Schweinehunde / Roman
sie wisse, dass dieser Mann Hausmeister an der früheren Schule ihres Sohnes sei.«
»Das kann doch nicht stimmen!«
»Doch, doch. Sie unterscheidet ganz offensichtlich zwischen Menschen, die sie kennt, und solchen, von denen sie nur weiß, wer sie sind, was ja eigentlich gar nicht so dumm ist.«
Die Comtesse nickte nachdenklich.
»Ich bin gespannt, wie Per Clausen uns diese Bestellung erklären will. Das wird ein interessanter Nachmittag. Willst du nicht gleich mal Konrad anrufen? Er ist in der Gerichtsmedizin jetzt sicher fertig.«
»Willst du das nicht übernehmen? Ich muss dringend auf die Toilette, außerdem muss ich die hier abliefern, bevor sie zu warm werden. Wo hast du den Neuen versteckt?«
Poul Troulsen holte stolz zwei Flaschen Cola aus seiner Tasche.
»Ich bin beeindruckt, hätte nicht gedacht, dass du SMS liest.«
»Wenn ich die Wahrheit sagen soll, habe ich das auch nicht allein gemacht. Jemand hat mir geholfen.«
»Malte sitzt nebenan und programmiert. Er will unsere Berichte miteinander verlinken, damit wir Querverweise finden können. Es war seine eigene Idee, frag ihn bloß nicht nach Details.«
Malte Brorup nahm dankbar seine Cola entgegen. Während er das Geld heraussuchte, warf Poul Troulsen flüchtig einen Blick auf Maltes Arbeit, bis ihn plötzlich das Interesse packte.
»Sag mal, was machst du da eigentlich?«
»Ein Querverweissystem. Erspart euch eine Menge Zeit. Ermöglicht euch, automatisch nach Ähnlichkeiten zu suchen, induktiv und asynchron. Auf dem Netz habe ich eine coole AI-Class-Library gefunden. Ich verknüpfe auch noch die Krankenhäuser und Telefongesellschaften. Die großen habe ich, nur Herlev fehlt noch. Die sind nicht leicht zu knacken, aber ich versuche es heute Abend noch einmal.«
Sein Zuhörer sah nicht gerade aus wie jemand, der die Tiefe seiner Aussage erfasste, weshalb er hinzufügte: »AI bedeutet Artificial Intelligence
.
«
Poul Troulsen legte seine Hand schwer auf die Schulter des Jungen und sagte ruhig: »Vielleicht solltest du beginnen, dich eher in Sätzen statt in Stichworten auszudrücken, ich verstehe sonst nicht, was du meinst – aber sag mal, weißt du denn nicht, dass es verboten ist, sich in fremde Datensysteme einzuhacken?«
Malte Brorup zögerte.
»Aber sind wir denn nicht die Polizei?«
Es verunsicherte ihn, dass der kräftige Mann so dicht vor ihm stand, und als dieser nun auch noch das Thema wechselte, verlor er den Boden unter den Füßen.
»Malte, wer ist der dänische Staatspräsident?«
Er dachte nach, dass es knirschte, während seine Finger zu den Tasten schlichen. Die Frage war mit Hilfe von Google im Bruchteil einer Sekunde zu beantworten, aber das wäre ihm jetzt wie ein Betrug vorgekommen.
»Einer aus Jütland, glaube ich.«
»Die kommen immer aus Jütland. Kannst du das näher eingrenzen?«
Er drückte sich selbst die Daumen und riet.
»Århus?«
Poul Troulsen verschob seinen Toilettengang. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnten, war eine Schlagzeile über Polizeihacker. Zurück bei der Comtesse, erklärte er ihr die Situation und empfahl ihr wärmstens, ihrem Protegé schnellstmöglich eine Lektion über Staatsbürgerkunde zu erteilen, beginnend mit dem Grundgesetz. Sie teilte seine Meinung, nahm das Ganze aber etwas gelassener, als ihm lieb war.
»Okay, ich rede mit ihm, in der Zwischenzeit kannst du mal überprüfen, wie es mit deinen Erdkundekenntnissen aussieht, oder du holst gleich eine Dänemarkkarte.«
»Wie meinst du das?«
»Konrad will, dass einer von uns nach Tarm fährt, um mit der Schwester des Hausmeisters zu reden, und wenn ich mich richtig erinnere, war ich das, die beim letzten Mal …«
Sie ließ den Satz in der Luft hängen. Troulsen kapitulierte aber gleich.
»Okay, ich mach das. Kann ich mir dein Auto leihen?«
Das Telefon der Comtesse klingelte, so dass sie ihm nur zunickte. Die Nachricht war kurz, aber offenbar ernst, denn sobald sie aufgelegt hatte, sagte sie leise: »Per Clausen ist abgehauen.«
»Das kann doch nicht wahr sein! Sag, dass das ein Witz ist!«, schimpfte Troulsen.
»Das wäre dann aber ein sauschlechter.«
Tarm erschien ihm plötzlich als recht verlockende Alternative.
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16
E s war jetzt sechs Tage her, dass die Krankenschwester Helle Smidt Jørgensen den Männern im Kleinbus die Spritzen gesetzt hatte. Sechs unangenehme Tage, und dann noch zwei schreckliche Nächte mit Onkel Bernhard. Der heutige Tag aber übertraf alles, denn von jeder Titelseite
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