Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
Moratschek dann.
Ich steh auf und geh zur Tür. Er folgt mir, macht sie einen Spalt auf, grad so, dass ich hinausschlüpfen kann, und haut |45| sie dann gleich wieder hinter mir zu. Irgendwie kommt er mir heut ein bisschen sonderbar vor, muss ich schon sagen. Ich hol also zwei Becher Kaffee und gehe zurück. Und wieder macht er mir die Tür auf und drückt sie hinter mir sofort ins Schloss zurück.
»Ist irgendwas mit Ihrer Bürotür«, möcht ich jetzt doch wissen.
Der Moratschek schüttelt den Kopf und trinkt erst mal seinen Kaffee. Nachdem er sich dann noch ein gutes Häufchen Gletscherprise hinter die Kiemen gezogen hat, redet er endlich.
»Heut in der Früh hab ich eine Nachricht an meiner Windschutzscheibe gefunden. Eine Nachricht vom Küstner«, flüstert er mir über den Schreibtisch.
»Und was schreibt er so, der Küstner?«
»Dass er mich abschlachtet wie ein räudiges Vieh, wenn er mich findet. Und sagen wir einmal so, schwer zu finden bin ich ja eigentlich nicht, gell.«
»Haben Sie das gemeldet?«
»Ja, das ist so eine Sache, Eberhofer. Weil: die Nachricht … die Nachricht war nämlich auf die gefrorene Scheibe gekratzt. Und bis die Streife eingetroffen ist, war davon überhaupt nichts mehr zu lesen.«
»Wieso nicht?«
»Ja, weil’s halt aufgetaut war, Mensch. Weil halt die Sonne drauf geschienen hat.«
Aha.
»Aha«, sag ich – und hab da so einen Verdacht.
»Und was wollen S’ jetzt ausgerechnet von mir?«, frag ich noch mal nach. Er sagt nichts.
»Kann es sein, dass die Kollegen Ihnen das nicht geglaubt haben, das mit der Nachricht auf der Autoscheibe?«
»Ja, geglaubt, was heißt da geglaubt. Die meinen halt, |46| dass ich mich jetzt da in was verrenn. Weil er mich halt im Gerichtssaal bedroht hat, gell. Und außerdem glauben die überhaupt nicht, dass er noch irgendwo da bei uns herumhängt. Die sagen, der ist hundertprozentig schon rüber ins Ausland. Weil: bei diesen Temperaturen kann kein Mensch draußen überleben. Und wenn er irgendwo drinnen wär, hätten sie ihn doch schon längst gefunden.«
»Und weil Ihnen das sonst keiner glaubt, kommen S’ jetzt ausgerechnet zu mir?«
»Ja, was soll ich denn sonst tun, verdammt?«
Er steht auf und geht zum Fenster. Zieht praktisch die gleiche Show ab, wie kurz davor der Bürgermeister. Lernen die das eigentlich irgendwo? Gibt’s da vielleicht ein Seminar dafür?
»Herrschaft, Eberhofer, wie lang kennen wir uns denn jetzt? Wir haben doch schon alles Mögliche zusammen gemeistert, oder? Sie können mich doch nicht einfach so hängen lassen.«
Ich muss grinsen. Das hätt ich mir im Leben nicht gedacht, dass es einmal so weit kommt.
Sonst war es ja eher immer umgekehrt. Sonst ist der Franz nämlich immer auf seinen Knien hier ins Büro gerutscht und hat gehofft, dass der Richter ihm irgendwas glaubt. Hat er aber nicht. Nicht ein einziges Mal. Dem Richter seine Worte waren nur: Meinen S’ nicht, dass Sie sich jetzt da in was verrennen, Eberhofer. Regeln S’ den Verkehr und halten S’ das Maul. Fertig. Und dabei hätt ich seine Unterstützung das eine oder andere Mal wirklich dringend gebraucht, frag nicht. Allein bei meinem Vierfachmord. Aber nix. Alles Unfälle, hat er damals gesagt, der Richter. Am Schluss hat er dann schon ziemlich blöd geschaut, muss man jetzt sagen. Aber zuerst … zuerst hat er mich ausgelacht und den Verkehr regeln lassen.
|47| Heut ist die Situation aber anders. Und zwar völlig anders. Jetzt will der ehrenwerte Richter nämlich etwas von mir. Und das tut auch mal gut.
Ich steh dann auch auf, aber nur, um mich auf seinen Schreibtisch zu setzen.
»Und was genau erwarten Sie von mir?«, frag ich.
»Dass Sie bei mir übernachten.«
Mich haut’s fast vom Tisch, wie ich das hör. Ja, so weit kommt’s noch!
»Sie, Moratschek, glauben Sie nicht, dass Sie sich jetzt da in was verrennen? Nehmen S’ Ihr Frauchen mit ins Bett und kuscheln S’ ein bisschen. Dann wird Ihnen schon keiner was tun, gell«, sag ich, und dann bin ich auch schon draußen. Ja, wo kommen wir denn da hin, wenn ein jeder verschrobene Richter seinen privaten Bodyguard kriegt?
Daheim angekommen, seh ich auch schon das Auto vom Leopold im Hof stehen. Was für eine Freude. Ich geh mit meinen panierten Schnitzeln aus der Hausbräterei Simmerl direkt in den Saustall rüber und mach mir da ein Bier auf. Nach dem Essen schnapp ich mir den Ludwig, und wir drehen unsere Runde. Eins-zweiundzwanzig brauchen wir dafür, weil wir
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