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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Kneipe und zu Thelonius Monk konnte man nun wirklich keinen Apfelsaft trinken.
    Nach seiner Rückkehr aus Stuttgart war er noch kurz in seiner Wohnung gewesen und hatte versucht, Barbara in Berlin anzurufen. Aber sie war wohl noch in ihrem Institut. Die stillen Tage im vorfrühlingshaft durchwehten Paris waren schön gewesen und wehmütig zugleich. Sie kannten sich seit vielen Jahren, man konnte sagen, sie waren ein Paar. Aber es war nie ein Thema gewesen, dass Barbara ihre Universitätskarriere aufgeben sollte. Und Berndorf hatte kein Lust, nach Berlin zu gehen. Nicht als Hausmann, und erst recht nicht zur dortigen, von Seilschaften aus Ost und West durchsetzten Kripo.
    Eines Nachmittags, in einem Café auf dem Rive gauche, hatte Berndorf gefragt, ob sich Barbara nicht um eine Professur an einer der Pariser Universitäten bewerben könne.
    »Ich kauf mir dann ein Haus irgendwo draußen, vielleicht an der Loire, und hol dich freitags ab, wenn du mit dem TGV aus Paris kommst.«
    Barbara hatte gelacht. »In der akademischen Welt bewirbt man sich nicht. Man wird gerufen. Leider ist eine deutsche Politologin in Frankreich mit einer Vorliebe für US-Themen kaum sehr gefragt.«
    Die Pasta war al dente, und vor allem war die Basilikum-Sauce nicht zu fett. Nach dem Essen bestellte Berndorf einen Espresso und einen Grappa. »Für Sie auch«, fügte er hinzu. »Wenn ich Sie dazu einladen darf.«

    Der Wirt nickte höflich. »Es ist mir eine Ehre.« Er setzte die Espressomaschine in Gang und schenkte den Grappa ein. Dann kam er mit den Tassen und Gläsern auf einem Tablett an Berndorfs Tisch und setzte sich. Die beiden Männer hoben die Gläser und tranken sich zu.
    »Ich habe erst heute von Ihnen sprechen gehört, Commissario.« Die Augen hinter der runden Brille richteten sich behutsam auf Berndorf.
    »Das wird kein Loblied gewesen sein.« Berndorf setzte das Glas ab und gab den Blick zurück. »Manchmal gewinnen wir, und manchmal verlieren wir.« Er riss das Papiertütchen mit dem Zucker auf und schüttete ihn in seinen Espresso.
    »Die Menschen reden zu viel«, stellte der Wirt weise fest. »Vor allem Menschen, die nicht wissen, was wirklich die Sache ist.«
    »Sie haben Recht«, sagte Berndorf und rührte seinen Espresso um. »Und besonders am Telefon.« Er unterbrach sich und blickte den Wirt an. Der nickte höflich mit dem Kopf.
    »Da gibt es zum Beispiel Leute«, fuhr Berndorf fort, »die haben gehört, dass jemand hierher gekommen ist. Jemand, sagen wir einmal, aus Kalabrien. Sie glauben es nicht, was diesen Leuten dazu alles einfällt.« Er schüttelte den Kopf und nahm vorsichtig einen Schluck Espresso. Dann schob er dem Wirt die beiden Fotos zu, die das Landeskriminalamt geschickt hatte.
    »Die meisten Menschen denken immer das Schlechte«, antwortete der Wirt. Dann nahm er seine Brille ab und betrachtete die beiden Bilder mit ausgestrecktem Arm.
    »Aber wenn es kein Feuer gibt, gibt es auch keinen Rauch«, orakelte Berndorf und trank seinen Espresso aus. Dann bat er um die Rechnung.
    »Espresso und Grappa gehen auf Kosten des Hauses«, stellte der Wirt klar. »Die Bilder von Ihrem Freund da sind sehr gut fotografiert«, fügte er hinzu und schob die beiden Fotos zurück. »Man kann ihn gut erkennen. Aber er war nicht sehr fröhlich, als man ihn fotografiert hat, nicht wahr?«

    Berndorf meinte, manchmal sei das so.
    »Ich glaube nicht, dass Sie ihn in Ulm sehen werden«, sagte der Wirt. »Irgendwie glaube ich das nicht.«
    Berndorf steckte die Fotos ein und trat in die Nacht hinaus. Mit der Ehrenwerten Gesellschaft sollten wir vorerst kein Problem haben. Falls ich mich nicht wieder täusche.
     
    Auf dem Bild an der sonst kahlen Wand zuckten blaue und grüne Flammen um eine große nackte Frau, die zurückgelehnt in einem Sessel saß.
    Die junge Frau, die für das Bild Modell gesessen hatte, lag lang hingestreckt auf einem breiten Bett, die Hände unter ihrem Kopf gekreuzt. Wieder war sie nackt, und an ihrer Brust spielte die Hand einer anderen Frau.
    »Wie du heute in diese Polizeiwache gefegt bist, da hat mich das schon unglaublich angemacht«, sagte die andere Frau. »Aber als du diesem Bullen gesagt hast, ich sei deine Lebensgefährtin, war es absolut nicht mehr auszuhalten. Es war wie ein Coming-out mitten im Mai.«
    »Polizisten sind keine Bullen«, stellte Tamar klar. »Bin ich vielleicht eine Kuh?«
    »Aber ja doch«, zischelte ihr Hannah ins Ohr. »Du bist die größte, wildeste und stärkste Hirschkuh, die

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