knapp zwanzig Minuten eine Besprechung in der Stadt, ich komme aber im Laufe des Abends wieder, und dann lese ich deinen Bericht.«
»Tut mir leid, Konrad, aber ich verstehe nicht ganz, was im Moment wichtiger sein kann als das hier. Und wenn wir schon dabei sind, was ist eigentlich aus unseren gemeinsamen Dienstbesprechungen geworden? Im Augenblick bist du der Einzige, der hier noch den Überblick hat. Wir anderen sehen alle nur einen Teil des Bildes. Ist das dein neuer Führungsstil? Sollte das so sein, gefällt der mir nicht sonderlich gut.«
Ihre Worte klangen schärfer als ihre Stimme, in der ein beinahe trauriger Unterton mitschwang. Da er nicht gleich antwortete, sondern sich einen Stuhl nahm und sich schwer seufzend hinsetzte, bereute die Comtesse es, dass sie überhaupt auf diese Weise mit ihm gesprochen hatte.
»Das hat sich irgendwie so entwickelt, manches ganz unbewusst. Ich weiß, dass wir teilweise nur bestimmte Aspekte sehen. Und es stimmt, etwas habe ich dir bisher verschwiegen. Dafür gibt es aber einen Grund, ich bin mir nämlich vollkommen sicher, dass du dagegen wärst. Du wirst aber bald alles erfahren, sehr bald. Wenn du willst, kannst du heute Abend noch mal ins Büro kommen, am besten so gegen zwölf? Bring doch auch Pauline mit.«
Die Comtesse machte einen Rückzieher. Was immer es war, es konnte warten. Wichtiger war jetzt, dass er sich um sich selbst kümmerte und etwas Schlaf bekam. Er wirkte so schon vollkommen übernächtigt.
»Kann ich schon, aber morgen reicht mir auch, dann brauchst du nicht noch einmal herzukommen.«
Konrad Simonsen zog die Augenbrauen zusammen. Er war etwas verwirrt über dieses süßsaure Gespräch. Bedauerte sie ihn nun, oder machte sie ihm Vorwürfe?
»Das macht nichts, ich muss ohnehin noch einmal kommen.«
»Wegen diesem anonymen Computerexperten, der Malte unter seine Fittiche genommen hat? Und der von dir grünes Licht bekommen hat und sich hier mehr oder minder ungehindert bewegen kann?«
»Eigentlich nicht. Er und Malte kommen gut allein zurecht, nein, ich muss noch Berichte lesen.«
»Na dann, ich denke, ich halte die Spannung noch ein bisschen aus.«
Er ließ das Thema fallen und deutete auf die Tafel.
»Bevor ich wegmuss, sag mir noch kurz deine Hauptpunkte. Du glaubst, dass auch Erik Mørk in dieser Selbsthilfegruppe war?«
Die Comtesse nahm lächelnd Helle Smidt Jørgensens Kalender und schlug ihn an einer der
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