Schwemmholz
alle warten, bis der Sturm abflaut. Sorgen Sie dafür, dass die Kollegen abgezogen werden.«
»Sie sind der Chef«, antwortete Tamar.
Judith und Berndorf standen im dunklen Wohnzimmer und beobachteten den See. Brecher schlugen donnernd über die Mauern und fluteten am Haus vorbei auf die Uferstraße. Gischt schlug bis zu den Fenstern des Wohnzimmers hoch. Unter dem dunklen Nachthimmel tanzten draußen auf dem See die Positionslichter des Polizeiboots, senkten sich und schwangen sich wieder hoch.
Dann verschoben sich die Lichter. Das Boot drehte ab, nahm Fahrt auf und schob sich den Wellen entgegen nach Osten. Die Positionslichter versickerten in der Dunkelheit.
»Wenigstens das hat geklappt«, sagte Judith und wandte sich Berndorf zu. »Aber noch können wir nicht weg.« Sie gähnte. »Das wird eine lange Nacht. Den Tee kochen Sie.«
Der Sturm hatte abgeflaut. Regenschauer streiften die Sichtscheibe der Kommandobrücke, unzufrieden und ärgerlich schnappten die Wellen nach der Hafenmole. Das Licht der Instrumententafel schimmerte durch das Halbdunkel. Im Schiffsrumpf vibrierten die Dieselmotoren. »Mir ist die Einsatzlage nicht ganz klar«, sagte der Schiffsführer. »Sollen wir jetzt wieder an das Haus heran oder nicht?«
»Wir sollten so nah heran, dass wir eingreifen können«, antwortete Tamar. »Und so weit wegbleiben, dass sich diese Frau nicht gestört fühlt.« Vor einer halben Stunde, als der Wellengang
das zuließ, war sie an der Langenargener Schiffslände von der Besatzung des Polizeiboots an Bord genommen worden. Sie wollte von dort aus, falls das notwendig werden sollte, die Suche nach Berndorf koordinieren, wie sie Schweitzer erklärt hatte.
»Das nennen Sie einen klaren Auftrag?«, fragte der Schiffsführer.
Judith drückte die Zigarette aus. Der Aschenbecher war voll. Es ging auf Mitternacht zu. Von draußen hörte Berndorf nur noch den Regen. Georgie schlief wieder, nachdem ihn Berndorf vor einer Stunde auf die Toilette hatte bringen müssen.
»Also los«, sagte Judith. Berndorf ging zur Treppe, die von den Wohnräumen hinunterführte, und stieg hinab. Im Flur stand knöcheltief Wasser. Judith folgte ihm. »Gehen Sie zur zweiten Tür links, öffnen Sie und machen Sie das Licht an«, befahl sie, unten angelangt. »Der Lichtschalter ist links.«
Berndorf öffnete die Tür und fand den Schalter. Neonröhren flammten auf und erleuchteten die Werkstatt, in deren Mitte das aufgeblasene Schlauchboot lag. Nässe stieg an seinen Hosenbeinen hoch. »Da drüben ist ein Spind«, sagte Judith. »Holen Sie das Ölzeug heraus und legen sie es auf das Boot. Dann gehen Sie wieder zurück zum Spind.«
Als er es getan hatte, ging Judith zu dem Boot, suchte sich eine Jacke heraus und zog sie an, die Beretta abwechselnd in der linken und dann wieder in der rechten Hand haltend. Sie zögerte kurz, dann warf sie auch Berndorf eine signalfarbene Jacke zu. »Sie werden sie brauchen.«
Als Berndorf die Jacke angezogen hatte, trat Judith zum Werkstatttor und schob es ein Stück weit auf. Vorsichtig spähte sie hinaus. »Versuchen wir es.« Sie nickte Berndorf zu.
Er nahm das Boot am Bug und watete damit hinaus. Vor ihm lag eine weite Wasserfläche mit unruhigem Wellengang. Das Schlauchboot schwang seitlich vom Fahrgestell weg, fast wäre es Berndorf aus der Hand gerissen worden. Judith trat von der anderen Seite heran und hielt das Boot fest.
»Klettern Sie schon rein«, befahl sie. Berndorf schob sich rücklings auf die Wandung des Schlauchbootes, schwang mühsam sein linkes Bein in das Boot und zog das rechte nach. Das Boot schaukelte heftig. Irgendwie schaffte er es, nicht ins Wasser zu fallen, und setzte sich neben den Steuerungshebel.
Judith hatte die Pistole weggesteckt und hielt ein Paddel in der Hand. Sie packte das Boot am Bug und zog es einige Meter vom Haus weg. Das Wasser reichte ihr fast bis zur Hüfte. Dann schwang sie sich hinein und verhinderte mit kurzen Paddelschlägen, dass das Boot abdrehte.
»Können Sie wenigstens den Motor starten?«
Berndorf schob sich auf das Sitzbrett am Heck. Der Außenbordmotor musste mit einem Handstarter angelassen werden. Berndorf riss das Zugseil zu sich her, aber das Schwungrad folgte nur kraftlos. Erst beim dritten Versuch zündete der Motor.
»Machen Sie Platz!« Berndorf setzte sich auf die linke Wandung, und Judith übernahm den Steuergriff. »Weiter nach vorn!« Berndorf rutschte zum Bug. Das Schlauchboot nahm vorsichtig Fahrt auf. Judith
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