Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
den dubiosen Fängen ihres italienischen Hengstes zu befreien. Sie praktisch zurückzuholen zu mir. Wo sie hingehört. Koste es, was es wolle. Hat aber natürlich nicht funktioniert. Nicht funktionieren können. Weil wir eben zeitgleich direkt aneinander vorbeigefahren sind. So was ist Schicksal. Da kann man nichts machen.
Und genau aus diesem Grund fällt es mir jetzt im Traum nicht ein, noch mal den Deppen abzugeben. Nicht ums Verrecken. Die drei reden noch eine Weile mit Händen und Füßen auf mich ein, aber völlig für ’n Arsch. Ohropax marsch und Ruhe.
|144| Kapitel 16
Wie ich am nächsten Tag in der Früh ins Rathaus komm, ist die Resonanz auf meine Anwesenheit mäßig. Kein »Guten Morgen, lieber Franz« oder »Möchtest du einen Kaffee?«.
Nein, gar nix.
Was mich persönlich nicht besonders wundert. Weil Niederkaltenkirchen eben ein Kaff ist und sich Neuigkeiten im Handumdrehen verbreiten. Besonders schlechte. Und wenn man dazu noch einen Buhmann liefern kann, ist das unglaublich populär. Und der Buhmann bin natürlich – ich. Keine Frage. Bloß weil ich mich weigere, die Susi zu holen.
Um den vorwurfsvollen Trauermienen zu entkommen, schlag ich direkt den Weg zu meinem Büro ein.
Es ist zugesperrt. Aber nicht nur das. Auf dem Schild an der Tür steht: Betreten verboten!
»Was hat das zu bedeuten?«, frag ich den Bürgermeister direkt ohne Gruß, gleich, wie ich in sein Zimmer geh.
»Ah, Eberhofer, gut, dass Sie da sind. Setzen Sie sich«, sagt der Bürgermeister und deutet auf den leeren Stuhl ihm vis-à-vis.
Ich bleib aber stehen.
Ich bleib stehen und verschränke die Arme vor der Brust. »Also«, sag ich.
»Ja, lieber Herr Eberhofer, ich fürchte, Sie müssen sich ein paar Tage Urlaub nehmen. Es ist nämlich so … Sie haben Termiten im Büro«, sagt er weiter und erhebt sich. Dann geht er zum Fenster und schaut hinaus.
|145| »Termiten?«, frag ich.
Ist ihm denn nichts Besseres eingefallen?
»Ja, Termiten. Oder lassen Sie es den gemeinen Holzwurm sein. Meinetwegen auch eine Asbestvergiftung. Nehmen Sie, was Sie wollen. Ja, bedienen Sie sich!«, lacht er und dreht sich langsam zu mir um. Dann wird er wieder ernst und sagt: »Jedenfalls können Sie diese Woche auf gar keinen Fall in Ihr Zimmer, verstanden? Erst muss der Schadensherd gefunden werden. Ich schlage vor, Sie nehmen sich ein paar Tage Urlaub. Fahren Sie fort, erholen Sie sich. Italien ist um diese Jahreszeit übrigens herrlich. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe zu tun.«
Er hat zu tun. Das Einzige, was er zu tun hat, ist, vormittags die Zeitung zu lesen und nachmittags irgendwelchen Hundertjährigen zum Geburtstag zu gratulieren. Bei Kaffee und Kuchen. Wenn er Glück hat, gibt’s auch ein Schnapserl. Das ist alles, was er zu tun hat, der Herr Bürgermeister. Und ich muss erst einmal heim, um zu schauen, wo die undichte Stelle sitzt. Anschließend werd ich sie eliminieren, die undichte Stelle. So viel ist klar.
Wie sich hinterher rausstellt, war es die Oma, die für die Verbreitung der leidigen Susi-Geschichte gesorgt hat. Auf dem Wochenmarkt. In aller Herrgottsfrüh. Da ist sie nämlich auf die Mooshammer Liesl gestoßen, und da hat sie ihr prompt vom Elend der armen Susi berichtet. Und weil die Mooshammer Liesl praktisch wie ein Megaphon funktioniert, weiß es nun halt das ganze Dorf. Da ich aber die Oma aus diversen Gründen unmöglich eliminieren kann, sind natürlich all meine Tötungsabsichten hinüber.
In der Diele steht alles voll Koffer, wie ich zur Tür reinkomm. Die längst überfällige Abreise unseres werten Herrn Richters ist das Erste, was mir durch den Kopf schießt. |146| Aber erstens sind es viel zu viele Koffer. Und zweitens hockt der Zwerg Nase auf einem davon und klatscht in die Hände.
»Aus dem Weg«, hör ich den Leopold plötzlich hinter mir, und er hat weiteres Gepäck in den Händen.
»Was genau wird das, wenn es fertig ist?«, muss ich jetzt wissen.
Er lässt die Koffer fallen und hievt das Kind auf den Arm.
»Na, unser Urlaub. Urlaub auf dem Bauernhof. Schon vergessen, Bruderherz?«
Bruderherz. Ich muss gleich kotzen.
Die Sushi schlägt ihm die Hände ins Gesicht. Aber ganz anders als wie sie es bei mir macht. Bei Weitem nicht so zärtlich. Er lacht trotzdem. Wahrscheinlich unter Schmerzen.
»Ach, und der Papa schläft derweil bei dir drüben. Das macht dir doch nichts aus, oder?«
»Nur über meine Leiche!«, sag ich und stampf in die Küche. Die zwei Senioren
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