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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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war nie ein Thema.«
    »Das wollte ich nicht wissen«, sagte Berndorf. »Kann sie mit Kindern umgehen? Manche Erwachsene sind da schrecklich steif und befangen.«
    »Das ist sie nun ganz und gar nicht«, antwortete der Mann. »Sie hat sogar ein ausgesprochenes Händchen für Kinder. Als wir ein Heim für behinderte Kinder planen sollten, hat sie darauf bestanden, dass sie vorher ein Praktikum in einer solchen Einrichtung macht. Sie wollte wissen, was die Kinder wirklich brauchen. Ich habe sie nie so begeistert und bei der Sache erlebt.«
    »Und — ist ihr Entwurf gebaut worden?«
    »Nein«, sagte der Mann. »Man hat dann etwas aus Stahl und Glas hingestellt, ausbruchssicher und leicht zu reinigen.«
Markert, der Chef der Schutzpolizei, stand hinter seinem Schreibtisch auf und kam auf Berndorf zu. Die beiden Männer begrüßten sich mit Handschlag. »Wie geht’s?«, fragte Markert und warf einen Blick auf Berndorfs Krückstock.
    »Es geht. Abends wird es schlimmer.«
    »Tut mir Leid«, meinte Markert. »Und gute Nachrichten hab ich für dich auch nicht. Wir haben keine Spur von dem Van mit dem Kind.« Er ging zu der Straßenkarte, die die Rückwand hinter seinem Schreibtisch ausfüllte. »Wir haben auf alle Ausfallstraßen Streifenwagen geschickt. Aber um die Tageszeit, als die Frau das Kind geholt hat, braucht man nur ein paar Minuten, um auf die Autobahn zu kommen.« Berndorf war ihm gefolgt. Im Maßstab 1:20 000 zeigte die Straßenkarte den Ulmer Raum, und die nördlich anschließende Alb sowie die angrenzenden Gebiete Oberschwabens und des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben. Von der Wohnung der Welfs war man in weniger als einer Minute auf der Westumgehung und damit in weniger als fünf Minuten auf der Autobahn.
    Oder auf der Bundesstraße 30. Die B 30 führt an den Bodensee. Berndorf überlegte. Irgendetwas sollte ihm das sagen. Eisblau, meergrün, weiß.
    So flieget er hin eine Meil’ und zwei,
    er hört in den Lüften der Schneegans Schrei . . .
    Unversehens setzten sich die Farben zusammen, flossen in das Acrylbild einer Landschaft mit See und Schneebergen.
    Das Bild hing in einem Büro. »Eine Hommage an Langenargen. Wir haben ein Bootshaus dort. Mein Vater war passionierter Segler.« Welf hatte es gesagt. Das war vor ein paar Wochen gewesen. Berndorf nahm das Telefonbuch von Markerts Schreibtisch, suchte die Privatnummer der Welfs heraus.
    Fast unmittelbar nach dem Klingelzeichen wurde der Hörer abgenommen. »Ja?« Welfs Stimme klang scharf und gepresst. Berndorf nannte seinen Namen.
    »Kann es sein, dass Frau Norden mit Ihrem Sohn zum Bootshaus in Langenargen gefahren ist?«
    Am anderen Ende der Leitung machte sich Schweigen breit.

    »Heißt das, hier haben Sie sie nicht gefunden?«, kam schließlich die Gegenfrage.
    »Wir müssen alle Möglichkeiten prüfen. Noch einmal. Kann sie in Langenargen sein?«
    »Woher soll ich das wissen?« Welf schien zu überlegen. »Auszuschließen ist es nicht.«
    »War sie schon einmal dort gewesen?«
    »Ja, war sie.« Es klang zögerlich.
    »Hat sie einen Schlüssel für das Haus?«
    Wieder Schweigen.
    »Das ist möglich, ja«, antwortete Welf. Offenbar hatte er begriffen, dass er wenigstens das Nötigste einräumen musste.
    »Sie sagten mir, dass Sie selbst kein Segler sind. Wie ist das mit Frau Norden?« Diesmal kam die Antwort prompt. »Soviel ich weiß, hat sie den Segelschein für den Bodensee.«
    Als Nächstes rief Berndorf die Zentrale an und ließ sich mit dem Leiter der Polizeidirektion Friedrichshafen, Nikodemus Schweitzer, verbinden. Er kannte ihn von der Führungsakademie; Schweitzer gehörte zu den Beamten, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel ernst nahmen und es verabscheuten, wenn die Polizei mit geballter Macht auftrat.
    Berndorf schilderte ihm den Entführungsfall. »Wir können weder abschätzen, was diese Frau mit dem Kind vorhat, noch wissen wir, in welcher Verfassung sie sich überhaupt befindet. Eigentlich wissen wir überhaupt nichts von ihr, außer, dass sie in ein Tötungsdelikt verwickelt scheint.«
    »Wir klären ab, ob die Frau und das Kind in dem Bootshaus sind«, sagte Schweitzer. »Wenn ja, sichern wir das Gelände, machen aber keinen Zugriff, solange du nicht hier bist.«
    »Danke«, sagte Berndorf. »Noch was. Die Frau kann mit einem Segelboot umgehen. Kannst du die Leute von der Wasserschutzpolizei verständigen, dass die ein Boot hinschicken?«
    »Das wird schwierig«, antwortete Schweitzer. »Wir haben

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