Schweinehunde / Roman
bist hier nicht der Einzige, der müde ist. Lasst uns gleich konzentriert zur Sache kommen, damit wir bald nach Hause gehen können. Ich bin bereit, als Erster meinen Tag zusammenzufassen.«
Zuerst ließ er sich über ihre vorläufige Organisation aus, der sie nicht zu viel Gewicht schenken sollten. Dann sprach er das massive Interesse der Presse an und bat sie, es möglichst zu ignorieren.
Niemand außer Pauline Berg hörte richtig zu, aber alle waren froh darüber, dass es klare Leitlinien gab. Die Comtesse dachte, dass ihr Chef mit seiner Körperfülle und Autorität durch und durch eine Führungspersönlichkeit darstellte, im Gegensatz zu seinem eigenen Leben.
Nur Pauline Berg hatte eine Frage: »Wenn wir die Journalisten vollkommen ignorieren, riskieren wir dann nicht, dass … wie soll ich das sagen …, dass in der Öffentlichkeit ein negatives Bild entsteht? Ich meine, alle Sender berichten darüber, die Nachrichten reden fast über nichts anderes und sogar ausländische Medien …«
Konrad Simonsen unterbrach sie: »Das HS hält tägliche Pressekonferenzen ab, und außerdem ist es nicht unsere Aufgabe, Zeitungen zu verkaufen oder Fernsehen zu machen.«
Da niemand etwas erwiderte, waren sie mit diesem Thema schnell fertig und konnten zum nächsten Punkt kommen.
Die Comtesse hatte die Nachbarn auch rasch abgehandelt, da niemand etwas Ungewöhnliches bemerkt hatte. Danach war Poul Troulsen an der Reihe. Er stand auf. Eine überflüssige Handlung, und einige verdrehten die Augen, was aber nicht gerechtfertigt war, da er weniger als zehn Minuten brauchte, um über die unerfreuliche Ernte seines Tages Bericht zu erstatten. Poul Troulsen hatte beeindruckende Ermittlungsarbeit geleistet. Mühsam, langweilig, ergebnislos und mitunter schwierig. Ein Teil der Lehrer hatte sich nicht kooperativ gezeigt und wollte fluchtartig das Schulgebäude verlassen, und einer war mit der Behauptung, ein offizielles Anrecht auf seinen Nulltag zu haben, sogar aus dem Fenster gesprungen. Was auch immer dieser Null-tag zu bedeuten hatte. Der Mann saß jetzt jedenfalls in Gladsaxe auf dem Polizeirevier und drehte Däumchen. Man hielt ihn dort wegen Beschädigung öffentlichen Eigentums fest, da er einen dreckigen Stiefelabdruck auf dem Fensterbrett hinterlassen hatte. Nach dieser Episode hatte niemand mehr die Schule verlassen, bevor er sowohl schriftlich als auch mündlich über seine Herbstferien Rechenschaft abgelegt hatte. Abgesehen von der heimlichen Reise zweier Turteltauben, die eine Woche gemeinsam in Paris verbracht hatten, was sie der Polizei ebenso verheimlichen wollten wie ihren Ehepartnern, hatte es aber nichts aufzuklären gegeben. Auch war keiner der Lehrer in der Vergangenheit irgendwie aufgefallen oder straffällig geworden, weshalb es keinerlei Anhaltspunkt gab, jemanden des Massenmordes zu verdächtigen. Im Grunde war das Personal der Schule auffällig gesetzestreu, und die Arbeit eines ganzen Tages hatte eigentlich zu nichts geführt.
Abgesehen von einem kleinen, unerträglichen Detail, über das Poul Troulsen berichtete: »Die leitende Schulpsychologin, Ditte Lubert. Die ist echt unmöglich. Ich habe sie zweimal befragt, wenn man das überhaupt eine Befragung nennen kann. Sie ist … mir fehlen wirklich die Worte, erst recht, wenn ich mich kurz fassen soll. Eigentlich glaube ich, dass sie etwas vor uns geheim hält, aber ich habe keine Ahnung, was. Also entweder muss die jemand anderes übernehmen, oder ich brauche eine offizielle Genehmigung, ihr eine zu verpassen. Am besten beides.«
Kannte man Poul Troulsen nicht, ließ man sich gerne von seinem gutmütigen Ausdruck und seinem vertrauenerweckenden Wesen täuschen: ein netter Opa mit grauem Bart. Konrad Simonsen aber wusste, welch enge Grenzen seine Liebenswürdigkeit hatte, und reagierte sofort auf das Thema Gewalt.
»Comtesse, hast du nicht –«
Pauline Berg fiel ihm ins Wort. »Ich rede morgen früh mit Frau Lubert.«
Alle sahen sie verblüfft an. Das Selbstbewusstsein ihrer neuen Kollegin schien wirklich schnell zu wachsen, besorgniserregend schnell. Konrad Simonsen gab brummend sein Einverständnis, doch erst Sekunden später wurde Poul Troulsen bewusst, dass er erlöst war.
»Herzlichen Dank! Du weißt nicht, auf was du dich da einlässt, aber viel Glück … und vergiss um Himmels willen nicht, sie als leitende Psychologin anzusprechen, sonst schreit sie gleich wieder Zeter und Mordio.«
Damit war auch dieses Thema erledigt, und Poul
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