Schweinehunde / Roman
Comtesse akzeptierte ihre Beteuerung mit einem Lächeln.
»Machen wir uns dann auf den Weg nach Fünen?«, fragte Pauline Berg.
Der Auftrag kam nicht überraschend. Es hatte in der Luft gelegen, dass sie sich, sobald die ersten Opfer identifiziert waren, auf den Weg machen mussten, um sich vor Ort ihre Brötchen zu verdienen, wohin sie dieser Weg auch führen sollte. Bereits zwei Tage zuvor hatte Pauline Berg deshalb ihre Nachbarn gebeten, im Fall der Fälle ihre Katze zu füttern …
»Ja, lieber jetzt als gleich. Wir fahren aber erst noch bei dir vorbei, damit du dir ein paar Sachen holen kannst. Ich gehe davon aus, dass du schon gepackt hast?«
»Ja, Arne hat mir schon gesagt, dass die nächsten Tage etwas turbulent werden könnten. Woher auch immer er das wusste.«
»Eine qualifizierte Annahme, bist du traurig darüber, dass du mit mir und nicht mit ihm fahren musst?«
Obwohl ihre Stimme neckend klang, war der ernste Unterton nicht zu überhören. Pauline Berg entschloss sich, die Frage wörtlich zu nehmen, und antwortete ehrlich: »Nein, das bin ich nicht. Das zwischen ihm und mir … ich weiß nicht, irgendwie wird das fürchterlich kompliziert, wenn es das nicht schon ist.«
»Wenn du das sagst, wird es wohl stimmen.«
»Ja, eigentlich kann er mit seinem Leben doch zufrieden sein, oder? Ich meine, mit seinen Kindern und so.«
»Das musst du ihn selbst fragen. Wenn ihr miteinander ins Bett gehen könnt, solltet ihr auch miteinander reden können.«
»Schon, aber ich habe dich ganz bewusst gefragt.«
»Willst du meine ehrliche Meinung hören?«
Pauline Berg nickte.
»Arne würde seine Kinder niemals verlassen, und das wäre auch nicht gut, du solltest gar nicht erst versuchen, ihn dazu zu bringen. Das wird doch nichts. Aber jetzt müssen wir wirklich los, ich stehe im Halteverbot.«
Pauline Berg kannte die grenzenlose Verachtung der Comtesse für Strafzettel, ließ sich aber trotzdem noch etwas Zeit und trank in Ruhe ihren Kaffee aus. Sie hatte bestätigt bekommen, was sie eigentlich bereits wusste, und auch wenn ihre Kollegin sie nicht mit Samthandschuhen angefasst hatte, taten die Worte ihr gut. Sie ließ das Thema fallen und fragte: »Woher wusstest du, wo ich bin? Und warum hast du nicht angerufen?«
»Das habe ich. Viermal, aber ohne Erfolg, also entweder ist dein Akku leer, oder du hast dein Handy ausgemacht. Simon meinte, dass du sicher hier bist und irgendein Klatschblatt liest.«
Die Röte kam auf Pauline Bergs Wangen zurück.
Peinlich berührt fragte sie: »Wie konnte er das wissen?«
Die Comtesse lachte trocken auf.
»Woher soll ich das denn wissen?«
Dann fügte sie etwas versöhnlicher hinzu: »Simons Kontaktnetz innerhalb der Polizei ist ziemlich groß, und dein Versteck liegt in der Gegend Kopenhagens mit der größten Polizeidichte, man wird dich also wohl verpetzt haben. Bestimmt bist du einem deiner männlichen Kollegen aufgefallen. Kommst du jetzt?«
Pauline Berg ergriff den Strohhalm und ignorierte die Frage.
»Ja, bestimmt hat jemand geredet. Wieder einmal typisch Mann.«
Die Comtesse stimmte ihr zu.
»Ja, komm jetzt. Wir müssen los.«
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33
A nni Staal saß an ihrem Schreibtisch in der Zeitungsredaktion und wartete ungeduldig auf den Bericht ihrer Volontärin, doch Anita Dahlgren blätterte ohne jede Eile durch ihre Papiere, wohl wissend, dass diese Langsamkeit ihre Chefin ärgerte.
Die Beziehung der beiden Frauen war in den letzten Tagen noch schlechter geworden, sie konnten sich ganz einfach nicht ausstehen, wobei keine die fachliche Qualifikation der anderen in Frage stellte. Anni Staal stand seit dem Montag, an dem die Morde entdeckt worden waren, konstant im Mittelpunkt. Ihr Stoff füllte Tag für Tag einen Großteil der Zeitung, und es deutete einiges darauf hin, dass dies auch noch eine ganze Weile so weitergehen würde. Trotz des gewaltigen Druckes, unter dem sie stand, schien sie diese Situation zu genießen. Wie eine Ratte in einer Kloake, dachte Anita Dahlgren, die gleichzeitig aber auch erkannte, wie viel sie von ihrer verhassten Betreuerin und Vorgesetzten noch lernen konnte. Sah sie von dem grenzenlosen Zynismus und der nicht minder großen Selbstverliebtheit der Frau ab, war ihre Chefin eine Topjournalistin.
Auch Anni Staal war keineswegs blind für die Begabung ihrer neuen Volontärin. Die junge Frau war ein heller Kopf, fleißig und einfühlsam und kam vor allem immer wieder mit außergewöhnlich kreativen Ideen, die allesamt umgesetzt
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