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Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Titel: Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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Elektrizität. Lächerlich. Kaum ist die Oma fertig mit Schreien, fängt der Blaumann an. Er weiß natürlich nicht, dass die Oma taub ist, und schreit sie jetzt an aus Leibeskräften. Obwohl sie nicht hört, was er schreit, merkt sie natürlich gleich, dass es feindlich ist, deshalb muss sie ihm gegen’s Schienbein treten. Jesus Christus! Und was macht der Blaumann? Er SCHUBST die Oma! Das war ein Fehler. Ein verhängnisvoller. Niemand schubst die Oma. Niemand! So schnell kann er gar nicht schauen, da liegt er bäuchlings auf dem Boden, und ich hock auf ihm drauf. Meine Waffe zielt auf seinen Hinterkopf.
    Ja, wo kämen wir denn da hin? Wenn jetzt schon winzige, uralte und hilflose Menschen dem ungezügelten Aggressionspotenzial proletarischer Handwerker ausgeliefert sind?
    Der Blaumann wimmert.
    Der Ziegenbart weint.
    Ein Geschrei ist das, das kann man gar nicht glauben.
    Das Ende vom Lied ist, dass von dem ganzen Remmidemmi der Geschäftsführer kommt.
    Das Zicklein kriegt eine Abmahnung.
    Wir kriegen dreißig Prozent.
    Ein großartiger Einkauf, wirklich.
     
    Tags darauf, gleich wie ich zur Küche reinkomm, erfahr ich es schon: Der Alibert hängt. Der Papa sagt, die Oma und er |40| hätten weder Kosten noch Mühen gescheut und im Schweiße ihres Angesichtes und mit Hilfe erstklassiger Dübel wäre der Spiegelschrank jetzt da, wo er sein soll. Nämlich drüben in meinem Bad. Das war gar nicht so einfach, sagt er weiter. Weil das Teil natürlich ein Mordsgewicht hat. Und mit lauter Ausrichten und Halten und Bohren sind sie schon ganz schön ins Schwitzen geraten. Aber jetzt hängt er, und zwar niet- und nagelfest.
    Das muss ich mir natürlich gleich anschauen. Das muss ich mir anschauen und freu mich, endlich statt grün-gelbem Schachbrett in Zukunft mein Gesicht betrachten zu können.
    Na gut, so direkt mein Gesicht kann ich dann leider nicht betrachten. Es ist mehr die Brust. Weil halt der Papa den Part des Bohrens übernommen hat und die Oma mehr das Ausrichten. Und natürlich hat sie hervorragend ausgerichtet. Exakt auf ihre Körpergröße. Ich kann also jetzt beim Zähneputzen entweder knien oder meine Brustwarzen beäugen. So genau weiß ich noch nicht, für welche Version ich mich entscheide.
     
    Wie ich nach der großartigen Bescherung und einem mageren Mittagessen wieder in mein Büro komm, hockt der Bürgermeister drinnen. Genauer gesagt hockt er auf meinem Platz. Und er macht keinerlei Anstalten, diesen zu räumen. Ich häng meine Jacke an den Haken und setz mich auf den Schreibtisch. Schließlich ist es ja meiner.
    »Was verschafft mir die Ehre?«, frag ich ihn dann.
    »Eberhofer, Eberhofer   …«
    Diese Stimmlage kenn ich. Eine Belobigung brauch ich jetzt gar nicht erst zu erwarten. Der Bürgermeister steht auf und geht ans Fenster. Er verschränkt die Arme im Rücken. Das ist an Dramatik kaum noch zu steigern.
    |41| »Raus damit«, sag ich und probier’s mal mit einem fröhlichen Tonfall. Der Bürgermeister geht gar nicht drauf ein. Nix mit fröhlich. Gar nix. Er dreht sich langsam zu mir um und schaut mich an wie ein Trauerkloß.
    »Ist jemand gestorben?«, frag ich, weil’s mir direkt so ins Hirn schießt.
    »Wenn Sie so wollen, Eberhofer, dann ist die Würde der Bayerischen Polizei gestorben. Oder zumindest liegt sie im Sterben.«
    Er spricht in Rätseln. Irgendwie ist mir jetzt auch nicht mehr wohl auf der Schreibtischplatte, weil es eine Überlegenheit darstellt. Und momentan fühl ich mich alles andere als überlegen. Ich setz mich auf meinen Bürostuhl.
    »Der Geschäftsführer vom Praktiker hat sich beschwert.«
    Aha, daher weht der Wind.
    »Ja, über was beschwert er sich denn so alles, der Geschäftsführer vom Praktiker?«
    »Herrschaft, Eberhofer, jetzt reißen Sie sich doch einmal zusammen! Was denken Sie sich denn eigentlich dabei, mitten am Nachmittag, also in Ihrer Dienstzeit, zum Einkaufen zu fahren? Was denken Sie sich dabei, wildfremde Kunden anzugreifen? Oder sich auf dem Boden zu wälzen. Ausgerechnet jetzt, wo Sie diese wunderbare Uniform tragen. Ein Vorbild müssten Sie da sein. Ein Vorbild, jawoll, ja. Und was tun Sie? Sie treiben mich zum Wahnsinn, Eberhofer!«
    Huihuihui! Im Laufe seines hysterischen Anfalls hat er sich auf den Schreibtisch gestützt und atmet mich jetzt direkt an. Das geht jetzt aber wirklich zu weit. Das lässt sich ja nicht ertragen. Beim besten Willen nicht. Ich steh also auf und ein bisschen blöd im Büro rum.
    »Und dann diese leidige Geschichte

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