Schweinehunde / Roman
Hahnenschrei, um die Ware einzusortieren. Diese Gelegenheit musste er nutzen, außerdem konnte er dann die ganze Nacht den Baum bearbeiten. Wenn er die Umdrehungsgeschwindigkeit der Motorsäge und damit die Geschwindigkeit der Kette auf das Minimum drosselte, sollte er den Lärm auf ein akzeptables Niveau senken können. Natürlich bedeutete das auch eine längere Arbeitszeit, aber Zeit hatte er ja genug. Zuerst musste er einen Fallkerb schneiden. Das Sägeblatt seiner Motorsäge war kürzer als der Durchmesser des Baumes, was ihn zwang, von beiden Seiten zu arbeiten. Dann der Fällschnitt exakt parallel zum Fallkerb, wobei er wechselweise mit schiebender und ziehender Kette arbeiten musste. Ein paar solide Plastikkeile, damit sich das Schwert nicht festfraß, und zu guter Letzt der Herzschnitt, den er zunächst nicht ganz zu Ende ausführen würde. Wenn er dann so weit war, dauerte es etwa noch zwanzig Sekunden, bis der Baum fiel.
Ein letztes Mal sah er nach oben in die Äste, ehe sein Blick sich auf die Imbissbude richtete. Dann lächelte er gelassen und sagte leise: »Bumm.«
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15
P oul Troulsen betrat gut gelaunt den Lesesaal der Langebæk-Schule, und die Comtesse nutzte sein Eintreffen, um endlich eine wohlverdiente Pause zu machen. Sie hörte schon zum zweiten Mal die Aufnahme der missglückten Befragung von Fräulein Lubert ab. Dieses Mal hatte die Frau sogar ihren eigenen Fachanwalt mitgebracht – ein wohlwollender, kompetenter Mann, der ihr vermutlich zur Seite stehen musste, weil er ihr Schwager war. Die Comtesse kannte den Mann gut und hoffte für ihn, dass die Schwester des Fräulein Lubert etwas anders geraten war. Eigentlich hatte niemand jemanden wie Ditte Lubert verdient. Trotz Pauline Bergs redlichen Einsatzes und des indirekten Beistandes des Anwalts waren sie bei der Befragung lange Zeit nicht vom Fleck gekommen. Lubert hatte ihnen das Wort im Munde umgedreht, es zigmal hin und her definiert, bis sich niemand mehr an die Frage erinnerte und eine vernünftige Antwort gar nicht mehr möglich war. Nach knapp einer Stunde Leerlauf hatte Pauline Berg der Quälerei ein Ende gemacht und das Handtuch geworfen.
»Was machst du?«
»Im Moment ziemlich viel gleichzeitig. Sechs meiner Leute durchkämmen die Schule, und zwei weitere sind noch einmal bei den Nachbarn. Aber die arbeiten ja selbständig, sieht man mal davon ab, dass sie mir in regelmäßigen Abständen mitteilen, dass es nichts Interessantes gibt. Außerdem nehme ich die Informationen über Per Clausen entgegen. Der Leiter der Observierung meldet sich im Halbstundentakt bei mir, das ist also auch noch zu verkraften.«
»Wo ist er jetzt?«
»Im Moment kauft er im lokalen Supermarkt ein.«
»Und was ist mit der da. Ist das diese Schnepfe, diese Lubert?«
Er deutete auf das Tonbandgerät, das vor der Comtesse stand.
»Richtig geraten. Pauline hat sich festgefahren. Manchmal nimmt sie ihren Mund doch etwas zu voll.«
Poul Troulsen grinste.
»Spiel mir mal ein Stück vor.«
Die Comtesse spulte das Band zurück.
»Du bist ganz schön schadenfroh, jetzt, da sie nicht mehr dein Problem ist.«
Sie schaltete das Gerät ein und drehte die Lautstärke auf. Die scheppernde Stimme der Schulpsychologin Ditte Lubert erfüllte den Raum.
»Ich hatte sicher irgendeine Arbeit zu erledigen.«
»Sie haben uns aber gesagt, Sie hätten in der letzten Woche Ferien gehabt. Stimmt das nicht?«
»Das haben Sie schon einmal gefragt, Sie sollten Ihre Befragungen koordinieren.«
»Stimmt es, oder stimmt es nicht?«
»Dass ich Ferien hatte? Oder dass ich gesagt habe, dass ich Ferien hatte?«
»Ob Sie Ferien hatten.«
»Wenn ich gesagt habe, dass ich Ferien hatte, hatte ich auch Ferien.«
»Dann stimmt das also?«
»Führt das hier eigentlich zu etwas?«
»Das weiß ich nicht, Ditte.«
Die Comtesse drückte den Pausenknopf und erklärte kurz: »Sie kam heute in Begleitung eines Rechtsanwalts. Eigentlich ein vernünftiger Mann, der Arme ist nur leider mit ihrer Schwester verheiratet.«
»Was haben Sie in Ihren Ferien gemacht?«
»Muss ich darauf antworten? Geht es die Polizei wirklich etwas an, was ich in meinen Ferien gemacht habe?«
»Nein, du musst auf keine der Fragen antworten. Das habe ich dir gestern bereits gesagt, Ditte.«
»Hat sie überhaupt das Recht, danach zu fragen, was ich getan habe?«
»Ja, das hat sie, aber es steht dir, wie gesagt, frei, die Fragen nicht zu beantworten.«
Die Comtesse spulte ein Stück
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