Schweinsgalopp
unten.«
»Ach?« erwiderte Katzenauge wie aus weiter Ferne. » Unser Vater versohlte uns, wenn wir versuchten, den Keller zu verlassen. So, und jetzt Schluß damit.«
Sie erreichten das Ende der Treppe.
Erstaunlicherweise lag dort niemand. Keine einzige Leiche.
»Er kann doch unmöglich überlebt haben«, sagte Mittlerer Dave.
»Ich hab gesehen, wie er vorbeigerollt ist«, meinte Katzenauge. »Normale Hälse sind nicht so gebogen…«
Er blickte empor.
»Wer bewegt sich da oben?«
»Was ist mit ihren Hälsen ?« fragte Hühnerdraht mit zitternder Stimme.
»Wir teilen uns!« sagte Mittlerer Dave. »Und jeder nimmt eine Treppe. Dann können sie uns nicht entwischen!«
»Wer sind sie? Und warum sind sie hier?«
»Warum sind wir hier?« fragte Pfirsich. Er zuckte zusammen und drehte sich um.
»Wollen sie uns vielleicht um unser Geld bringen? Nachdem wir die ganze Zeit über ihn ertragen haben?«
»Ja…«, entgegnete Pfirsich geistesabwesend. Er folgte den anderen. »Ah… habt ihr vorhin das Geräusch gehört?«
»Welches Geräusch?«
»Es klang nach einer Art… Schnippschnapp.«
»Nein.«
»Nein.«
»Nein. Das hast du dir bestimmt nur eingebildet.«
Pfirsich nickte kummervoll.
Als er die Treppe hinaufging, eilten kleine Schatten durch den Stein und folgten seinen Füßen.
Susanne verließ die Treppe und zog den o Gott durch einen mit weißen Türen gesäumten Flur.
»Ich glaube, die Leute haben uns gesehen«, sagte sie. »Und wenn es Zahnfeen sind… dann ist dies ein ziemlich dummes Beispiel für die Politik der Chancengleichheit…«
Sie öffnete eine Tür.
Das Zimmer hatte keine Fenster, aber es war trotzdem hell darin – das Licht kam von den Wänden. In der Mitte stand eine offene Vitrine. Kleine Karten lagen auf dem Boden verstreut. Susanne griff nach einer und las: »Thomas Schüttelfrost, Alter 4 und fast drei Viertel, Schloßblick 9, Sto Lat.« Die Worte waren in einer sorgfältigen, runden Handschrift geschrieben.
Susanne kehrte in den Flur zurück, betrat ein anderes Zimmer und fand dort die gleiche Szene der Verwüstung vor.
»Wir wissen jetzt, wo sich die Zähne befanden«, sagte sie. »Offenbar hat jemand sie aus allen Zimmern geholt und nach unten gebracht.«
»Warum?«
Die junge Frau seufzte. »Diese Art von Magie ist so alt, daß es eigentlich gar keine Magie mehr ist. Wenn man etwas von jemandem hat, Haare, einen abgeschnittenen Fingernagel oder einen Zahn… dann kann man den Betreffenden kontrollieren.«
Gallig versuchte, diesen Hinweis zu verstehen.
»Mit dem Haufen werden Millionen von Kindern kontrolliert?«
»Ja. Auch Kinder, die inzwischen zu Erwachsenen geworden sind.«
»Und… und man kann bestimmen, wie sie denken und sich verhalten?«
Susanne nickte. »Ja.«
»Man könnte sie dazu bringen, Papas Brieftasche zu öffnen und den Inhalt irgendwohin zu schicken?«
»Nun, diese Möglichkeit ist mir bisher nicht in den Sinn gekommen, aber ich nehme an, das ließe sich durchaus bewerkstelligen…«
»Oder man könnte dafür sorgen, daß die Kinder in den Partykeller gehen, dort alle Flaschen zertrümmern und schwören, als Erwachsene nie einen Tropfen Alkohol anzurühren?« fragte der o Gott hoffnungsvoll.
»Wovon redest du da?«
»Für dich ist alles in Ordnung. Du erwachst nicht jeden Morgen, um kurz darauf den Kopf in den Abort zu stecken. Es gibt ein besseres Panorama, glaub mir.«
Mittlerer Dave und Katzenauge eilten durch den Flur und stoppten an der Abzweigung.
»Du gehst dort entlang, und ich…«
»Können wir nicht zusammenbleiben?« fragte Katzenauge.
»Was ist bloß los mit euch? Als wir das Ding in Quirm drehten, habt ihr den Wachhunden die Kehle durchgebissen! Soll ich dir vielleicht die Hand halten? Du überprüfst die Türen dort drüben, und ich nehme mir die hier vor.«
Er ging fort.
Katzenauge spähte in den anderen Flur.
Er war nicht sehr lang, und es gab dort nicht so viele Türen. Kaffeetrinkens Worte fielen ihm ein. Er hat bestimmt nicht recht, dachte Katzenauge. Hier sind nur die Dinge gefährlich, die wir selbst mitgebracht haben.
Stimmen erklangen hinter einer Tür, und Erleichterung durchströmte ihn.
Mit Menschen konnte er fertig werden.
Als er sich näherte, hörte er etwas anderes und drehte den Kopf.
Schatten rasten hinter ihm durch den Gang. Sie strömten über die Decke und flossen an den Wänden herab.
Wo sie sich trafen, wurden sie dunkler. Und dunkler.
Und sie erhoben sich. Und sie
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