Schwemmholz
einem Anflug unverhoffter Aufrichtigkeit, »dann ist es nicht um Zehntelpfennige gegangen. Sie wissen, wie das ist.« Tamar und Berndorf nickten weise. »Als es am Schluss Krach gab, lagen zwei oder drei Hunderter im Pot.«
»Poker also«, sagte Tamar. »Ein paar Schluckspechte haben um ihre Stütze gezockt. Juckt uns nicht. Was war mit dem Krach?«
»Der Glatzkopf war hackedicht zu und hat die Karten nicht mehr auseinander gehalten«, sagte Koblach. »Plötzlich schreit er, die anderen hätten ihn gelinkt. Und da haben die ihn mal kurz auseinander genommen.« Er schaute die beiden Polizisten an. »Das ging in null Komma nix, bis ich dazwischenging, hatte er schon die Augenbraue aufgeschlagen.«
»Und da haben Sie ihn rausgeschmissen?«, fragte Tamar.
»Was soll ich tun? Die hätten ihn sonst alle gemacht.«
»Die anderen kannten den Glatzkopf? Oder haben die sich erst bei Ihnen gefunden?« Das war Berndorf.
»Die kamen zusammen. Klar, die kannten sich.«
»Aus dem Knast?«
»Würde mich nicht wundern.«
Berndorf nickte Tamar zu und ging wieder. Eines ist jedenfalls klar, dachte er. Den Umschlag mit den zwei Riesen hat Veihle im »Deutschen Kaiser« nicht bei sich gehabt. Das Geld hätten jetzt andere. Also war ihm der Umschlag danach zugesteckt worden. Und da gab es nur eine Möglichkeit. Der Mörder hatte es ihm gegeben.
Von seinem Büro aus rief Berndorf in der Stadtverwaltung an und verlangte den Baudezernenten Klotzbach. Er wurde mit einer Sekretärin verbunden, die ihm in schnippischem Schwäbisch erklärte, der Herr Baudezernent sei in einer Besprechung, und um welche Angelegenheit es sich überhaupt handle.
Berndorf wiederholte seinen Namen und seinen Dienstrang. »Holen Sie mir bitte Herrn Klotzbach an den Apparat. Es ist eine vertrauliche Angelegenheit, und sie ist dringend.«
Eine Männerstimme meldet sich: »Klotzbach.« Die Stimme war scharf, geladen, als bebe sie vor unterdrückter Wut.
Berndorf stellte sich vor. »Ich ermittle wegen des Brandanschlags auf die Baufirma Edim SA. In diesem Zusammenhang haben sich Hinweise ergeben, dass Anlieferungen dieser Firma auf die Deponie Lettenbühl behindert worden sind. Ich hätte gerne mit Ihnen darüber gesprochen.«
Klotzbach atmete durch. »Berndorf war Ihr Name, richtig? Schön, dass Sie nun auch mit mir reden. Zutritt zu unserer Anlage haben Sie sich ja bereits verschafft, und zwar« – Klotzbach hob die Stimme – »unter grober Verletzung unseres Hausrechts.« Er machte eine kurze Pause. Unvermittelt begann er zu brüllen. »Die Stadt Ulm lässt sich von Ihnen nicht wie ein Taschendieb behandeln, glauben Sie mir das . . .«
Berndorf wartete, bis Klotzbach Atem holen musste. »Sie
irren. Ich ermittle nicht wegen eines Taschendiebstahls, sondern in einem Mordfall.« Die Stimme am anderen Ende blieb stumm. »Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass unsere Ermittlungen keinen Aufschub dulden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen Termin nennen wollten, an dem ich morgen Einblick in sämtliche Unterlagen der Deponie nehmen kann.«
Klotzbach schwieg.
»Wir können uns diese Unterlagen auch mit einer richterlich angeordneten Hausdurchsuchung beschaffen.«
»Was soll diese Drohung?«, fragte Klotzbach. Seine Stimme war plötzlich sehr viel leiser geworden. »Selbstverständlich erhalten Sie alle erforderlichen Auskünfte, so absurd es auch ist, die Arbeitsabläufe auf unserer Deponie in einen Zusammenhang mit einem Mordfall bringen zu wollen. Aber bitte. Wir sind kooperativ. Und wenn Sie sich sofort an mich gewandt hätten, lägen Ihnen alle Informationen bereits vor.«
Berndorf erklärte, dass er sich am nächsten Vormittag gegen 11 Uhr im Technischen Rathaus einfinden werde.
»Die Unterlagen werden bereitliegen«, kündigte Klotzbach an. »Überdies werde ich Ihnen bis 12 Uhr für nähere Auskünfte zur Verfügung stehen. Aber glauben Sie bitte nicht, dass der Vorgang damit aus unserer Sicht abgeschlossen sein wird.«
Berndorf holte das Ulmer Telefonbuch aus seiner Schreibtischschublade und suchte die Nummer der Baufirma Haun & Nachfolger heraus. Er wählte, und es meldete sich eine jung und liebenswürdig klingende Frauenstimme. Berndorf erklärte, er hätte gerne Herrn Welf gesprochen. Er wurde verbunden. Es meldete sich eine zweite Frau.
»Ich bin Judith Norden«, sagte sie, »Herrn Welfs Mitarbeiterin. Er müsste jeden Augenblick hier sein. Kommen Sie doch einfach her, ich lass Ihnen schon einmal einen Kaffee
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