Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
Vom Netzwerk:
so etwas niemals getan, jeder Ulmer kann Ihnen das versichern.«
    »Und die nächste Generation?«
    Welf runzelte die Stirn. »Markus Gföllner? Merkwürdige Frage. Ich kann Ihnen zu diesem jungen Mann nichts sagen. Ich weiß nicht einmal, ob der überhaupt etwas in die Hand nimmt, bevor es ihm sein Vater zweimal gesagt hat.«
    Berndorf betrachtete den Architekten. Der Alte hätte so etwas niemals getan. Heißt es nicht, die Zeiten ändern sich, und wir uns mit ihnen? Egal. Hauptsache, die kleinen braunen Umschläge gehen nicht aus.
    Zwischen seine Gedanken drängte sich das Wimmern seines Handys. Es klang wie ein Martinshorn für Wichtelmänner. Irgendwo hatte er gelesen, dass es inzwischen Handys gab, die – wenn ein Anruf auflief – still blieben und nur vibrierten.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er zu Welf. Er zog das Handy heraus, klappte es auf und meldete sich.
    »Könnten Sie kurz nach Wiesbrunn herauskommen, Chef?«, hörte er Tamars Stimme. »Wir glauben, wir haben den Tatort gefunden. Er liegt an der Verbindungsstraße zu dem Weiler, in dem Veihle gewohnt hat.«
    »Ich werde ein Taxi nehmen«, sagte Berndorf. Dann stand er auf und wandte sich an Welf. »Danke für den Tee.«
    Welf quittierte es mit einem angedeuteten Kopfnicken. »Ich hoffe, ich habe Ihnen behilflich sein können.«

    »Ich denke, doch«, antwortete Berndorf. Sie tauschten einen Händedruck, und der Kommissar wandte sich zum Gehen. Vor der Tür drehte er sich noch einmal um. »Dass ich es nicht vergesse. Es wäre gut, wenn Sie doch ein Auge darauf hätten, wer sich in den Wohnblocks am Ostbahnhof einquartiert. Manchmal gibt es Leute, die haben ein notorisches Ungeschick mit ihren Feuerzeugen. Immer, wenn sie in der Nähe sind, brennt es irgendwann.«
    Er sah Welf in die Augen. Oder vielmehr in die Gläser seiner Drahtbrille. »Vielleicht genügt es, wenn man diesen Leuten einfach sagt, sie sollen das bleiben lassen.«
    Dann ging er wirklich.
    Auf dem Rückweg kam er noch einmal durch das Büro von Judith Norden. »Danke für den Tee«, sagte er, und sie antwortete, dass er immer einen bekommen könne, wenn er sie besuche. Berndorf blieb stehen und betrachtete ihre nackten schlanken Arme.
    »Sie haben gut geheizt hier.«
    Judith Norden lächelte verlegen. »Unsere Heizungsanlage ist leider eine Schwachstelle. Unten ist es noch schlimmer, und es hilft gar nichts, wenn meine Kolleginnen lüften. Erstens zieht es dann, dass unsere Telefonistin davon schon richtig krank geworden ist. Und weil die Thermostaten auf die Kaltluft ansprechen, dreht die Heizung erst recht auf.« Sie zuckte mit den Schultern. »Moderne Haustechnik. Irgendwann werde ich mir ein Lehmhaus bauen. Da braucht es das alles nicht.«
     
    Die Straße führte in einer Linkskurve um einen mit Wacholderbüschen bewachsenen Hügel. Der Taxifahrer nahm die Kurve und bremste scharf ab. Vor ihnen standen zwei Streifenwagen und der VW-Bus der Spurensicherung. Die Fahrzeuge waren halb auf der Böschung geparkt. Weiter vorne sah Berndorf ein viertes Auto.
    Der Kommissar bezahlte den Taxifahrer. Als er ausstieg, kam Tamar auf ihn zu. »Es muss hier gewesen sein«, sagte sie
und führte ihn am linken Fahrbahnrand zu einem mit Plastikfolien abgesteckten Teil der Böschung. Das wintergraue Gras innerhalb der Folien war niedergedrückt. Einige Schritte davor begann eine Reifenspur. Neben der Markierung stand einer der Hundeführer. Gelbäugig beobachtete ein Schäferhund den Kommissar.
    Der Hundeführer grüßte lässig mit der rechten Hand. »Die Spur führt von der Dorfmitte bis hierher«, sagte er dann. »Danach nichts mehr.« Gegenüber der markierten Stelle, auf der anderen Seite des Straßengrabens, stand ein Wacholderbusch. Weiter vorne verlor sich der Hügel in einer Senke.
    Der Mörder, dachte Berndorf, hatte oben auf der Kuppe gewartet, bis er Veihle kommen sah. Danach brauchte er nur noch den Abhang hinunterzugehen und sich hinter dem Busch bereitzuhalten, bis sein Opfer um die Biegung kam.
    Tamar deutete in Richtung des Weilers, auf einen Feldweg, der von links auf die Straße einmündete. Zwei Beamte waren dabei, auf dem Weg Spuren zu vermessen. »Wir nehmen an, der Mörder hat seinen Wagen dort geparkt«, sagte sie. »Er hat Veihle hier abgepasst und erledigt. Dann hat er den Wagen geholt und die Leiche verstaut. Und danach ist er mit dem Toten zum Justizgebäude gefahren.«
    Sie sah Berndorf an. »Das heißt, es müssen zwei gewesen sein. Es sei denn, der Mörder ist

Weitere Kostenlose Bücher