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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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verstärken.« Berndorf sah ihn aufmerksam an, blieb aber schweigsam.
    »Nun gut«, meinte Englin. »Es gibt da noch einen anderen Punkt. Eine Sache, über die wir vertraulich reden sollten.«
    Geht es um Tamar, überlegte sich Berndorf.
    »Es geht um Ihre Kollegin Wegenast.« Das Augenlid zuckte heftig. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie – äh –« Er blickte Berndorf hilfesuchend an. Der schwieg anhaltend.
    »Also dass sie mit einer anderen Frau zusammenlebt«, brachte Englin entschlossen heraus. »Und zwar nicht einfach nur so.«
    »Sondern?«
    »Sie wissen schon«, erklärte Englin. »Sie soll selbst gesagt haben, die andere Frau sei ihre Lebensgefährtin. So etwas, also eine – eh – lesbische Beziehung ist das ja wohl, also so etwas ist in dem hoch sensiblen Bereich Ihres Dezernats höchst problematisch.« Er atmete durch. Vor dem Wort lesbisch hatte er kurz die Schultern gestrafft.
    »Ich will der Kollegin nichts unterstellen«, fuhr er erleichtert fort, »aber denken Sie doch nur an die vielen Beziehungsdelikte, die Sie zu bearbeiten haben. Da kann sehr leicht behauptet werden, es sei nicht unparteiisch ermittelt worden. Sie wissen doch selbst am besten, wie die Anwälte heutzutage sind.«
    Berndorf sah Englin ruhig in die Augen. »Ich glaube nicht, dass es mich irgendetwas angeht, mit wem meine Mitarbeiterin eine gemeinsame Wohnung hat. Vorausgesetzt, diese Person ist unbescholten. Gegen die junge Frau, von der Sie zu sprechen scheinen, liegt nichts vor, sie hat ganz im Gegenteil
in einer sehr kritischen Situation der Polizei einen außerordentlich wichtigen Dienst geleistet. Im Übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, dass es in Deutschland ein Diskriminierungsverbot gibt. Es gilt auch für die Verwaltung.«
    In seinem Büro wartete Tamar. »Das war ja eine muntere Beißerei. Darf ich fragen, was der Alte von Ihnen wollte?«
    »Er hat mir ins Gewissen geredet«, antwortete Berndorf. »Ich soll nicht noch mehr Kollegen gegen mich aufbringen.«
     
    Das RD, das Rauschgiftdezernat, war im Dachgeschoss untergebracht. Auf der Bank vor Blochers Büro hockte ein junger Mensch mit Pickeln im Gesicht und Flaum am Kinn. Er trug Handschellen, ein uniformierter Beamter saß neben ihm. Berndorf klopfte und öffnete die Tür. Blocher saß an seinem Schreibtisch, in ein Protokoll vertieft. Ohne aufzusehen, wies er mit einer Handbewegung auf den Besucherstuhl.
    Berndorf setzte sich und sah sich um. Das kleine Büro mit den schrägen Außenwänden und dem Mansardenfenster war mit den Aufklärungsplakaten voll gehängt, auf denen das Landeskriminalamt Haschisch und Heroin, Kokain und Ecstasy in einen Topf warf: »Keine Macht den Drogen!« In einer Glasvitrine standen die Pokale, die die Faustballmannschaft der Polizeidirektion vor Jahren gewonnen hatte.
    »Es hat mehrere Hinweise auf die italienische Unterkunft gegeben«, sagte Blocher abrupt. »Vertrauliche Hinweise.«
    Er will die Informanten nicht nennen, dachte Berndorf. Falls er überhaupt welche gehabt hat. »Tut mir Leid, Kollege. Ich muss trotzdem mit Ihren Informanten sprechen. Vertraulich.«
    Blocher reckte das Kinn vor. »Sagen Sie mir Ihre Fragen. Ich werde mit dem Mann reden.«
    Jetzt ist es also nur einer, dachte Berndorf. Er schüttelte den Kopf: »Es ist unser Fall. Wir sind es, die vernehmen müssen.« Blochers Kopf rötete sich. Was hat er, fragte sich Berndorf.
    »Trotzdem ist das nicht möglich«, sagte Blocher plötzlich. »Es handelt sich um unseren Informanten Grün II. Er hat sich
abgesetzt. Wir nehmen an, er ist in den Niederlanden.« Davon hat er in den Konferenzen aber nichts erzählt, dachte Berndorf. »Lassen Sie nach ihm fahnden?«
    »Wir suchen nach ihm«, antwortete Blocher ausweichend.
    Berndorf verabschiedete sich. Draußen hockte noch immer der Kleindealer.
     
    Tautkas Büro befand sich in einem anderen Trakt des Neuen Baus, mit einem weiten Blick auf das Fischerviertel. Als Berndorf eintrat, stand Tautka auf und bot ihm einen Platz am Besuchertisch an, wo ein Aktenordner bereitgelegt war.
    »Es wird das Beste sein, Sie machen sich selbst kundig.« Dann setzte er sich wieder hinter seinen Schreibtisch, einen unbeweglichen Blick auf Berndorf gerichtet.
    »Fakt ist«, raschelte seine Stimme, »der erste Hinweis kam von der hiesigen Industrie- und Handelskammer.«
    Er hatte den Ordner an der Stelle aufgeschlagen, an der ein Schreiben der IHK vom Juni vergangenen Jahres abgeheftet war. In dem Brief bat der Justitiar der Kammer –

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