Schweinehunde / Roman
1988 sterben seine Eltern, und Per Clausen und seine Schwester erben fast neunhunderttausend Kronen. Im folgenden Jahr hat er eine langwierige Auseinandersetzung mit dem Finanzamt, weil er eine halbe Million Kronen für wohltätige Zwecke gespendet hat und diese Summe von der Steuer absetzen möchte. 1992 wird er wegen einer deutlichen Geschwindkeitsüberschreitung auf der Autobahn bei Hillerød auffällig. Im Januar 1993 zieht Helene Clausen zurück zu ihrem Vater und beginnt im gleichen Jahr in der neunten Klasse der Tranehøjschule in Gentofte, bevor sie ein Jahr später auf das Auregaard-Gymnasium wechselt, ebenfalls in Gentofte. Im Sommer 1994 ertrinkt Helene Clausen bei einem Badeunfall am Bellevue-Strand in Klampenborg.«
Konrad Simonsen unterbrach sie. »Wo wurde sie beerdigt?«
Die Comtesse sah zu Arne Pedersen, der den Kopf schüttelte, worauf sie bedauernd mit den Schultern zuckte und fortfuhr: »Per Clausen ist zu diesem Zeitpunkt dreiundfünfzig Jahre alt. Nach dem Tod seiner Tochter geht es sozial und persönlich mit ihm bergab. 1996 gibt er seinen Job als Chefstatistiker der Union auf und beginnt als Hausmeister hier an der Langebæk-Schule. Die Anstellung war ein Freundschaftsdienst seines Chefs bei der Union, der den Schuldirektor in Gladsaxe persönlich kennt. Per Clausen ist zu diesem Zeitpunkt ein Problem: Er trinkt hemmungslos, führt sich schlecht auf und ist ungepflegt. Dennoch meistert er gegen alle Erwartungen seine neue Arbeit weitestgehend, auch wenn er recht häufig krank oder wegen seiner Trunksucht periodisch indisponiert ist. Er ist generell beliebt, wahrt aber die Distanz zu den anderen und spricht nie über sein Privatleben. In den letzten Jahren scheint er sein Alkoholproblem recht gut in den Griff bekommen zu haben. Vor anderthalb Jahren hat er dem Direktor mitgeteilt, dass er an einem bösartigen Tumor im Dickdarm leidet, sechzehnmal ist er daraufhin zur Behandlung im Amtskrankenhaus von Gentofte gewesen. Er bleibt meist ein oder zwei Tage weg, das Krankenhaus kann diese Behandlungen aber nicht bestätigen.«
Konrad Simonsen erhob sich und blieb lange stehen, während er auf das Whiteboard blickte, als wollte er den Stichworten der Comtesse weitere Informationen entlocken. Niemand sagte etwas, nur das leise Rauschen des Computerventilators war zu hören. Endlich kam wieder Leben in ihren Chef: »Ich dachte, er hätte nur uns angelogen. Wo befindet er sich jetzt?«
Poul Troulsen antwortete: »In der Kneipe – welch Überraschung.«
»Haben wir einen Mann vor Ort?«
»Zwei drin und zwei draußen. Mach dir keine Sorgen, Konrad.«
Konrad Simonsen sammelte seine Gedanken und sagte: »Noch eine Sache, ich habe Kasper Planck gebeten, uns bei diesen Ermittlungen zu unterstützen.«
Er sah sich um, alle vier nickten, doch niemand sagte etwas.
Die Comtesse fuhr Konrad Simonsen und Poul Troulsen nach Hause. Sie hörte sich die Spätnachrichten an, während ihr Chef auf dem Beifahrersitz schlummerte und Poul Troulsen über die Pizzen redete. Die zwei anderen ließen ihn reden. Als die Nachrichten vorbei waren, schaltete sie das Radio aus und stieß Konrad Simonsen an.
»Warum hast du denn eine Wache aufstellen lassen? Ist das nicht ein bisschen übertrieben?«
»Wenn du den Polizeiwachtmeister vor der Schule meinst, der soll was lernen.«
»Was denn? Dass Oktobernächte verdammt kalt sein können?«
»Dass man seine Mitmenschen anständig behandelt.«
Poul Troulsen beugte sich zwischen den Sitzen vor.
»Jetzt hört mir aber mal zu! Wenn niemand von uns diese Pizzen bestellt hat und das auch nicht die Schule war, wer war das dann? Irgendjemand muss das doch gewesen sein. Und bezahlt waren sie auch schon, immerhin war das eine Lieferung für mehr als zweitausend Kronen. Ihr müsst mir doch recht geben, da stimmt was nicht.«
Die Comtesse versuchte ihn zum Schweigen zu bringen, indem sie schnell einwarf, dass auch sie das merkwürdig fand, sie wollte lieber weiter über den Wachmann reden.
»Mensch, die Pizzen waren für eine Party bestellt worden, und wir hätten doch niemals von einer Party gesprochen. Von den Angestellten in der Schule weiß auch niemand etwas von einer Party. Die Sekretärin war sich sicher, dass die Restaurants sonst immer …«
Konrad Simonsen war plötzlich hellwach und fiel ihm laut ins Wort: »Eine Party, sagst du. Wann wurden die bestellt?«
»Tja, erst dachte ich natürlich heute, aber der Bote sagte, dass sie keine Ananas mehr gehabt hätten
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