Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
mit Ihrer Waffe«, sagt der Bürgermeister jetzt weiter und starrt wieder armverschränkt aus dem Fenster.
|42| »Himmelherrschaft, wie oft haben Sie es denn schon hören müssen, dass Sie die Waffe da lassen sollen, wo sie hingehört, nämlich im Halfter. Na, Eberhofer, wie oft?«
»Ja mei«, sag ich schulterzuckenderweise.
Er sagt nichts und schaut, wie wenn ich ihm grad die Dienstwaffe unter die Nase gehalten hätte.
Meine Güte! Dass mir da jetzt der Geschäftsführer so einen Aufstand macht, damit hätt ich nicht gerechnet. Weil er auch noch so scheißerlfreundlich war, wie wir weg sind. Hat uns dann sogar noch hinterhergewunken, der alte Gratler.
Aber gut. Dann weiß man ja jetzt, woran man ist.
Der Bürgermeister schnauft tief durch und dreht sich wieder zu mir her.
»War’s das jetzt?«, frag ich dann.
»Ja … das war’s dann. Und, Eberhofer, wagen Sie es nicht noch einmal, diese wunderbare bayerische Uniform zu verunglimpfen. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie sich darin zu benehmen haben, dann sind Sie es auch nicht wert, sie zu tragen. Sind wir uns da einig?«
Und wie wir uns da einig sind! So schnell kann er gar nicht schauen, und ich hab diese wunderbare bayerische Uniform ausgezogen und in seine wunderbar bayerischen Arme gedrückt. Ich zieh den Einsatzgürtel direkt über die Unterhosen und fertig.
Jetzt schaut er aber blöd, der Herr Bürgermeister. Und ich mach mich auf den Weg zum Streifenwagen.
»Ach ja, und rufen Sie den Moratschek an!«, schreit er mir noch hinterher.
Jetzt wird’s aber hinten höher als vorn.
Den Moratschek anrufen! Das auch noch! Als würde ein Anschiss am Tag nicht genügen. Normalerweise sprechen sie sich ja ab, der Moratschek und der Bürgermeister. Wer |43| von ihnen mich zur Sau macht. Aber heute praktisch gleich ein Zwiefacher. Das wird ja immer schöner.
Und das mit der Waffe, da hat er gut reden, der Klugscheißer. Ist der schon einmal schwer angeschossen worden? Nein! Aber ich! Bei einem brutalen Banküberfall, in meiner Dienstzeit in München. Und das war kein Spaß nicht, das kannst du mir glauben. Und wenn man eben, so wie ich, schon einmal schwer angeschossen wurde, dann weiß man, es gibt nur einen einzigen wahren Freund im Leben. Und der ist aus Metall. Überhaupt war diese Münchener Zeit schon unglaublich aufregend. Jeden Tag ein Krimi, kann man schon fast sagen. Ganz anders halt wie hier den Dorfgendarm zu spielen. Ja, ganz anders. Aber das wär heut eh nix mehr für mich. Dieser ganze Stress. Nein, da kann der Bürgermeister so blöd daherreden, wie er mag, hier ist es doch bedeutend entspannter.
Wie ich daheim aus dem Auto steig, ist akkurat der Papa im Hof. Es schneit schon wieder, und er schaufelt den Weg zum Haus frei. Dann schaut er mich an.
»Es schneit schon wieder«, sagt er.
»Ja, zum Kotzen«, sag ich.
»Saukalt ist es auch«, sagt er weiter.
»Die ist aus Flanell«, sag ich und deute auf meine Boxershorts.
»Dann ist es ja gut«, sagt er und schaufelt dann weiter.
Ich geh in den Saustall und schnapp mir Lederjacke und Jeans.
Ja, da scheiß ich auf die Sterne, und wenn sie noch so funkeln. Weil: meine Jeans … meine Jeans kann ich verunglimpfen, solang wie ich mag.
|44| Kapitel 5
Um gleich ein Exempel zu statuieren, ruf ich den Moratschek gar nicht erst an, sondern fahr direkt einmal hin. So kann ich ihm nämlich gleich den Wind aus den Segeln nehmen, von wegen wundervoller bayerischer Uniform. Leider hat er grad wieder eine Verhandlung, und so muss ich in der Gerichtshalle warten. Es dauert ziemlich lange, und grad wie ich einschlaf, kommt er daher, der Herr Richter. Er saust aus dem Sitzungssaal in sein Büro hinüber, und seine Robe flattert im Sausewind hinter ihm her. Dann knallt er die Tür zu. Hat wohl auch schlechte Laune heut.
Na bravo.
Ich streck mich ein bisschen und gähne und folge dann seinen Spuren. Klopf an die Tür und warte auf ein Herein. Aber das kommt nicht. Stattdessen kommt der Moratschek höchstpersönlich und öffnet einen Spalt.
»Ah, Sie sind’s«, sagt er und zerrt mich ins Innere. »Gut, dass Sie da sind, Eberhofer. Setzen Sie sich.«
Ich tu, wie mir geheißen, und bin einigermaßen überrascht. Kein Wort von wegen asozialer Rowdy, der den heimatlichen Waffenrock in Verruf bringt. Ganz im Gegenteil.
»Mögen S’ einen Kaffee?«
»Da sag ich nicht Nein.«
»Dann holen S’ einen. Draußen am Automaten. Geh, und sind S’ so gut und bringen S’ mir auch einen mit«, sagt der
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