Schweinehunde / Roman
Überwachung steht. Wenn dieser Per Clausen auch nur einen Hund streichelt, will ich zehn Minuten später den Stammbaum des Tieres auf dem Tisch haben.«
»Wird gemacht. Zum vierten Mal. Aber das Observationsteam steht, jeweils zwei Mann – und das sind Experten. Troulsen meint, du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen.«
»Tu es trotzdem, egal, was Poul sagt. Haben wir die Abhörgenehmigung für Clausens Telefon?«
»Ja, aber das war nicht leicht, und die gilt auch nur für drei Tage.«
Konrad Simonsen drückte die Zigarette aus und wurde sich plötzlich bewusst, was für ein Gefühl er in Per Clausens Nähe empfunden hatte. Er hatte es nicht gleich in Worte fassen können, doch jetzt war es da: Genau dieses Gefühl hatte er früher bei diversen Schachturnieren gehabt, wenn er seinem Gegner das erste Mal gegenübergesessen hatte. Respekt und Zusammengehörigkeit, gemischt mit menschlicher Aggressivität, als könne man zwischen einer Person und ihrem Gehirn unterscheiden. Dazu kam noch der unangenehme Eindruck, dass sein Gegner sich auf ihn vorbereitet und seine Spielweise analysiert hatte, wenn nicht sogar sein Leben und seine Persönlichkeit. Er lächelte gequält und vertrieb mit Hilfe der Bilder der Toten in der Turnhalle das Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Hausmeister. Dann wandte er sich Pauline Berg zu.
»Wie war das mit diesen Pizzen? Gibt es noch welche?«
»Massenhaft, soll ich dir eine besorgen? Die haben sie im Lehrerzimmer gestapelt.«
»Gerne, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Kein Problem. Möchtest du sonst noch etwas?«
»Ja, eine Viertelstunde Ruhe.«
Er bekam sie.
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9
A rne Pedersen drehte das Glücksrad. Es war ausbalanciert und erstaunlich funktionstüchtig, vermutlich die pädagogische Frucht eines Schuljahres Werkunterricht. Er hatte einen Becher Zuckerwürfel auf dem Tisch ausgeleert, die sie als Spielfiguren nutzten. Der Zeiger des Rades landete auf einer Sonne, und er stellte die Zuckerwürfel neu auf, bevor er das Rad noch einmal drehte. Das metallische Klicken erfüllte das Lehrerzimmer.
»Kannst du damit nicht aufhören, das nervt?«
Die Comtesse kämpfte mit einem Computer, der ihr einfach nicht gehorchen wollte. Der Bildschirm wurde an eine große Leinwand geworfen, und ohne auch nur einen Funken davon zu verstehen, sah ihr Poul Troulsen bei ihren Bemühungen interessiert zu. Der dicke Stapel Papiere, der auf seinem Schoß lag, verhieß für ihren Nachtschlaf nichts Gutes.
Arne Pedersen antwortete nicht, und kurz darauf klackerte das Rad einem neuen Zufall entgegen. Die Comtesse sah mit aufforderndem Blick zu Pauline Berg hinüber, die sich sogleich erhob und kurz darauf mit Arne Pedersen und einem Stück Zucker im Mund zurückkam. Sie drückte ihn neben Poul Troulsen auf einen Stuhl, wo er einen Moment lang vor sich hin brummte, bis sein Blick auf die Akten auf dem Schoß seines Nebenmanns fiel.
»Die willst du aber nicht alle durchgehen, oder?«
Poul Troulsen war dafür berüchtigt, sich ebenso lang und breit mit seiner Arbeit zu beschäftigen, wie er sich anschließend darüber ausließ. Dazu kam, dass er beunruhigend frisch aussah, obgleich er der Älteste von ihnen war. Die Comtesse pflichtete Arne Pedersen ein seltenes Mal bei.
»Arne hat da nicht ganz unrecht, Poul. Du überdrehst sonst noch, außerdem wollen alle gerne nach Hause.«
»Amen, Amen und nochmals Amen. Ich bin müde, ich habe keine Lust mehr, und mir ist einfach nicht klar, warum gerade dieser Hausmeister nicht bis morgen warten kann. Wo zum Henker bleibt eigentlich Konrad?«
»Ich bin hier, Arne. Und vielleicht hast du recht, vielleicht sollten wir warten, aber da ich nun mal die Ermittlungen leite und die Arbeit verteile, kann ich dir nur sagen, akzeptier das oder verschwinde.«
Konrad Simonsen war durch den Hintereingang gekommen, so dass ihn niemand bemerkt hatte, bis er plötzlich am Tisch stand. Im Präsidium war der Leiter der Mordkommission für seine gleichermaßen beeindruckende wie irritierende Fähigkeit bekannt, sofort im Mittelpunkt zu stehen, wenn er einen Raum betrat. Und das häufig, ohne viel zu sagen. Sein jetziger Auftritt hatte sie so dermaßen überrumpelt, dass eine Reaktion nicht ausblieb. Arne Pedersen hatte Respekt vor seinem Chef, er fürchtete ihn aber nicht, und diese Zurechtweisung ging entschieden zu weit. Er schob seinen Stuhl gereizt zurück und machte eine wütende Armbewegung.
Konrad Simonsen besann sich: »Okay, okay, entschuldige, aber du
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